Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Erscheinung

Titel: Die Erscheinung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
Vom Netzwerk:
Indianer unter dem Sternenhimmel ermorden zu lassen, am schönsten Ort, den sie jemals gesehen hatte. Nein, das würde sie nicht gestatten. Ebenso wenig wie sie Edward erlaubt hatte, sie zu töten.
    Jetzt schien seine innere Anspannung nachzulassen. »Sie gehören nicht hierher. Kehren Sie nach Hause zurück. In dieser Gegend leben schon zu viele weiße Menschen.« Seit Jahren beobachtete er das Unheil, das die Siedler anrichteten. Nur wenige brachten Verständnis für die Probleme der Ureinwohner auf. »Wenn Sie hier bleiben, könnten Ihnen schlimme Gefahren drohen.«
    Warum warnte er sie? Was ging ihn ihr Schicksal an? Nun, dieses Land gehörte den Indianern, nicht den Weißen, und vermutlich hatte er ein Recht, so mit ihr zu sprechen. »Das ist mir bewusst. Aber es gibt keinen anderen Ort, wo ich leben könnte, und ich fühle mich wohl in diesem Gebiet. Deshalb möchte ich bleiben.« Sie wollte ihn nicht verärgern und ihm nur erklären, wie viel ihr seine Heimat bedeutete. Sie war nicht hierher gereist, um ihm irgendetwas wegzunehmen oder um sein Land auszubeuten. Stattdessen würde sie es nur lieben.
    Eine Zeit lang starrte er sie wortlos an, dann fragte er: »Wer wird für Sie sorgen? Sie haben keinen Beschützer. Allein können Sie hier nicht leben.« In der ganzen Garnison sprach man von Sarah Ferguson. An diesem Nachmittag hatte er von ihr gehört, und er missbilligte ihre Ankunft.
    »Vielleicht doch«, entgegnete sie sanft. »Irgendwie werde ich Mittel und Wege finden.«
    Nicht zum ersten Mal erstaunt über die Dummheit und Naivität der weißen Siedler, schüttelte er den Kopf. Warum glaubten diese Leute, sie könnten sich das Land einfach aneignen und keinen Preis dafür zahlen? So viele Indianer waren für ihr Land gestorben, ebenso zahlreiche Siedler, was die Regierung der Weißen nicht zugeben mochte. Eine Frau, die allein hier leben wollte, musste verrückt sein. Oder strohdumm.
    Im Mondlicht, mit ihrem hellen Gesicht und dem dunklen Haar unter der Kapuze des Umhangs, glich sie beinahe einem Geist. Bei der ersten Begegnung am Nachmittag war sie ihm wie eine wunderschöne Vision erschienen. Und nun hatte sie ihn von neuem verwirrt, während er durch die Nacht gewandert war, um Pläne für die bevorstehende Besprechung mit dem Colonel zu schmieden. »Gehen Sie in Ihr Quartier«, befahl er. »Es ist sträflicher Leichtsinn, allein hier draußen herumzulaufen, mitten in der Nacht.«
    Da lächelte sie, und was er in ihren Augen las, nahm ihm den Atem. Auf die Leidenschaft, die ihr Blick verriet, war er nicht vorbereitet. Nur eine einzige Frau hatte er gekannt, die sich mit ihr messen konnte, eine Oneida - Crying Sparrow, seinen Weinenden Spatz. Für diese weiße Frau fiel ihm nur ein einziger Name ein - White Dove, Weiße Taube. Abwartend schaute er sie an, und schließlich erkannte er, dass sie sich nicht von der Stelle rühren würde, solange er hier stehen blieb.
    Ohne ein weiteres Wort wandte er sich ab und ging davon. Erleichtert atmete sie auf und eilte zu Rebeccas Hütte.

14
    Sie erzählte niemandem von der nächtlichen Begegnung, denn sie fürchtete, sie dürfte sonst nicht mehr allein in der Garnison umherwandern. Zu ihrer Freude hatte der Colonel den Scout Will Hutchins beauftragt, mit ihr am Morgen auszureiten. Der Vorgesetzte des jungen Gefreiten konnte ihn für einige Stunden entbehren. Überaus schüchtern und noch nicht allzu lange in Deerfield stationiert, wusste der 17-jährige Soldat nicht, welches Gebiet Sarah erforschen wollte. Man hatte ihm nicht erklärt, was von ihm erwartet wurde, und nur betont, er müsse der Dame höflich begegnen. Und so fragte er nach ihren Wünschen. Sie antwortete, sie würde gern die Umgebung kennen lernen. Bei der Dinnerparty des Colonels hatte die Ehefrau eines Offiziers einen Ort namens Shelburne Falls erwähnt, wo es einen schönen Wasserfall gab. Den kannte Will nicht, und so ritten sie einfach nach Norden. Sarah war tief beeindruckt von der herrlichen hügeligen Landschaft und den dichten Wäldern, wo sie ab und zu Rotwild antrafen, und sie fühlte sich wie in einem Märchenreich.
    Zu Mittag meinte Will, sie sollten umkehren, weil der Himmel bedrohlich aussah. Aber Sarah wollte weiterreiten und unbedingt den Wasserfall sehen. Da die Pferde noch nicht müde wirkten, stimmte der junge Bursche zu.
    Sie verspeisten den Lunch, den sie in ihren Satteltaschen mitgenommen hatten, und kurz nach zwei entdeckten sie einen spektakulären Wasserfall, der von hoch

Weitere Kostenlose Bücher