Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition)
Gas 25-mal so stark wie CO 2 .« Auch aus deutschen Müllkippen, wo heute keine Lebensmittel mehr landen, entweicht immer noch Methan: »Das sind tickende Zeitbomben, denn die unterirdische Zersetzung der organischen Stoffe dauert Jahrzehnte.«
»So darf es nicht weitergehen«, meint Timothy Jones. »Man kann es aber auch als Chance sehen: Wenn wir nur halb so viel wegwerfen würden, dann könnten wir damit auch das Methan um die Hälfte reduzieren. Das ist eine Menge! Und bedarf keiner großen Anstrengung.«
Sein Blick auf das Thema Essen ist anders als der des Durchschnittsamerikaners. »Das kommt vielleicht daher, dass ich noch auf einer kleinen Farm aufgewachsen bin. Farmer haben eine hohe Wertschätzung für das Essen, sie wissen, dass es aus lebenden Organismen erzeugt wird«, philosophiert der Anthropologe. »Und dass wir diese Lebewesen töten. Egal ob ein Kalb oder eine Bohne, wir töten Lebewesen, um selbst zu überleben! Wer das weiß, entwickelt eine Wertschätzung für das Leben, und er hasst es wegzuwerfen, was er zuvor töten musste. Weil er dann das Leben selbst verschwendet.«
In den USA ist es nicht anders als in Europa: »Die Wertschätzung für das Essen ging verloren, als Generation nach Generation nicht mehr auf der Farm lebte. Viele Städter heute realisieren noch nicht mal, dass der Ursprung ihres Essens Lebewesen sind.« Timothy Jones ist kein Buddhist. Aber ein halber Indianer. Er fühlt sich der Kultur der »native Americans« stark verbunden, kämpft nebenbei auch für die Rechte der letzten verbliebenen »Western Cherokees«. Seine Eltern haben ihm viele Werte aus der Kultur der »natives« vermittelt, uralte Werte, die heute wieder so modern klingen.
So war es nur logisch, dass der Forscher auch die moderne Landwirtschaft unter die Lupe nahm: »Auf den Farmen in den USA werden im Durchschnitt 10 bis 15 Prozent der Ernte direkt vernichtet. Die Früchte sind erntereif, werden aber gar nicht erst geerntet, sondern einfach untergepflügt. Selbst wenn sie perfekte Qualität haben, gut essbar sind und auch nicht schlecht aussehen. Einfach weil sie den Normen des Handels nicht entsprechen.«
Um uns zu zeigen, welche Vielfalt an Formen auf den Feldern wächst, nimmt uns Timothy Jones mit an den Stadtrand von Phoenix, in die Farm von Frank Martins. Die Tomaten sind gerade reif – auf dem Feld wachsen über ein Dutzend verschiedene Sorten. Mexikanische Erntearbeiterinnen packen die Früchte in Pappkartons, längliche neben rundliche, gelbe neben rote Tomaten. Einige haben auch größere Schorfflecken.
Die Kundschaft von Frank Martins akzeptiert, was kein Supermarkt annehmen würde. »Die Normen kommen nicht von den Farmern«, analysiert Timothy Jones. »Wenn die Normen von den Farmern kämen, gäbe es eine viel größere Vielfalt an Obst und Gemüse, als wir sie heute im Supermarkt finden. Aber der Handel hat keine Ahnung von der Landwirtschaft, er zwingt die Farmer immer gleich Aussehendes anzupflanzen. Sie haben sogar Farbtabellen, sie scannen die Farbe der Tomaten per Computer. Der Scanner kontrolliert dann, ob die Tomaten auch die richtige Farbe haben, und wenn das Rot zu hell oder zu dunkel ist, dann werden sie aussortiert und weggeworfen. Genauso die Größe: Es gibt bestimmte Normgrößen, und alles darunter oder darüber ist nicht korrekt.«
Unter dem Strich, so der Forscher, wird in den USA die Hälfte aller Lebensmittel vernichtet: »30 Prozent davon auf den Farmen, 30 Prozent im Handel und den Restaurants und 40 Prozent in den Haushalten.« Allgemein unterschätzt wird dabei die Rolle der Fast-Food-Industrie. Ein Ausflug an den Stadtrand genügt. Zwischen dem Parkplatz und der Filiale einer bekannten Fast-Food-Kette führt er uns zu den Müllcontainern. »Wir haben Glück, der ist nicht abgeschlossen. Hier, diese Hühnchen sind noch gefroren. Hier draußen ist es 45 Grad heiß und das Fleisch ist noch hart. Kommt wohl direkt aus dem Kühlraum.«
Timothy Jones hat einige Filialleiter befragt und kennt ihre Probleme: »Sie möchten nicht, dass Kunden verärgert sind, weil ihr Lieblingsmenü nicht vorrätig ist. Also füllen sie ihre Kühlräume bis zum Rand, weil sie alle Situationen mit unzufriedenen Kunden kennen und das definitiv vermeiden wollen. Aber wenn dann eine neue Lieferung kommt, ist kein Platz mehr im Kühlraum.«
»Dann versuchen sie das Fleisch an andere Filialen weiterzureichen oder verschenken es an Angestellte, vielleicht sogar an gute Kunden, es ist ja noch
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