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Die Erscheinung

Titel: Die Erscheinung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
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eine solche Heldentat begangen hätte. Trotzdem fand er, sie dürfte sich nicht in diesem gefährlichen Gebiet aufhalten.
    »Großer Gott, warum, Sarah? Private Hutchins sollte Sie doch schützen!« Was der Colonel soeben erfahren hatte, entsetzte ihn und erfüllte ihn zugleich mit Bewunderung. Doch nun sah er Tränen in ihren Augen glänzen. Seit dem Morgen hatte sie einiges durchgemacht. Sie war trotz allem halt nur eine Frau.
    »Er ist noch ein Kind«, erwiderte sie mit brüchiger Stimme. »Und es war meine Schuld, dass wir uns verirrt haben. Ich hielt mich zu lange beim Wasserfall auf. Und ich dachte, ich hätte mir den Rückweg eingeprägt. Leider habe ich mich getäuscht …« Krampfhaft schluckte sie, dann erzählte sie dem Colonel von der schönen Lichtung, die eine weitere Verzögerung bewirkt hatte. Doch sie erwähnte noch nicht, wie gern sie dieses Stück Land kaufen wollte. Das würde sie ihm ein andermal erklären.
    Nachdem der Colonel dem Indianer gedankt hatte, erinnerte er sich an seine Manieren. »Wenn ich Ihnen den Gentleman vorstellen darf, den Sie unter so abenteuerlichen Umständen getroffen haben, meine Liebe …« Er lächelte, als würde er sie in einem vornehmen Salon miteinander bekannt machen - nicht in einer eiskalten Nacht, in der sie bereits mit ihrem Tod gerechnet hatte. »François de Pellerin - oder sollte ich Sie Comte nennen, mein Freund?«
    Fassungslos starrte Sarah den Mann an, den sie für einen Indianer gehalten hatte. »O Gott - ich dachte - wieso …?« Plötzlich stieg heller Zorn in ihr auf. »Natürlich wissen Sie, was ich dachte! Gestern Nacht hätten Sie das Missverständnis beseitigen können - oder wenigstens heute …« Warum hatte er sie auch nur eine Sekunde lang im Glauben gelassen, seine Männer würden sie ermorden? Wie grausam musste er sein … Das würde sie ihm niemals verzeihen.
    »Und was wäre geschehen, wenn Sie in den einsamen Wäldern tatsächlich einen feindlich gesinnten Indianer getroffen hätten?«, gab er mit seinem typischen Akzent zu bedenken. Natürlich - er war ein Franzose, obwohl er in seiner Lederkleidung wie ein wilder Krieger aussah. Aber in eleganten Kniehosen und besticktem Rock, mit gepuderter Perücke, wäre der imposante Mann zweifellos ein Pariser Aristokrat, vom Scheitel bis zur Sohle. »Ich hätte ein Mohawk sein können«, betonte er, ohne sich zu entschuldigen. Diese Frau musste endlich begreifen, welches Risiko sie einging. »Oder etwas Schlimmeres …« Vor kurzem, auf seinem Ritt nach Westen, hatte er beobachtet, wozu die Shawnee fähig waren. Völlig außer Kontrolle, hatten sie weiße Siedler niedergemetzelt, und die Regierung konnte nichts dagegen unternehmen. »Letzte Nacht hätte ich über den Zaun klettern können, während die Wachtposten in eine andere Richtung schauten. Warum liefern Sie sich solchen Gefahren aus, Madam? Niemals hätten Sie nach Deerfield kommen dürfen. Das ist nicht England. Und Sie haben kein Recht, sich hier aufzuhalten.«
    »Und warum sind
Sie
hier?«, fragte sie herausfordernd. An der Seite des Colonels, der das Gespräch interessiert belauschte, fühlte sie sich sicher. Will war längst in sein Quartier geflohen, um sich mit einem Schluck Whiskey zu erwärmen und zu stärken.
    »Vor dreizehn Jahren, während des Amerikanischen Unabhängigkeitskriegs, begleitete ich meinen Vetter hierher«, entgegnete François de Pellerin, obwohl er nicht glaubte, er wäre ihr eine Erklärung schuldig. Dass sein Vetter Lafayette hieß und dass der König ihnen beiden verboten hatte, nach Amerika zu segeln, verschwieg er. Später war Lafayette nach Frankreich zurückkehrt. Aber François' Schicksal sollte sich in der Neuen Welt erfüllen. Das hatte er zu jenem Zeitpunkt erkannt, und er war auch nicht bereit gewesen, seine indianischen Freunde zu verlassen. »Für dieses Land habe ich gemeinsam mit den Irokesen gekämpft. Und so ist es mein gutes Recht, hier zu leben.«
    »Seit zwei Monaten verhandelt der Comte in unserem Namen mit den Stämmen im Westen, und der Irokesenhäuptling Red Jacket, die Rote Jacke, schätzt ihn sehr«, ergänzte der Colonel, ohne hinzuzufügen, François sei der Schwiegersohn des Häuptlings und seine Frau Crying Sparrow von Huronen getötet worden, ebenso wie sein kleiner Sohn. »Heute Abend brach er nach Norden auf, um den Mohawkhäuptling in Montreal zu besuchen, und er versprach mir, unterwegs nach Ihnen Ausschau zu halten, Sarah. Als Sie in der Abenddämmerung noch immer nicht

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