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Die Erste Liebe: Nach 19 Vergeblichen Versuchen Roman

Titel: Die Erste Liebe: Nach 19 Vergeblichen Versuchen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green , Sophie Zeitz
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den Schnüren nach, die über ihn hinwegstoben. Die ganze Wolke hatte ihn inzwischen erfasst. Es sah aus wie ein Schwarm Sardinen oder wie glitzerndes, weißes Licht. Colin musste an Einstein denken. Als echtes Genie (und eindeutig kein Wunderkind) hatte Einstein herausgefunden, dass Licht sowohl Wellen- als auch Teilcheneigenschaften hat, was ein scheinbares Paradox ist. Colin hatte diese Theorie bisher nie ganz verstanden, doch jetzt, als er die Millionen von Schnürchen sah, die über und um ihn durch die Luft wirbelten, erkannte er, dass sie gleichzeitig winzige gebrochene Lichtstrahlen und endlose, wogende Wellen waren.
    Colin streckte die Hand aus, um nach einem Teilchen zu greifen, doch stattdessen erwischte er mehrere, und es wurden immer mehr, die ihn umhüllten, umwirbelten, umfluteten. Nie waren Tamponschnüre schöner gewesen als in diesem Moment, da sie im Wind wogten, zu Boden glitten und wieder aufwirbelten, auf und ab und auf und ab und auf und ab.
    »Mist«, sagte der Mann. »Aber es sieht verdammt schön aus, was?«
    »Wunderschön«, sagte Lindsey, die plötzlich neben Colin stand und mit ihrem Handrücken seinen Handrücken berührte. Immer noch wurden Nachzügler aus der Kiste in die Luft gewirbelt, auch wenn sich der Großteil der Armee entfesselter Tamponschnüre bereits in der Ferne auflöste.
    »Du siehst aus wie deine Mama«, sagte der Mann.
    »Das hör ich nicht gern«, antwortete Lindsey. »Und wer sind Sie?«
    »Ich bin Roy«, sagte er, »Produktionsleiter bei Gutshot Textiles. Deine Mutter ist auch gleich hier. Am besten, du redest mit ihr. Und jetzt kommt erst mal mit rein und trinkt was.«
    Sie hatten Hollis ausspionieren wollen, nicht vor ihr hier ankommen. Doch nun fürchtete Colin, ihre Geheimaktion war kurz davor aufzufliegen.
    Roy stieß die letzte Kiste in die Grube, und diesmal hielt sie. Dann steckte er Daumen und Zeigefinger in den Mund, pfiff durchdringend und gab dem Baggerfahrer ein Zeichen, der rumpelnd wieder zum Leben erwachte.
    Zu viert marschierten sie zurück zur Lagerhalle, wo es keine Klimaanlage gab. Roy bat sie zu warten und kehrte noch einmal aufs Feld zurück.
    »Sie ist verrückt geworden«, sagte Lindsey. »Diesen ›Produktionsleiter‹ habe ich noch nie in meinem Leben gesehen, und Hollis gibt ihm den Auftrag, unsere verdammte Produktion hinter der Lagerhalle zu verscharren? Sie ist ja völlig durchgeknallt. Was hat sie vor, die ganze Stadt in Schutt und Asche legen?«
    »Glaube ich nicht«, sagte Colin. »Ich meine, ich glaube zwar auch, dass sie durchgeknallt ist. Aber ich glaube nicht, dass sie die Stadt in …«
    »Schätzchen«, hörte Colin hinter sich, und als er sich umdrehte, stand Hollis Wells in der Tür, in ihrem charakteristischen flamingopinken Donnerstagsanzug. »Was machst du hier?«, fragte sie, und sie klang nicht einmal wirklich sauer dabei.
    »Was zum Teufel ist hier los, Hollis? Bist du verrückt geworden? Wer zum Teufel ist Roy? Und warum verscharrt er alles in einem Loch?«
    »Lindsey, Liebes, der Firma geht’s nicht besonders gut.«
    »Verdammt noch mal, Hollis, vertreibst du dir die Nächte damit, zu planen, wie du am besten mein Leben ruinierst? Das Land verkaufen, die Firma kaputt machen, und am Ende geht ganz Gutshot vor die Hunde, und alles nur, damit ich von zu Hause ausziehe?«
    Hollis runzelte die Stirn. »Wie bitte? Nein, nein, Lindsey Lee Wells. Es gibt nur niemanden, der unsere Sachen kaufen will, Lindsey. Wir haben einen einzigen Kunden – StaSure, und der kauft gerade ein Viertel von dem, was wir produzieren. Alle anderen kaufen ihre Schnüre im Ausland ein. Alle.«
    »Warte mal. Was sagst du da?«, fragte Lindsey leise, auch wenn Colin wusste, dass sie ihre Mutter genau verstanden hatte.
    »Die Ware stapelt sich im Lager. Höher und höher. Es wird immer schlimmer. Irgendwann mussten wir was unternehmen.«
    Endlich fiel bei Lindsey der Groschen. »Du willst niemand entlassen.«
    »Natürlich nicht, Schätzchen. Wenn wir die Produktion auf das runterfahren, was wir tatsächlich verkaufen, müsste ich die meisten unserer Leute feuern. Und dann würde Gutshot zugrunde gehen.«
    »Warte, und warum zum Teufel hast du dann die beiden hier mit erfundenen Jobs versorgt?« Lindsey zeigte mit dem Finger auf Colin und Hassan. »Ich meine, wenn wir so pleite sind.«
    »Es sind keine erfundenen Jobs. Vielleicht gibt es in einer Generation das Werk nicht mehr, aber ich wollte, dass auch deine Kinder und die Kinder deiner Kinder

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