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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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links ist zu verkaufen. Wenn er gewollt hätte, würden wir es gekauft haben. Was konnte das einem Mann, der auf Hundertsousstücken schläft, schon ausmachen? Lumpige dreitausend Francs, glaube ich … Er hat abgelehnt. Das letzte Mal hat er mir sogar durch deine Mutter sagen lassen, er sei nicht da … Du wirst sehen, das bringt ihm kein Glück.« Und sein böses Lachen wiederfindend, wiederholte er kopfschüttelnd mehrere Male: »Nein, das bringt ihm kein Glück.«
    Dann holte er Gläser, wollte den beiden Frauen unbedingt seinen Wein zu kosten geben. Es war ein geringer Wein aus SaintEutrope, ein Wein, den er selber entdeckt hatte; er trank ihn mit religiöser Andacht.
    Marthe benetzte kaum ihre Lippen. Olympe trank die Flasche aus. Darauf nahm sie ein Glas Fruchtsaft an. Der Wein sei sehr stark, sagte sie.
    »Und was machst du denn mit deinem Pfarrer?« fragte der Onkel plötzlich seine Nichte.
    Wie vor den Kopf gestoßen, sah ihn Marthe überrascht an, ohne zu antworten.
    »Man hat mir gesagt, daß er dir hart zusetzt«, fuhr der Onkel lärmend fort. »Diese Soutanen lieben nur das Picheln. Als man mir das erzählt hat, habe ich erwidert, es geschehe Mouret ganz recht. Ich hatte ihn gewarnt … Ah! Ich würde dir den Pfarrer zur Tür hinauswerfen. Mouret braucht nur zu kommen und mich um Rat zu fragen; wenn er will, werde ich ihm sogar behilflich sein. Ich habe sie nie ausstehen können, diese groben Kerle … Ich kenne einen, den Abbé Fenil, der auf der anderen Seite der Landstraße ein Haus hat. Er ist nicht besser als die anderen; aber er ist verflixt ausgepufft, er macht mir Spaß. Ich glaube, er versteht sich mit deinem Pfarrer nicht sehr gut, nicht wahr?«
    Marthe war ganz blaß geworden.
    »Madame ist Herrn Abbé Faujas˜ Schwester«, sagte sie und zeigte auf Olympe, die neugierig zuhörte.
    »Was ich sage, betrifft nicht Madame«, erwiderte der Onkel, ohne die Fassung zu verlieren. »Madame ist nicht böse … Sie wird noch ein bißchen Fruchtsaft nehmen.«
    Olympe ließ sich ein Schlückchen Fruchtsaft einschenken. Aber Marthe war aufgestanden und wollte aufbrechen. Der Onkel zwang sie, sein Besitztum zu besichtigen. Am Ende des Gartens blieb sie stehen und betrachtete ein großes weißes Haus, das auf dem Abhang, einige hundert Meter von Les Tulettes entfernt, erbaut war. Die Innenhöfe ähnelten Gefängnishöfen; die schmalen, regelmäßigen Fenster, die schwarze Balken in die Mauerfronten zeichneten, gaben dem in der Mitte gelegenen Hauptgebäude die fahle Nacktheit eines Krankenhauses.
    »Das ist die Irrenanstalt«, murmelte der Onkel, der Marthes Blickrichtung gefolgt war. »Der Bursche dort ist einer der Wärter. Wir stehen uns miteinander sehr gut, er kommt dann und wann, eine Flasche Wein zu trinken.« Und sich zu dem graugekleideten Mann umwendend, der unter den Maulbeerbäumen sein Glas austrank, rief er: »He! Alexandre, komm doch mal her und sag meiner Nichte, wo das Fenster unserer armen Alten ist.«
    Alexandre trat gefällig näher.
    »Sehen Sie diese drei Bäume?« sagte er und hielt den Finger ausgestreckt, als habe er in der Luft einen Plan aufgezeichnet. »Na schön, ein bißchen oberhalb des linken Baumes müssen Sie in einer Hofecke einen Springbrunnen erblicken … Folgen Sie rechts den Fenstern im Erdgeschoß: es ist das fünfte Fenster.«
    Marthe verharrte schweigend, ihre Lippen waren weiß und ihre Augen unwillkürlich auf jenes Fenster geheftet, das man ihr zeigte.
    Onkel Macquart schaute ebenfalls hin, aber mit einer Selbstgefälligkeit, die ihn veranlaßte, mit den Augen zu zwinkern.
    »Manchmal sehe ich sie«, begann er wieder, »morgens, wenn die Sonne auf der anderen Seite steht. Es geht ihr sehr gut, nicht wahr, Alexandre? Das sage ich ihnen immer, wenn ich nach Plassans fahre … Ich bin hier auf der rechten Stelle, um auf sie aufzupassen. Man kann keine bessere Stelle haben.« Er konnte nicht umhin, befriedigt zu grinsen. »Siehst du, mein Kind, der Kopf ist bei den Rougons ebensowenig zuverlässig wie bei den Macquarts. Wenn ich mich auf diesen Platz setze, diesem großen verlotterten Haus gegenüber, sage ich mir oft, daß eines Tages vielleicht die ganze Sippschaft dort hinkommen wird, weil die Mama drin ist … Gott sei Dank! Um mich mache ich mir keine Angst, mein Nischel sitzt auf dem rechten Fleck. Aber ich kenne welche, die haben einen tüchtigen Hieb weg … Nun ja, ich werde dasein, um sie in Empfang zu nehmen, ich werde sie von meiner Bude aus sehen, werde

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