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Die Erscheinung

Titel: Die Erscheinung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
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ermorden.
    »Red keinen Unsinn!«, befahl sie energisch. »Willst du dein Leben für nichts und wieder nichts riskieren?«
    »Allein schon für den Gedanken, für immer mit dir vereint zu sein, würde ich sterben!«, entgegnete er hitzig. »Das meine ich ernst …« Er rückte noch näher zu ihr, und ihr Atem stockte.
    »Ja, ich weiß…« Lächelnd erwiderte sie Havershams glühenden Blick und wünschte, sein und ihr Leben wären anders verlaufen. Irgendwie musste sie ihn zur Vernunft bringen. Aber er las in ihren Augen, was sie für ihn empfand, und da konnte er sich nicht mehr beherrschen. Er riss sie in seine Arme und küsste sie. »Nicht…«, hauchte sie an seinen Lippen, wollte ihn ermahnen und fortschicken - in erster Linie, um ihn vor Edward zu retten. Doch sie hatte sich zu lange nach Liebe und Zärtlichkeit gesehnt, und so ließ sie sich ein zweites Mal küssen. Dann schob sie ihn von sich und schüttelte traurig den Kopf. »Das dürfen wir nicht - es ist unmöglich …« Und sehr gefährlich, falls wir beobachtet werden, ergänzte sie in Gedanken.
    »Nichts ist unmöglich. In Falmouth finden wir sicher ein Schiff. Wir gehen an Bord, segeln in die Neue Welt und werden glücklich. Daran kann uns niemand hindern.«
    Wie naiv er war - und wie schlecht er seinen Bruder kannte … Von den mangelnden finanziellen Mitteln ganz zu schweigen. Sie besaß keinen Penny und Haversham, als Zweitgeborener, nur die Mitgift seiner Frau. »So einfach ist das nicht«, entgegnete Sarah. »Wir würden in Schande leben. Denk doch an deine Töchter! Was würden sie von ihrem Vater halten, wenn sie alt genug sind, um von seinem Ehebruch zu erfahren? Und die arme Alice …«
    »Da sie mich nicht liebt, wird sie sich von einem anderen trösten lassen.«
    »Mit der Zeit lernt sie dich ganz bestimmt zu lieben.«
    Darauf gab er keine Antwort. Er verstand nicht, warum sie sich seinem wundervollen Plan so hartnäckig widersetzte, und starrte erbost vor sich hin. Schließlich stiegen sie die Treppe hinauf, um noch einmal nach Edward zu sehen. Der Morgen graute, und außer dem Kammerdiener, der neben dem Bett des Earls wachte, hielt sich kein Personal im Oberstock auf.
    »Wie geht es ihm?«, fragte Sarah leise.
    »Unverändert, Mylady«, antwortete der Mann. »Am Vormittag wird der Doktor Seine Lordschaft noch einmal zur Ader lassen.«
    Sie nickte, obwohl Edward nicht den Eindruck erweckte, er würde eine zweite Behandlung erleben.
    Als sie das Schlafgemach verließen, schöpfte Haversham neue Hoffnung. »Dieser Bastard! Wenn ich mir vorstelle, was er dir in all den Jahren angetan hat …«
    »Denk nicht daran«, bat sie und schlug ihm vor, im Gästezimmer ein wenig zu ruhen. Da er im Schloss bleiben wollte, bis Edward zu sich kommen oder sterben würde, hatte er seine eigenen Dienstboten mitgebracht, die bereits im Erdgeschoss schlummerten. Dankbar nahm er Sarahs Angebot an und staunte, weil sie selber nicht beabsichtigte, ins Bett zu gehen. Offenbar war sie unermüdlich.
    Nachdem sie ihm eine gute Nacht gewünscht hatte, kehrte sie ins Zimmer ihres Mannes zurück und erklärte dem Kammerdiener, sie würde ihn ablösen. Die Augen geschlossen, saß sie auf dem Stuhl neben dem Krankenbett und dachte an Havershams Vorschlag. Was für eine erstaunliche Idee, nach Amerika auszuwandern … Aber so verlockend das auch klang, es war unmöglich. Um Edward zu entrinnen, würde sie zwar ihr Leben wagen - doch sie durfte Alice und die Kinder nicht ins Unglück stürzen.
    Schließlich sank ihr Kopf auf die Brust. Als die Sonne aufging und die Hähne krähten, schlief sie tief und fest. Plötzlich wurde ihr Arm gepackt und geschüttelt. Sie glaubte, sie wäre in einem Albtraum von einem wilden Tier überfallen worden, das seine Zähne in ihr Fleisch gegraben hätte. Stöhnend öffnete sie die Augen und starrte verwirrt in das Gesicht ihres Mannes, der ihren Arm unerbittlich fest umklammerte. Nur mühsam unterdrückte sie einen Schmerzensschrei. »Edward! Wie fühlst du dich? Du warst schwer krank. Gestern wurdest du auf einem Bauernkarren nach Hause gebracht, und der Doktor musste dich zur Ader lassen.«
    »Zweifellos bist du enttäuscht, weil ich noch lebe.« In seinen Augen glitzerte unverhohlener Hass, und es amüsierte ihn, dass er ihr trotz seines geschwächten Zustands so heftige Qualen bereiten konnte. »Hast du meinen idiotischen Bruder hierher geholt?« Abrupt ließ er ihren Arm los.
    »Was blieb mir denn anderes übrig, Edward? Ich dachte,

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