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Die Erscheinung

Titel: Die Erscheinung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
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Pension zurück. Es war ein weiter Weg. Aber sie fühlte sich so glücklich in dieser großartigen Neuen Welt, dass sie den kalten Wind auf ihren Wangen spüren und tief in ihre Lungen saugen musste. Lächelnd zog sie ihren Umhang fester um die Schultern.

13
    Am frühen Morgen des 4. Januar 1790 stieg Sarah in einen alten, aber stabilen Mietwagen. Johnny Drum, der junge Fahrer, war eine Tagesreise von Deerfield entfernt aufgewachsen. In meilenweitem Umkreis kannte er alle Straßen und Pfade. Sein Bruder diente in der Deerfield-Garnison und hatte ihn dem Colonel schon mehrmals empfohlen. Zu beiden Seiten der Kutsche ritt die Eskorte. Der alte Trapper George Henderson, ehemals Pelzhändler in Kanada, war während seiner Jugend zwei Jahre lang ein Gefangener des Huronenstammes gewesen. In dieser Zeit hatte er eine Huronin geheiratet. Jetzt zählte er zu den besten Führern in Massachusetts. Der andere Begleiter, der Sohn eines Wampanoag-Häuptlings, hieß Tom Singing Wind - Singender Wind - und arbeitete für die Garnison. Zu Neujahr war er nach Boston gekommen und hatte einige Männer getroffen, die seinem Stamm landwirtschaftliche Geräte verkaufen wollten. Bei dieser Gelegenheit hatte Colonel Stockbridge ihn um den Gefallen gebeten, Sarah zu eskortieren. Der ernsthafte junge Mann mit den langen schwarzen Haaren und den scharf geschnittenen Zügen trug Wildleder-Breeches und einen Mantel aus Büffelhaut. Mit den weißen Männern sprach er nur das Nötigste, mit Sarah gar nicht. Auf diese Weise bekundete er seinen Respekt. Am Anfang der Reise musterte sie ihn verstohlen. Er war der erste Indianer, den sie sah, und er erschien ihr genauso würdevoll und unheimlich, wie sie es vermutet hatte. Doch er jagte ihr keine Angst ein, und Colonel Stockbridge hatte ihr versichert, die Wampanoag seien ein friedlicher Bauernstamm.
    Während sie langsam den westlichen Stadtrand ansteuerten, begann es zu schneien. Sie führten Pelze, Decken, diverse Geräte sowie reichliche Lebensmittel- und Wasservorräte mit sich. Angeblich war der alte Trapper ein guter Koch, aber Sarah hatte schon beschlossen, ihm bei der Zubereitung der Mahlzeiten zu helfen. Im ersten Tageslicht verließen sie Boston, das allmählich erwachte, in westlicher Richtung. Sarah spähte durch das Kutschenfenster und beobachtete den weißen Flockenwirbel. Noch nie war sie so freudig erregt gewesen - nicht einmal, als die
Concord
den Hafen von Falmouth verlassen hatte. Dies war eine der wichtigsten Reisen ihres Lebens, das spürte sie, wenn sie auch nicht genau wusste, warum. Jedenfalls glaubte sie, es wäre ihre Bestimmung gewesen, hierher zu kommen.
    Nach fünf Stunden, kurz hinter Concord, hielten sie an, um die Pferde dreißig Minuten lang rasten zu lassen. Sarah stieg aus, vertrat sich die Beine und bewunderte die schöne Winterlandschaft. Inzwischen schneite es nicht mehr, und der frisch gefallene Schnee glitzerte im bleichen Sonnenschein. Bald erreichten sie den Mohawk Trail und folgten ihm in westlicher Richtung. Sarah wünschte, sie könnte ebenfalls reiten. Dann würden sie schneller ans Ziel gelangen. Aber der Colonel hatte wegen des unwegsamen Terrains darauf bestanden, dass sie einen Wagen mietete, und sie fügte sich in ihr Schicksal, obwohl sie wusste, sie wäre einem beschwerlichen Ritt gewachsen.
    Am Abend briet Henderson einen Hasen, den sie in Schnee gepackt und aus Boston mitgenommen hatten, über einem kleinen Lagerfeuer am Spieß. Nach der langen Tagesreise schmeckte das würzige Fleisch köstlich. Singing Wind brachte kaum ein Wort hervor. Aber er schien guter Dinge zu sein, kochte getrockneten Kürbis aus seinem Vorrat und bot den anderen davon an. Noch nie hatte Sarah eine so delikate Süßigkeit gegessen. Nach der Mahlzeit kuschelte sie sich im Wagen unter einer Pelzdecke zusammen und schlief wie ein Baby.
    Im Morgengrauen erwachte sie, als sie die Stimmen der Männer und das Schnauben der Pferde hörte. Es schneite nicht, und sie setzten die Reise im Licht eines strahlenden Sonnenaufgangs fort. Johnny Drum und George Henderson begannen zu singen. Bald stimmte Sarah, die in der polternden Kutsche saß, fröhlich ein. Diese Lieder hatte sie vor langer Zeit in England gelernt.
    Auch an diesem Abend kochte Singing Wind getrocknetes Gemüse, diesmal eine andere Sorte, die er so zubereitete, dass sie dem Gaumen der Weißen schmeichelte. Während Johnny die Pferde versorgte, erlegte Henderson drei kleine Vögel und briet sie über dem Feuer. Wieder

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