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Die Eule - Niederrhein-Krimi

Die Eule - Niederrhein-Krimi

Titel: Die Eule - Niederrhein-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Thomas u Wirth Hesse
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erwartete sie mit klarem Blick und erhobenem Kinn, bedeutete ihr einzutreten.
    »Frau Krafft, versuchen Sie sich einmal anders hinzusetzen. Ganz gerade, genau, nicht anlehnen, den Rücken gerade ausrichten, als würde ein unsichtbarer Faden sie mit dem Himmel verbinden und aufrecht halten, genau so.«
    Karin wollte etwas sagen, wurde konsequent unterbrochen.
    »Nein, lösen Sie diese Haltung nicht gleich wieder auf, und sprechen Sie nur, wenn ich Sie dazu auffordere.«
    »Was soll das? Ich wollte mich mit Ihnen über die ›Gerechten der Welt‹ unterhalten.«
    »Und ich werde Ihnen zur Demonstration eine der meditativen Gebetstechniken zeigen, die jedem neuen Mitglied nahegelegt wird. Sind Sie bereit?«

DREI
    6. Mai 2010
    Der Montagmorgen hatte etwas von der Geschäftigkeit des Düsseldorfer Flughafens, so jedenfalls empfand es Simon Termath. Vorbildlich als Erster am Schreibtisch, wusste er nicht, welches Gespräch er zuerst annehmen sollte, telefonierte er gerade, klingelte der nächste Apparat. Er breitete Notizzettel vor sich aus, versuchte gleichzeitig Informationen aufzuschreiben und für seine Kollegen vorzusortieren. Die Viertelstunde, bevor Karin Krafft eintraf, war arbeitsintensiv. Sie fand Simon mit hochrotem Kopf vor, ratlos auf die vielen kleinen Notizen blickend. Seine Gesichtsfarbe hob sich deutlich von seinem üblichen beige-grauen Outfit ab.
    »Simon, wieso bist du so früh schon hier? Du siehst aus, als hättest du durchgemacht.«
    Seine Frisur war verrutscht, diese spärlicher gewordenen, langen Haarsträhnen, die er sich seit Jahren mühevoll quer über den kahlen Schädel legte und mit Pomade festpappte, waren durchscheinend und deckten die ausgeprägte Glatze nicht mehr ab.
    »Gut, dass ich hier gewesen bin, ich habe einige Telefonate schon erledigt. Hier, es gibt Arbeit. Die Frau Pachwitz hat angerufen, das ist die lustige Witwe des toten Lehrers. Sie hat einen Brief in ihrem Kasten gefunden, der sie beunruhigt, wollte aber am Telefon nicht mehr sagen, sie kommt nachher vorbei.«
    »Beunruhigender Brief, sagte sie? Die frühe Zustellung an einem Montagmorgen würde mich eher erstaunen. Das war entweder eine Kurierzustellung, oder jemand hat ihn persönlich eingeworfen. Du weißt nichts Konkreteres?«
    »Nein, sie war nur sehr aufgeregt und wütend.«
    Simon kramte in seinem Zettelwust, schob die Lesebrille zurecht, wirkte leicht nervös, hielt triumphierend die nächste Botschaft in die Höhe.
    »Da hab ich ihn. Die Sektenbeauftragte aus Münster hat angerufen, Burmeester hat ihr wohl gestern auf den Anrufbeantworter gesprochen. Ich habe die Nummer notiert, damit er zurückrufen kann. Das Stichwort ›Gerechte der Welt‹ gab ihr zu denken, aber sie sagte nicht viel. Sie kennt die Gruppe nur oberflächlich.«
    »Er müsste gleich da sein, von der Frau erfährt er die offizielle Einschätzung, das ist gut. Ich werde nachher zum Blaufuß fahren, weißt du, die Straße direkt an der Bahnlinie, und schauen, wo sie ihren Versammlungsraum haben.«
    Tom Weber trat ein, eine große Tüte mit belegten Brötchen in der Hand.
    »Hi, hast du noch nicht gefrühstückt?«
    »Alles lief ziemlich drunter und drüber heute Morgen. Da dachte ich, vielleicht ging es euch genauso, und habe gleich eine Auswahl für alle mitgebracht.« Er legte die Tüte neben der Kaffeemaschine ab und riss sie auf. »Inklusive Körnerbrötchen für Nikolas.«
    Die eintreffenden Kollegen freuten sich über das Frühstück, in kürzester Zeit war die Tüte fast leer, während die Aufgaben neu verteilt wurden. Simon brachte die unerlässlichen Berichte in zweifacher Ausfertigung rüber ins Kreispolizeigebäude zur Behördenchefin, der einzigen Vorgesetzten im ganzen Apparat, die immer noch auf Berichtlage auf Papier und direkt ausgehändigt oder im Vorzimmer abgelegt bestand. Manche Kindheitstraumen trägt man ein Leben lang mit sich herum, alle betroffenen Mitarbeiter belächelten ihre Macke. Simon war beschäftigt.
    Tom warf einen letzten Blick in die Tüte, das Körnerbrötchen war übrig. »Nikolas Burmeester, du enttäuschst mich, keine Körner mehr zum Frühstück?«
    Karin nahm ihm das belegte Backwerk ab. »Seit er seine Mutter los ist, ernährt er sich nur noch von Fast Food. Siehst du den Bauchansatz?«
    Entsetzt blickte Burmeester an sich hinab, während Karin schmunzelnd abwinkte.
    »War nur ein Scherz. Du fährst nach Wardt und suchst Vera Kückel, telefonierst mit der Sektenbeauftragten. Ich fahre zum Blaufuß und

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