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Die Erzaehlungen 1900-1906

Die Erzaehlungen 1900-1906

Titel: Die Erzaehlungen 1900-1906 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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hervor, schlug auf
    den Tisch, schnippte mit den Fingern, spuckte vor sich hin auf die Diele und scharrte tönend mit der Sohle darüber. Auch seine Redeweise nahm einen
    plötzlichen Aufschwung, und die volltönenden Kraftausdrücke aus den Jahren
    seiner Herrlichkeit klangen noch einmal fast mit der alten brutalen Sicherheit von seinen blauen Lippen.
    Während der Fabrikant sich diesermaßen verjüngte, blinzelte Lukas Heller
    nachdenklich in sein Gläschen und hielt die Zeit für gekommen, wo er dem
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    Stolzen seine Beleidigungen und den entehrenden Blechhieb aus jener Nacht
    heimzahlen könnte. Er hielt sich still und wartete aufmerksam, bis der rechte Augenblick da wäre.
    Inzwischen hatte Hürlin, wie es früher seine Art gewesen war, beim zwei-
    ten Glase angefangen ein Ohr auf die Gespräche der Leute am Nebentisch zu
    haben, mit Kopfnicken, Räuspern und Mienenspiel daran teilzunehmen und
    schließlich auch zwischenein ein freundschaftliches Jaja oder Soso dareinzugeben. Er fühlte sich ganz in das schöne Ehemals zurückversetzt, und als nun
    das Gespräch nebenan lebhafter wurde, drehte er sich mehr und mehr dort
    hinüber, und nach seiner alten Leidenschaft stürzte er sich bald mit Feuer in das Wogen und Aneinanderbranden der Meinungen. Die Redenden achteten
    im Anfang nicht darauf, bis einer von ihnen, ein Fuhrknecht, plötzlich rief: Jeses, der Fabrikant! Ja, was willst denn du da, alter Lump? Sei so gut und
    halt du deinen Schnabel, sonst schwätz ich deutsch mit dir.
    Betrübt wendete der Angeschnauzte sich ab, aber da gab ihm der Seiler
    einen Ellbogenstoß und flüsterte eifrig:
    Laß dir doch von dem Jockel das
    Maul nicht verbieten! Sag’s ihm, dem Drallewatsch!
    Diese Ermunterung entflammte sogleich das Ehrgefühl des Fabrikanten zu
    neuem Bewußtsein. Trotzig hieb er auf den Tisch, rückte noch mehr gegen die
    Sprecher hinüber, warf kühne Blicke um sich und rief mit tiefem Brustton:
    Nur etwas manierlicher, du, bitt ich mir aus! Du weißt scheint’s nicht, was
    der Brauch ist.
    Einige lachten. Der Fuhrknecht drohte noch einmal gutmütig:
    Paß Ach-
    tung, Fabrikantle! Dein Maul wenn du nicht hältst, kannst was erleben.
    Ich brauch nichts zu erleben , sagte Hürlin, von Heller wieder durch einen
    Stoß angefeuert, mit Würde und Nachdruck,
    ich bin so gut da und kann
    mitreden wie ein anderer. So, jetzt weißt du’s.
    Der Knecht, der seinem Tisch eine Runde bezahlt hatte und dort den Herrn
    spielte, stand auf und kam herüber. Er war der Kläfferei müde.
    Geh heim ins
    Spittel, wo du hingehörst!
    schrie er Hürlin an, nahm den Erschrockenen am
    Kragen, schleppte ihn zur Stubentüre und half ihm mit einem Tritt hinaus.
    Die Leute lachten und fanden, es geschehe dem Spektakler recht. Damit war
    der kleine Zwischenfall abgetan, und sie fuhren mit Schwören und Schreien in ihren wichtigen Gesprächen fort.
    Der Seilermeister war selig. Er veranlaßte Finkenbein, noch ein letztes Gläschen zu spenden. Und da er den Wert dieses neuen Genossen erkannt hatte,
    bemühte er sich nach Kräften, sich mit ihm anzufreunden, was Finkenbein
    sich lächelnd gefallen ließ. Dieser war vorzeiten einmal im Hürlinschen Anwesen betteln gegangen und von dem Herrn Fabrikanten streng hinausgewiesen
    worden. Trotzdem hatte er nichts gegen ihn und stimmte den Beschimpfungen,
    die Heller dem Abwesenden jetzt antat, mit keinem Worte bei. Er war besser
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    als diese aus glücklicheren Umständen Herabgesunkenen daran gewöhnt, der
    Welt ihren Lauf zu lassen und an den Besonderheiten der Leute seinen Spaß
    zu haben.
    Laß nur, Seiler , sagte er abwehrend.
    Der Hürlin ist freilich ein Narr,
    aber noch lang keiner von den übelsten. Da dank ich doch schön dafür, daß
    wir da droben auch noch Händel miteinander haben sollen.
    Heller merkte sich das und ging gefügig auf diesen versöhnlichen Ton ein. Es war nun auch Zeit zum Aufbrechen, so gingen sie denn und kamen gerade recht
    zum Nachtessen heim. Der Tisch, an dem nunmehr fünf Leute saßen, bot einen
    ganz stattlichen Anblick. Obenan saß der Stricker, dann kam auf der einen
    Seite der rotwangige Holdria neben dem hageren, verfallen und grämlich aus-
    sehenden Hürlin, ihnen gegenüber der dünn behaarte, pfiffige Seiler neben dem fidelen, helläugigen Finkenbein. Dieser unterhielt den Hausvater vortrefflich und brachte ihn in gute Laune, zwischenein machte er ein paar Späße mit dem
    Blöden, der geschmeichelt grinste, und als der Tisch abgeräumt und

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