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Die Erscheinung

Titel: Die Erscheinung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
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einmal genoss Sarah eine unvergessliche Mahlzeit. In dieser Wildnis war alles so einfach, so wundervoll, so kostbar.
    Während einer Rast am dritten Tag berichtete Henderson von den Huronen, die jetzt in Kanada lebten. Früher hatten sie sich mit den Franzosen gegen die Engländer verbündet und in diesem Teil von Massachusetts eine ernsthafte Bedrohung dargestellt. Nicht weit von Deerfield hatten sie ihn gefangen genommen. Danach diskutierten die Männer über die Schwierigkeiten, die Blue Jacket - Blaue Jacke - von den Shawnee im Westen heraufbeschwor. Bei diesem Thema wurde sogar Singing Wind gesprächig und gab haarsträubende Geschichten zum Besten. Sarah fragte ihn nach seinem Stamm. Bereitwillig erzählte er, sein Vater sei der Häuptling, und sein Großvater habe die noch wichtigere Position eines Medizinmanns eingenommen. Die Wampanoag standen in enger Verbindung mit dem ganzen Universum. In allen Dingen erkannten sie einen besonderen Geist, und jedes war auf seine Weise heilig. Kiehtan - so nannte er seinen Gott - beherrschte die Welt, und man musste ihm für das Leben und die tägliche Nahrung danken. Mit dem Fest des grünen Maises feierten die Wampanoag die erste Ernte des Jahres. Hingerissen hörte Sarah zu. Singing Wind erklärte ihr, alle Menschen müssten gut zueinander sein und sich von Kiehtan leiten lassen. Wenn ein Mann seine Frau schlecht behandeln würde, dürfe sie ihn verlassen.
    Seltsam, dachte Sarah, warum erwähnt er das? Spürte er, was sie jahrelang erlitten hatte? Für einen so jungen Mann erschien er ihr ungewöhnlich klug, und sie fand seine Wertmaßstäbe sehr vernünftig, zivilisiert und ziemlich modern. Kaum zu glauben, dass die ersten Reisenden in diesem Teil der Welt die Ureinwohner als »Wilde« bezeichnet hatten … Manche Weiße schätzten die Indianer nach wie vor so ein, vor allem im Westen. Eines Tages würde Singing Wind seinen Vater beerben, das Amt des Häuptlings übernehmen, und nachdem er so viel Zeit bei den weißen Siedlern verbracht hatte, konnte er die Rolle eines Vermittlers übernehmen und vielleicht Frieden stiften.
    Der vierte Tag, an dem sie Millers Falls passierten, kam ihr wie der längste vor. Sie sahen mehrere Forts, hielten jedoch nur einmal an, um sich mit Lebensmitteln und frischem Wasser zu versorgen. Abends hatten sie die Garnison noch immer nicht erreicht, und es erhob sich die Frage, ob sie in der Nacht weiterreisen oder bis zum Morgen warten sollten. Wären die Männer allein gewesen, hätten sie den Ritt fortgesetzt. Aber sie mussten auf eine Frau Rücksicht nehmen und wagten sie nicht zu drängen. Schließlich betonte Sarah, falls nichts zu befürchten sei, würde sie gern noch an diesem Abend bis Deerfield fahren.
    »Mit Gefahren muss man immer rechnen«, erwiderte Johnny, der junge Fahrer. »Jederzeit könnten wir einer Kriegertruppe begegnen oder ein Wagenrad verlieren.« Nachts war die holprige Straße vereist, und es widerstrebte ihm, ein Risiko einzugehen. Immerhin genoss er den Ruf eines besonnenen Mannes. Nur weil Colonel Stockbridge sich felsenfest auf ihn verließ, hatte er ihm die Engländerin anvertraut.
    »So etwas kann auch tagsüber passieren«, wandte Sarah ein. Letzten Endes beschlossen sie auf ein Nachtlager zu verzichten und hofften, sie würden innerhalb weniger Stunden ans Ziel gelangen.
    In schnellem Trab ritten sie weiter, und Sarah beschwerte sich nicht, während der alte Wagen dahinholperte. Manchmal fühlte sie sich wie auf der schaukelnden
Concord
bei stürmischem Seegang. Kurz nach elf sahen sie in der Ferne die Lichter von Deerfield. Jubelnd spornten die Männer ihre Pferde an, und Sarah fürchtete, auf der letzten Strecke würden sie doch noch ein Rad verlieren. Aber sie erreichten wohlbehalten das Haupttor. Johnny rief die Wachtposten an. Doch sie hatten Singing Wind, der vorausgeritten war, bereits erkannt. Langsam schwangen die Türflügel auf, die Kutsche rollte in die Garnison, und der Fahrer zügelte das Gespann. Mit zitternden Beinen stieg Sarah aus und schaute sich um. Etwa ein Dutzend Männer wanderten im Dunkel umher, unterhielten sich leise, und manche rauchten. An Pfosten waren mehrere Pferde festgebunden, mit Decken über den Rücken. Einige lang gestreckte, schlichte Gebäude standen innerhalb der Palisade, die Quartiere für die Soldaten, zudem ein paar Hütten für die Familien und Lagerhallen. In der Mitte befand sich ein Hauptplatz, und so glich das Fort einem kleinen Dorf.
    Außerhalb des

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