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Die erste Todsuende

Die erste Todsuende

Titel: Die erste Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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brachte ihn an die Wohnungstür.
    „Vielen Dank."
    „Ich... ich würde sie gern einmal kennenlernen", sagte sie kaum hörbar. „Das heißt, wenn es Ihnen recht wäre. Ich meine, ich habe jetzt Zeit genug, nachdem ich mit dem Tippen fertig bin. Ich könnte sie besuchen und ihr Gesellschaft leisten..."
    Lebhaft wandte er sich ihr zu. „Würden Sie das tun? Oh, das wäre wunderbar! Ich bin ganz sicher, daß Sie beide sich gut verstehen würden. Sie wird Sie mögen, und Sie umgekehrt sie auch. Ich besuche sie nach Möglichkeit jeden Tag zweimal, aber manchmal schaffe ich es einfach nicht. Auch Freunde und Bekannte kommen mal vorbei und sehen nach ihr. Jedenfalls anfangs, aber das läßt nach, Sie wissen ja, wie das ist. Wir gehen mal zusammen hin, und ich mache Sie bekannt, und wenn Sie dann ab und zu mal vorbeischauen würden..."
    „Natürlich. Das tu ich gern."
    „Ich danke Ihnen. Das ist sehr lieb von Ihnen. Und vielen Dank auch, daß Sie mit mir zu Mittag gegessen haben. Ich habe es richtig genossen."
    Sie streckte ihm die Hand hin. Er war einen Moment überrascht, doch dann ergriff er sie. Ihre Hand war trocken und fühlte sich fest an, der Händedruck überraschend kräftig.
    Er ging in den langweiligen Winternachmittag hinaus. Der Himmel war zinnfarben. Er warf einen Blick auf seine Liste, um nachzusehen, wen er sich zuerst vornehmen sollte. Doch merkwürdigerweise war er in Gedanken weder bei der Liste, noch bei Monica Gilbert, noch bei Barbara. Irgend etwas nagte am Rande seines Bewußtseins, irgend etwas, das mit den Morden zu tun hatte. Irgend etwas, das er vor nicht langer Zeit gehört hatte; irgendwer hatte irgendwas gesagt. Doch er kam nicht darauf. Es wirbelte in seinem Kopf herum, quälend, aufreizend, bis er schließlich davon abließ und sich auf den Weg machte.
    Kurz nach zehn am Abend kam er nach Hause. Die Füße taten ihm weh, und er war so verdrießlich, daß er vor sich hin pfiff und an gelbe Narzissen dachte - an irgend etwas, bloß, um nicht ins Grübeln zu verfallen. Daraufhin war ihm schon ein wenig wohler zumute. Er zog Pyjama, Bademantel und Slipper an und ging in sein Arbeitszimmer.
    Im Laufe des Nachmittags hatte er fünf von den sechs Personen auf seiner Liste überprüft. Der Sittlichkeitsverbrecher und der Mann, der den Raubüberfall begangen hatte, saßen beide noch im Gefängnis. Der andere, der wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang verurteilt worden war, war vor einem Jahr entlassen worden, lebte jedoch nicht mehr unter der angegebenen Adresse. Wo, das würde er morgen vormittag von dessen Bewährungshelfer erfahren. Der Safeknacker war ebenfalls noch im Gefängnis, der Zerstörer öffentlichen Eigentums war vor zwei Wochen nach Florida gezogen und hatte dankenswerterweise eine Nachsendeadresse hinterlassen. Sich auch noch den Erpresser anzusehen, dazu war Delaney heute einfach zu müde gewesen. Das würde er morgen tun.
    Vor dem Einschlafen dachte er darüber nach, ob es klug sei, Monica Gilbert mit seiner Frau bekannt zu machen. Er hatte gesagt, sie würden sich beide mögen, und das stimmte sicher. Barbara würde gewiß Mitleid mit der Witwe eines Ermordeten haben. Ob sie wohl denken würde... sich vorstellte... Aber Monica hatte ihn nun einmal darum gebeten... Ach, er wußte es nicht, konnte es einfach nicht beurteilen. Er würde sie zusammenbringen, einmal jedenfalls, und sehen, was daraus wurde.
    Dann wandte er seine Gedanken wieder dem zu, was an dem Nachmittag so quälend in seinem Unterbewußtsein rumort hatte. Er glaubte fest an die Theorie, daß ein Problem, das einen beschäftigte - ein Wort, an das man sich erinnern wollte, ein Name, der einem nicht einfiel —, sich im Schlaf, im Unbewußten löste: Man mußte abends damit einschlafen, dann wachte man erfrischt am nächsten Morgen auf, und wie durch Zauber war die Lösung da.
    Er wachte am Morgen auf, doch das Problem war noch da und bohrte weiter. Doch jetzt war es schon greifbarer: Es war etwas, was Monica beim Mittagessen gesagt hatte. Er versuchte, sich genau an den Ablauf zu erinnern. Sie hatte von ihren Geranien erzählt, er von dem Efeu. Über was hatten sie noch gesprochen?
    Der Vormittag verging damit, den Erpresser aufzustöbern. Delaney entdeckte ihn schließlich in einer kleinen Schneiderwerkstatt auf der 2nd Avenue. Der Mann war knapp einsfünfzig und um Mitte fünfzig, wog bestimmt seine achtzig Kilo. Er hatte ein teigiges Gesicht, wässrige Augen und zitternde Hände. Wen um alles in der

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