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Die Eule - Niederrhein-Krimi

Die Eule - Niederrhein-Krimi

Titel: Die Eule - Niederrhein-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Thomas u Wirth Hesse
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fühlt, der wird auch wieder gehen. Alle anderen sind an ihrem irdischen Ziel angekommen.«
    Con stand nun neben dem Tisch mit dem roten Tuch und entzündete die Kerze.
    »Ich spüre dein inneres Interesse, deine gottgegebene Neugier. Ich entzünde das Licht für eine neue Seele, die mit ihrer Aura diesen Raum erhellt. Ich bin überzeugt, du wirst den Weg zu uns finden.«
    Karin Krafft blickte sich um, sie war allein mit Con im Raum, zuckte automatisch zurück. Con meinte sie. Unverständnis überkam sie, ähnlich wie bei dem Auftrag zur Wiederholung der Verzeihensformel. Andererseits konnten die wichtigsten Merkmale dieser Gemeinschaft anscheinend nur durch individuelle Erfahrung klar benannt werden. Theorie und Praxis waren zwei Paar Schuhe. Was konnte es schaden, ein wenig tiefere Einblicke zu erlangen?
    »Komm her zu mir.«
    Karin bewegte sich langsam auf die Frau neben der brennenden Kerze zu.
    »Knie dich hin, Kindchen.«
    Das würde sie auf keinen Fall machen, nicht sie. Karin spürte Cons drängende Hand auf ihrer linken Schulter, hielt sich standhaft auf den Beinen. Ihr Handy klingelte und durchbrach diese unangenehme Situation, holte sie in ihren Dienst und zu ihrem Auftrag zurück. Sie fingerte das Gerät aus der Jackentasche, Jerry meldete sich aus der Unfallklinik in Duisburg.
    »Ja? Nein! Und? Die Duisburger Kollegen werden sich über jede Entlastung freuen, ich mache mich auf den Weg. Ja, kenne ich, in Buchholz, über die A 59 zu erreichen, richtig? Bis gleich.«
    Con stand mit verschränkten Armen stumm vor ihr.
    »Ich habe gleich betont, dass ich im Dienst bin. Diese Nachricht ist auch für Sie von Interesse. Der Fahrer ist trotz positiver Prognosen gerade gestorben. Das Personal ist ratlos, und mein Kollege vor Ort vermutet, dass jemand nachgeholfen hat.«
    Karin lief in Richtung Ausgang, Cons kalte Stimme traf sie bei der Tür.
    »Wir waren beim Du angekommen, Kindchen. Ich hatte gestern dazu aufgerufen, den Mann in unsere Gebete einzuschließen.«
    Was sollte dieser Nachsatz bedeuten? Karin Krafft wies hirnrissige Phantasien von gedanklichen Fernmorden, quasi Tod durch Telepathie, weit, weit von sich. Jetzt begann sie schon zu spinnen, sie musste sich eine Möglichkeit der Supervision suchen, wenn sie den Kontakt zu Con aufrechterhalten wollte. Jedenfalls hatte sie dieser Frau ein hieb- und stichfestes Alibi gegeben, Con konnte nicht in Duisburg gewesen sein. Die Hinterbliebenen der anderen Opfer mussten überprüft werden, die der Verletzten ebenfalls und die treuesten Mitglieder der GdW. Blinder Glaube konnte jeden Auftrag ausführen.
    Nachdem sie ihn über die letzten Ereignisse informiert hatte, erteilte die Hauptkommissarin Simon Termath telefonisch den letzten Auftrag seiner beruflichen Laufbahn.
    »Stell schon mal die Liste der Personen zusammen, die überprüft werden müssen, und hol Burmeester und Tom zurück, die können dir helfen.«
    Jerry hatte von einer Insulinampulle auf der Bettdecke gesprochen, die dem Personal nicht bekannt war. Sie würden von einer anderen Firma beliefert. Wenn das stimmte, dann bestätigte es alle bisherigen Vermutungen. Der Mann war angeheuert worden, um in diese Gruppe zu fahren.
    Kein leichtes Spiel, Kindchen.

VIER
    23. Mai 1960, 9.45 Uhr
    Wehe dem, dessen Schicksal in die Hände von »Blut-Traudl« gelegt wurde. Der gebückte Mann, der in Hand- und Fußketten in den Gerichtssaal geführt wurde, blickte erst hoch, als er von zwei Bewachern auf die Bank des Angeklagten gedrückt wurde. Erhöht auf einem Podest und vor einer schweren, dunkel getäfelten Holzwand saß die Frau, die im ganzen Land als gefügige Vollstreckerin der Staatsanwaltschaft bekannt war. Wie ein Racheengel breitete sich Gertraud von Ehrenhain auf einem thronartigen Stuhl aus, neben ihr die ausgewählt staatstreuen Schöffen. Der Mann hatte bisher nur geahnt, wie Schauprozesse abliefen. Nun war er selbst der Angeklagte, dem schon optisch demonstriert wurde, wer in dieser Verhandlung oben und wer unten sein würde, der merkte, dass alle Abläufe vorgefertigt waren und das Ende vorbestimmt war.
    Zwei Tage zuvor war er unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen ins Dienstzimmer der gespielt freundlichen, aber bestimmten Frau mit der dezenten Hornbrille und der strengen Frisur gebracht worden. In Zimmer 95 mit heimeliger Blumentapete, wohnlichen Gardinen und unter einer einem Riesenbonbon ähnlichen Deckenlampe saß sie und verlangte ein umfassendes Geständnis. Das könnte den Staat

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