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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4
Autoren: Émile Zola
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Glühwein duftet verteufelt gut, Mutter!«
    »Ich habe eine Zitrone auf dem Kamin gefunden, ich habe sie dazugenommen«, sagte Rose.
    »Und Sie haben gut daran getan. Es ist alles vorhanden. Wenn ich ein Kaninchen brate, fehlt nichts daran, dafür stehe ich Ihnen ein.« Er hatte den Tisch vor den Kamin geschoben. Er setzte sich zwischen die Köchin und Alexandre, schenkte den Glühwein in große, gelbe Tassen ein. Als er zwei Schluck hinuntergeschlürft hatte, schnalzte er mit der Zunge, und rief andächtig:
    »Sackerment! Das ist ein richtiger Glühwein! Oje! Sie verstehen sich darauf; er ist besser als meiner. Sie müssen mir Ihr Rezept hierlassen.«
    Rose, die sich durch diese Komplimente besänftigt und gekitzelt fühlte, begann zu lachen. Das Rebholzfeuer verbreitete eine starke rote Glut. Die Tassen wurden wieder gefüllt.
    »Also«, sagte Macquart und stützte sich mit den Ellbogen auf, um der Köchin ins Gesicht zu blicken, »meine Nichte ist hergekommen, weil es ihr gerade so in den Sinn kam?«
    »Sprechen Sie mir nicht davon«, entgegnete sie. »Das bringt mich wieder in Zorn … Madame wird ebenso verrückt wie Herr Mouret; sie weiß nicht mehr, wen sie mag und wen sie nicht mag … Ich glaube, sie hat vor der Abfahrt Streit mit dem Herrn Pfarrer gehabt; ich habe ihre schreienden Stimmen gehört.«
    Der Onkel lachte derb.
    »Sie waren doch ein Herz und eine Seele«, murmelte er.
    »Allerdings, aber bei einem Gehirn wie dem von Madame ist nichts von Dauer … Ich wette, daß sie sich nach der Tracht Prügel sehnt, die Herr Mouret ihr nachts zu verabreichen pflegte. Wir haben den Stock im Garten wiedergefunden.«
    Er betrachtete sie aufmerksamer, während er zwischen zwei Schluck Glühwein sagte:
    »Vielleicht kam sie, um François zu holen.«
    »Ah! Davor behüte uns Gott!« schrie Rose mit entsetzter Miene. »Der Herr würde eine schöne Verheerung im Haus anrichten; er würde uns alle umbringen … Sehen Sie, davor habe ich große Angst. Ich zittere ständig davor, daß er eines Nachts kommt, um uns zu ermorden. Wenn ich in meinem Bett daran denke, kann ich nicht einschlafen. Mir ist dann, als sähe ich ihn mit gesträubten Haaren und mit Augen, die wie brennende Streichhölzer leuchten, zum Fenster hereinsteigen.«
    Macquart wurde laut und lustig und klopfte mit seiner Tasse auf den Tisch.
    »Das wäre ulkig! Das wäre ulkig!« wiederholte er mehrmals. »Er kann euch wohl nicht leiden, besonders den Pfarrer nicht, der seinen Platz eingenommen hat. Er würde ihn leicht bezwingen, den Pfarrer, so stark der auch ist, denn die Verrückten sind gewaltig stark, wie versichert wird … Sag mal, Alexandre, kannst du dir vorstellen, wie der arme François bei sich zu Hause hereinplatzt? Er würde reinen Tisch machen. Ich hätte meinen Spaß daran.« Und er warf kurze Blicke auf den Wärter, der mit ruhiger Miene den Glühwein trank und sich damit begnügte, zustimmend mit dem Kopf zu nicken. »Das stell ich mir bloß zum Scherz so vor«, fuhr Macquart fort, als er die entsetzten Blicke sah, mit denen Rose ihn anstarrte.
    Wie rasend krümmte sich Marthe in diesem Augenblick hinter dem Kattunvorhang; man mußte sie ein paar Minuten lang festhalten, damit sie nicht hinunterfiel. Als sie sich von neuem in ihrer Leichenstarre ausgestreckt hatte, kam der Onkel zurück, um seine Schenkel an der Glut zu wärmen, er überlegte dabei, und ohne an das zu denken, was er sagte, murmelte er:
    »Mit der Kleinen ist es wirklich kein Vergnügen.« Dann fragte er plötzlich: »Und die Rougons, was sagen sie zu all diesen Geschichten? Sie stehen auf der Seite des Abbé, nicht wahr?«
    »Herr Mouret war nicht nett genug, daß sie ihn bedauern«, antwortete Rose. »Er wußte nicht, welche Bosheit er gegen sie ersinnen sollte.«
    »Damit hatte er nicht unrecht«, erwiderte der Onkel. »Die Rougons sind Knauser. Wenn man bedenkt, daß sie nie das Kornfeld da drüben haben kaufen wollen; ein ausgezeichnetes Geschäft, das ich übernommen hätte … Félicité würde ein komisches Gesicht machen, wenn sie François zurückkommen sähe!« Er grinste abermals, ging um den Tisch herum. Und während er seine Pfeife mit einer entschlossenen Handbewegung wieder in Brand setzte, sagte er mit einem erneuten Augenzwinkern zu Alexandre: »Du darfst die Zeit nicht versäumen, mein Junge. Ich werde dich begleiten … Marthe sieht jetzt ruhig aus. Rose wird indessen den Tisch decken … Sie müssen Hunger haben, nicht wahr, Rose? Da Sie ja nun
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