Die Eule - Niederrhein-Krimi
Gelände, und der hintere Teil der Halle, da sind die.«
»Kennen Sie die religiöse Gruppe näher?«
»Nein, Gott bewahre, im letzten Jahr sind die hier im Laden aufgetaucht und wollten unsere Kunden bekehren. Sie glauben gar nicht, wie flott wir die vor die Tür gesetzt haben. Sie interessieren sich für die Bank?«
Karin schüttelte den Kopf. »Wie lief das denn ab?«
»Na, die sind hier rein …« Fink beäugte Karin skeptisch von der Seite. »Sind Sie etwa von dem Verein und spionieren hier die Nachbarschaft aus?«
»Kripo Wesel, ich muss jemanden aus der Gruppe sprechen und finde nirgendwo einen Hinweis. Natürlich interessiert mich auch Ihr persönlicher Eindruck.«
»Meinen persönlichen Eindruck habe ich Ihnen somit mitgeteilt, und jetzt entschuldigen Sie mich, ich habe zu tun.«
»Nein, nein, so nicht, ich befrage Sie jetzt ganz offiziell, und entweder teilen Sie mir mit, was Sie wissen, oder ich lade Sie vor.«
Herr Fink schien zu überlegen.
»Ich habe mir hier eine Existenz aufgebaut, die ich nicht gefährden will, verstehen Sie? Ich weiß doch nichts, und können Sie mir garantieren, dass da nicht auch radikale Köpfe bei sind? Mir nützt Ihr Einsatz sehr wenig, wenn hier zum Beispiel der Laden brennt.«
»Gab es denn einen vergleichbaren Vorfall?«
»Ich sage nichts.«
»Herr Fink, von Ihnen habe ich nichts gehört, ehrlich.«
Er bewegte sich in einem inneren Zwiespalt, Karins hartnäckiger Blick schien sein Schweigen zu durchbrechen.
»Na gut. Die Spedition dahinten, die hat ihre Erfahrungen gesammelt. Es war nichts nachweisbar, aber knapp eine Woche, nachdem sich zwei Aushilfsfahrer über Leute aus diesem Verein lustig gemacht hatten, brannte bei denen der Abfallcontainer. Mehrere Mitglieder standen bei den Löscharbeiten am Zaun. So was schreckt ab. Was ein Feuer in einem Gewerbegebiet anrichten kann, können Sie sich ausmalen. Fragen Sie die anderen, ich garantiere Ihnen einen flächendeckenden Gedächtnisschwund. Bedaure, ich muss los. Es sei denn, ich kann Ihnen bei der Bank entgegenkommen.«
»Vielen Dank.«
Ob »Die Gerechten der Welt« die Sache mit der Gerechtigkeit wirklich selber in die Hand nahmen? Karin konnte es sich nicht vorstellen nach allem, was sie mittlerweile von Con wusste.
Die Recyclingfirma wirkte ein wenig marode, viele begehbare Container standen auf dem Hof, mittelgroße Transporter ohne Fenster parkten an der Hallenseite. Karin fuhr zum hinteren Teil des Gebäudes und stellte ihr Auto ab. Die gepflasterte Fläche hier wirkte aufgeräumt, und die blank geputzte Glasscheibe in der Eingangstür bot mit den simplen Buchstaben »GdW« eher den nüchternen Zutritt zu einem Gewerkschaftszentrum, wenn nicht das Wort »Glaubenszentrum« daruntergestanden hätte. Keine Öffnungs- oder Versammlungszeiten, keine Kontaktmöglichkeiten. Karin Krafft legte ihre Hand auf die Türklinke.
* * *
Die Wohnung von Holger Winter lag im Erdgeschoss eines Hinterhauses in unmittelbarer Nähe zu seiner früheren Arbeitsstelle, dem Café Winkelmann.
Tom Weber hatte zuvor die materiellen Überbleibsel eines Menschenlebens gesichtet, die in einer simplen Plastiktüte mit beschriftetem Etikett im Regal der kriminaltechnischen Untersuchungsabteilung endeten. Egal ob teurer Brillantring oder zerrissene Jeans, auf der getrocknetes Blut markante dunkle Flecken hinterließ, alles zusammen würde nach der Untersuchung auf Hinterbliebene warten oder auf festgelegte Lagerzeit im Archiv landen. Tom hatte Einweghandschuhe übergestreift und durchgeatmet. Er tat sich jedes Mal schwer, in solch einen Beutel zu greifen, das Hab und Gut eines Toten in Augenschein zu nehmen. Als Erstes schlug ihm der Geruch entgegen, Blut, Ausscheidungen, alles, was der Kleidung bis zum Zeitpunkt des Todes anhaftete, wurde mit dem Öffnen des Beutels aus dem konservierten Zustand befreit und entwich als eine für die Nase widerliche Mischung. Er arbeitete sich systematisch durch, nichts. Er blickte ins Regal und sah einen Rucksack, auf dem ebenfalls der Name Holger Winter stand. Man hatte das Gepäck aus dem Begleitfahrzeug auch hier untersucht und gelagert. In einer der Seitentaschen wurde der Kommissar fündig, nahm einen Schlüsselbund, einen Taschenkalender sowie ein Handy an sich. Den weiteren Inhalt stufte er als belanglos ein, packte alles zurück in die Behältnisse und verstaute sie wieder im Regal.
Tom Weber suchte den passenden Schlüssel, öffnete die Wohnungstür. Ihm fiel das Atmen schwer, der
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