Die Eule - Niederrhein-Krimi
zurecht, schmunzelte.
»Aha!«
* * *
Erleichtert schien Simon Termath nach dem klärenden Gespräch mit seiner Vorgesetzten, das sehr deutlich und teilweise sehr laut ausgefallen war. Nun war er allein in den Diensträumen des K 1, sortierte den Rest seines im Laufe der Zeit angesammelten Eigentums und räumte Bücher, Stifte, seine diversen Mäppchen, Anspitzer und Radiergummis in einen Pappkarton, aus dem er vorher die uniformierten Plüschteddys für die Kinder ausquartiert hatte. Komisch, es sollte am nächsten Tag alles zu Ende sein, und jetzt, wo es die anderen wussten, fühlte er sich ein Stück befreiter, nahezu beschwingt. Aus. Vorbei. Ohne Schussverletzungen davongekommen. Nie ein Disziplinarverfahren, keine Versetzung nach auswärts, alles in geordneten Bahnen, ein langes Berufsleben ging in die Zielgerade. Während er die beiden Ersatzregenschirme aus der untersten Schublade zutage förderte, klopfte es energisch. Frau Pachwitz trat ein.
»Ach, Sie, da bin ich froh, jemanden anzutreffen, den ich schon kenne. Da brauche ich nicht die ganze Geschichte von vorne zu erzählen. Schauen Sie mal, was in diesem widerlichen Brief hier steht.«
Während Simon kaum über den Rand der Kiste lugte, die vor ihm auf der Schreibunterlage stand, setzte sie sich auf den Stuhl und wedelte hektisch mit einem Stück Papier.
»Frau Pachwitz, guten Tag, setzen Sie sich doch, ich stelle nur kurz die Kiste runter.«
Verdutzt hielt sie inne, nur für einen Augenblick, legte wieder los, sobald sich Simon aufrichtete und sie ansah.
»Das ist unfassbar, wer macht denn so was, wer weiß denn davon? Und alles so kurz hintereinander. Erst dachte ich, ich träume, so was gibt es nur in Krimis im Fernsehen, aber da steht es wirklich. Das ist doch eine Frechheit. Ich bin ganz verwirrt. Ich wusste einfach nicht, wohin. Irgendwem muss ich das doch zeigen.«
Väterlich griff Simon nach dem Brief, ganz der Kommissar berührte er ihn an den Ecken knapp mit den Fingerkuppen von Daumen und Zeigefinger und legte ihn vor sich ab. »Dann wollen wir mal sehen.«
Souverän las er Zeile für Zeile in aller Ruhe, beschwichtigte die Frau, unterband den Ansatz einer neuerlichen Tirade mit einer stoppenden Handgeste. »Ich verstehe Ihr Entsetzen. Sie haben genau das Richtige getan, das ist ein Fall für uns.«
Sie wurde zunehmend ruhiger. »Da habe ich jahrelang diesen Mann und seine Unarten ertragen, wirklich, Herr Kommissar, mit Geduld ertragen. Und jetzt will mir jemand das einzig Positive nehmen, was er mir hinterlassen hat.«
»Haben Sie von einer Lebensversicherung gewusst?«
»Natürlich, es kam ja im Laufe der Jahre immer wieder Post von der Versicherung. Wir haben Hausrat und Haftpflicht auch bei denen. In all den Jahren sind wir immer gut beraten worden. Ich wusste durchaus über alles Bescheid. Und jetzt so was, das ist, das …«
»Frau Pachwitz, das hier ist nichts anderes als ein Erpresserbrief. Zugegeben, ein wenig vornehmer formuliert und nicht gerade aus ausgeschnittenen Buchstaben zusammengeklebt, aber trotzdem ist es einer. Wer kann Ihnen so eine Aufforderung zu einer, wie heißt es da, ›Spende‹ schicken? Haben Sie selber eine Idee?«
Schweigend schüttelte sie den Kopf.
»Wir versuchen es andersherum: Wer weiß denn von dieser Versicherung?«
»Bestimmt die halbe Welt. Theo hat doch immer mit der guten Versorgung für seine Ehefrau angegeben. Wenn ihm etwas passieren würde, hat er überall erzählt, bräuchte sich seine Frau ihr Lebtag lang keine finanziellen Sorgen mehr machen, er hätte optimal vorgesorgt. Ich wäre dann eine gute Partie. Das war das Netteste, was ihm seit Jahren über die Lippen kam, dass ich nach seinem Tod attraktiv werden würde.«
Für einen Moment schaute sie wehmütig in die Ferne. »›Das ist eine gute Partie, sie kann nicht kochen, aber dafür wird sie tüchtig erben, und es werden einige Pfauen um sie herumscharwenzeln‹, hat er mal auf einer Weihnachtsfeier seines Kollegiums von sich gegeben. Gemeinsam mit den Ehegatten wurde nett gebruncht, und nach ein paar Gläsern Wein hat er laut in die Runde gegrölt, was er von mir hielt. Den Rest erzähle ich nicht, denn Alkohol machte den gut erzogenen Oberstudienrat zum Tier, zumindest verbal.«
»Vermutlich hat also eine ganze Anzahl von Personen von Ihrer ausstehenden Erbschaft gewusst. Das macht es nicht gerade einfach. Frau Pachwitz, überlegen Sie ganz genau und schreiben Sie uns alle Personen auf, denen er von der Versicherung
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