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Die erste Todsuende

Die erste Todsuende

Titel: Die erste Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Couch ausstreckte, das Glas auf der Brust balancierte und darüber nachdachte, warum sie ihn nur verraten hatte.
    Wieder klingelte das Telefon. Er erhob sich sofort, setzte das Glas behutsam auf dem gläsernen Cocktailtisch ab, ging in die Küche und wählte dort ein Messer aus, ein Schneidemesser mit einer zwanzig Zentimeter langen, sehr scharfen Klinge und einem Griff, der gut in der Hand lag.
    Merkwürdig, aber Messer ließen ihn inzwischen völlig gleichgültig; gut, eines in der Hand zu halten. Er ging wieder ins Wohnzimmer zurück, fast tänzelnd, bückte sich und durchtrennte das geringelte Kabel, das Handapparat und Hörer verband. Den abgetrennten Hörer mit den herunterhängenden Kabelschnüren legte er beiseite.
    Mit diesem Schnitt kappte er sich selbst los. Er spürte das. Kappte sich los von allem Geschehen, von der Welt, der Wirklichkeit.
    Captain Delaney erwachte. Irgend etwas bohrte in ihm, bereitete ihm Unbehagen. Sorgenvoll fragte er sich, was er wohl vergessen, welches klar auf der Hand liegende Detail er übersehen hatte, so daß es Danny-Boy womöglich doch noch gelang zu entkommen, nach Europa zu fliegen, in der Namenlosigkeit der Straßen unterzutauchen oder noch einen weiteren Mord zu begehen. So sehr der Captain auch grübelte, er sah keine Möglichkeit, das Netz noch enger zu ziehen.
    Aber er war brummig, als er zum Frühstück hinunterging. In der Küche nahm er sich eine Tasse Kaffee und machte dann die Runde durch den Funkraum, das Eßzimmer, die Diele. Er spürte irgend etwas. Die Männer waren alle wach und angezogen; als er sich umblickte, sah er, wie drei von ihnen ihre Pistolen umlegten. Delaney erriet, was in ihnen vorging, worüber sie sich leise unterhielten und weshalb sie nervös zu ihm aufsahen, als er an ihnen vorbeiging.
    Sie waren nicht unintelligent; man wurde nicht vom einfachen Polizisten zum Kriminalbeamten befördert, bloß weil man irgendeinen Test bestand. Seit Captain Delaney die Leitung der „Kommission Lombard" übernommen hatte, waren alle Bemühungen auf Daniel G. Blank konzentriert, waren andere Spuren nicht mehr verfolgt worden. Für die Beamten stand fest, daß der Captain etwas wußte, das sie nicht wußten. Delaney war viel zu lange im Polizeidienst, viel zu erfahren, als daß er jemanden aufs Korn genommen hätte, ohne seiner Sache ganz sicher zu sein.

    Sie wußten, daß er sich ein Foto von Kope hatte geben lassen, hatten das Band mit seinem Anruf am Heiligabend gehört, auch das mit Monica Gilberts Anruf. Der Detektiv, der Danny-Boys Telefon überwachte, hatte ihnen das Band vorgespielt. Über all diese Dinge hatten die Männer im Funkraum und in den Streifenwagen während ihrer einsamen Nachtwachen und auf stundenlangen Patrouillengängen gesprochen. Sie ahnten, was er vorhatte.
    Weder um 9 Uhr, 9 Uhr 30, 9 Uhr 45 oder 10 Uhr kam eine Meldung, daß sich bei Danny-Boy irgend etwas tat.
    10 Uhr 15: nichts. 10 Uhr 30: nichts. Nichts über Danny-Boy um 10 Uhr 45, 11 Uhr, 11 Uhr 30. Kurz vor 12 Uhr ging Delaney in sein Arbeitszimmer und wählte Blanks Nummer. Das Telefon klingelte und klingelte, doch niemand meldete sich. Beunruhigt legte er auf.
    Mit einem Taxi fuhr er ins Krankenhaus. Barbara befand sich in einem dämmerähnlichen Zustand. Sie verweigerte jede Nahrungsaufnahme. Hilflos saß er neben ihrem Bett, hielt ihre schlaffe Hand und überlegte, was er tun sollte, falls Blank für den Rest des Tages das Haus nicht mehr verließ.
    Vielleicht ging er nicht ans Telefon. Vielleicht war er aber gar nicht oben, sondern ihnen doch durchs Netz geschlüpft und längst fort. Vielleicht hatte er sich aber auch die Kehle durchgeschnitten, als er das Foto von Kope bekommen hatte. Delaney hatte zwar zu Sergeant MacDonald gesagt, Danny-Boy werde keinen Selbstmord begehen, aber dabei war er von Verhaltensmustern und Wahrscheinlichkeiten ausgegangen. Doch niemand wußte besser als er, daß Wahrscheinlichkeit und Gewißheit nicht dasselbe waren.

    Kurz nach eins kehrte er wieder nach Hause zurück. Bulldogge eines und zehn hatten sich gerade gemeldet. Keine Spur von Danny-Boy. Auch im Büro war Blank nicht aufgetaucht. Der Captain ging in sein Arbeitszimmer und rief nochmals in Blanks Wohnung an. Wieder klingelte es und klingelte. Niemand meldete sich.
    Ohne es zu wollen, hatte sich etwas von seiner Stimmung auf die Männer übertragen; er war jetzt nicht der einzige, der durch die Räume lief, die Hände in den Gesäßtaschen, den Kopf gesenkt. Die Männer machten

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