Die Erziehung - Roman
man sich die Klinke in die Hand. Der Winter stand vor der Tür. Man musste Vorsorge treffen, an die langen Abende, die Salons, die Empfänge denken, die gegeben wurden, um die Langeweile der stillen Jahreszeit zu überbrücken. Billod hatte Gaspard Kleider gekauft, ein Rasiernecessaire, hatte ihn zum Friseur gebracht und verlangt, dass er sich wusch und seinen Körper mit einer Essenz abrieb, von der seine Haut noch tagelang gerötet war. Inzwischen war er durchaus präsentabel. Das erste Mal, als sich Gaspard so verwandelt sah, war er verblüfft. Er hatte das Gefühl, einen anderen Mann vor sich zu haben, der, wenn nicht schön, so doch wenigstens attraktiv war und nichts mit dem zu tun hatte, für den er sich gehalten hatte – und noch immer hielt –, einen Bauernsohn, einen Mann vom Fluss. Doch er musste sich erst an sein sauberes Gesicht gewöhnen. Billod wollte zudem, dass er sich ein wenig parfümierte. In der Hitze der Werkstatt, in der sein Meister ihn ununterbrochen herumjagte, schwitzte er stark. Manchmal kam Billod auf ihn zu, schnupperte wie ein Jagdhund und rief aus: »Du stinkst, mein Kleiner! Ah! Das ist ja furchtbar! Du stinkst nach jugendlicher Transpiration! Dieser unerträgliche Geruch, das bist also du! Zum Teufel! Tu dir auf der Stelle von diesem Wasser unter deine Arme und rühr dich nicht von der Stelle, wenn Kunden da sind! Ich will nicht, dass du sie mit deinem Gestank belästigst, elendes Ferkel!« Gaspard schwieg, wischte sich so oft wie möglich Stirn und Achseln, doch er musste ständig herumrennen: Wasser holen, ein Schreiben überbringen, Besorgungen erledigen, einen Lieferanten bezahlen …
Er erriet die Blicke, die Billod heimlich auf ihn warf. Seinen Drang hereinzukommen, wenn er gerade dabei war, sich zu waschen. Die Nervosität, die er dann ausstrahlte. Diese Art, rot anzulaufen, zu stammeln, während seinen Augen keine Einzelheit entging. Als der Monat herum war, gab er ihm kein Gehalt, aber Gaspard nahm es ihm nicht übel. Er wurde einigermaßen korrekt ernährt, er hatte ein Dach über dem Kopf, lernte einen Beruf, und mehr verlangte er nicht.
Er mochte das Atelier. Es bestand aus zwei großen Räumen, von denen der Erste als Laden diente. Hier war jede Wand mit Gestellen bestückt, auf denen Holzköpfe die Perücken trugen. Sessel und Sofas standen bereit, damit die Kunden sich zu den Vorführungen setzen konnten, die Billod gerne machte, während er mit Andacht seine Kollektion ausbreitete. In einer Glasvitrine befanden sich die »seltenen« Stücke. In Wahrheit waren sie nicht mehr wert als alle anderen, doch der Meister hatte Gaspard das Interesse erklärt, das durch die einfache Tatsache erweckt wurde, dass sie sich hinter Glas befanden. Dies allein, sagte er, rechtfertigte einen höheren Preis. Er täuschte sich nicht. Regelmäßig blieben die Kunden vor der Vitrine stehen, selbst wenn diese Modelle zuvor manchmal wochenlang auf den Regalen ausgestellt gewesen waren. Sie gerieten in Verzückung angesichts der Sorgfalt der an den Perücken geleisteten Arbeit, die sie einen Monat früher kaum eines Blickes gewürdigt hatten. Zwei Fenster warfen ein großzügiges Licht auf die Kollektion, und Billod verlangte von Gaspard, dass er die Regale ständig reinigte, das Parkett bohnerte: Kein Staubkörnchen durfte zu sehen sein. Im zweiten Raum arbeitete Billod an der Herstellung der Perücken. Hier stand ein Schreibtisch für die Buchführung. Auf zwei Bänken stapelte sich das ganze Material, das für das Aufsetzen der Haare, für die Färbung und das Frisieren nötig war. Bei jedem Schritt ließ er sich von Gaspard assistieren, verlangte seine Anwesenheit, bat ihn aber zu schweigen, keine Fragen zu stellen. Justin Billod schätzte die Zurückhaltung und die Stille, was Gaspard zupasskam. Ein Fenster in diesem Raum ging auf einen engen, feuchten Hof hinaus, in den nie die Sonne drang. Das Licht war trüb, sodass manchmal Kerzen angezündet werden mussten, um arbeiten zu können. Billod zog sich heftige Kopfschmerzen zu, wenn er, das Gesicht über seine Arbeit gebeugt, die Haare einnähte. Gingen sie von der Werkstatt in den Laden hinüber, brauchte es eine Zeit der Gewöhnung, bevor ihre Augen die Helligkeit ertrugen. Billod sprach von einer neuen Werkstatt, einem Umzug, von der Gelegenheit, sich an einem Ort niederzulassen, der seinem Talent angemessen wäre, vielleicht in der Nähe der Tuilerien. Gaspard merkte bald, dass er nur redete. Wenn er auch sein Brot verdiente, so
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