Die Eule - Niederrhein-Krimi
war erhaben auf diesen Ring geprägt.
»Das ist Xanten im Kleinformat, hab ich ja noch nie gesehen.«
»Den hatte der Mathias von der Kleinen Schmiede im Fenster liegen, da konnte ich nicht vorbeigehen. Eine Xantener Künstlerin hat die Idee zu einem Stadtring gehabt, und er hat ihn erarbeitet. Ich habe den Namen der Frau leider vergessen, wir fragen Mathias bei Gelegenheit.«
Sie streifte ihn über und hielt sich die Hand auf Augenhöhe. »Danke. Aber verrate mir noch, womit ich ihn verdient habe.«
»Ich habe beschlossen, Jahrestag zu feiern. Du erinnerst dich an das Porträt, das allererste von mir?«
Das würde sie nie vergessen. Bei den Ermittlungen zu einem Fall mit Raubgrabungen hatte sie Maarten de Kleurtje im Archäologischen Park der Stadt kennengelernt. Er hatte sie während des Gespräches ganz nebenbei gezeichnet und ihr das Blatt mit seiner Telefonnummer zum Abschied geschenkt.
»Ich habe auch das Datum draufgeschrieben. Heute kennen wir uns fünf Jahre. Ich finde, das sollte gefeiert werden. Und da bot es sich an, dir die Stadt über den Finger zu streifen, in der wir uns begegnet sind.«
Er erntete eine heftige Umarmung.
»Und solange du auf deiner Meinung beharrst und nicht noch einmal heiraten willst, feiern wir das jedes Jahr. Es sei denn, du änderst deine …«
Sie wollte ihm antworten, als das Telefon klingelte und sie mit der Umbarmherzigkeit des Alltags aus dieser rosaroten Wolke wieder auf den Boden plumpsen ließ. Maarten schüttelte den Kopf und wandte sich an Hannah.
»Schau es dir an, deine Mutter ist im Dauereinsatz, bis sie einen Fall gelöst hat. Du wirst später nicht Kommissarin, oder? Nee, du buddelst mit mir nach alten Scherben, die können auch mal warten. Im Gegensatz zu Räubern.«
Karin kam aschfahl zurück in die Küche. Dieser ganze Morgen schien ein einziges Déjà-vu-Erlebnis zu werden.
»Du liebe Zeit, du bist ja ganz blass. Was ist passiert? Schon wieder ein Einsatz?«
»Ja, nein, es gibt schlechte Nachrichten. Das war Johanna, sie hat Besuch gehabt. Unangemeldet stand in aller Herrgottsfrühe eine Teilnehmerin aus ihrem Yogakurs vor der Tür. Sie habe mit Freude in ihrer Glaubenszentrale gehört, dass Johannas Tochter jetzt auch zu den ›Gerechten der Welt‹ käme. Und sie würde ja bei ihr wohnen, das habe Johanna ganz verschwiegen. Bei ihr wohne doch der Herr Burmeester, würde denn die Frau Kommissarin mit ihm zusammenleben?«
Zusammengesunken saß sie schlotternd in ihrem Nachthemd an diesem prachtvollen Tisch. »Mutter hat mich notgedrungen mit Nikolas verkuppelt.«
Maarten lächelte fast mitleidvoll und tätschelte ihren Arm. »Damit können wir leben, oder?«
Karin seufzte und hielt sich die Hände an die Wangen. »Wenn es nur das wäre. Als sie ging, hat sie noch gefragt, wo denn Johannas Enkelkinder wären, ob sie auch unter dem Dach leben würden.«
Jetzt sackte auch Maarten auf einen Stuhl. Sie schwiegen eine Weile, während Hannah ganz versunken die Nougatcreme von ihrer Brötchenhälfte schleckte.
»Mutter hatte im Kurs stolz von ihren Enkelkindern erzählt.«
»Jetzt mach dir nicht gleich Sorgen. Die Leute sind doch nicht als militant eingestuft. Vor dem letzten Wochenende habe ich nie von denen gehört.«
»Man hatte auch über Scientology noch nichts gehört, da hatten die schon ihre Zentralen in deutschen Großstädten eingerichtet und gingen auf Menschenfang. Maarten, ich weiß die ›Gerechten der Welt‹ ab jetzt nicht mehr einzuschätzen. Verflixt, ich wollte euch da raushalten. Das war doch ein geplanter Besuch in Bislich. Die wussten genau, dass Johanna mich umgehend informieren würde. Nenn es Machtbeweis. Wir sind überall, wo du uns nicht vermutest. Genau das wollen die mir mitteilen. Belüge uns nicht und verschweige uns nichts.«
Schweigend sahen sie zu, wie Hannahs Gesicht hinter den dunklen Schlieren der Frühstückscreme verschwand.
»Wenn es dich beruhigt, dann fahre ich eben für ein paar Tage mit Hannah nach Texel zu meinem Onkel. Der wird sich freuen, uns zu sehen.«
»Und Moritz?«
»Komm, Karin, der ist doch schon groß. Wenn wir dem die Sachlage genau erläutern, wird er auf sich aufpassen, glaub mir.«
»Nein, nein, der muss mit, dann wird er eben sein Praktikum abbrechen und in den Ferien nachholen. Ich werde mit dem Rektor sprechen.«
»Das kannst du vergessen. Er ist so begeistert von dem Betrieb, kein Argument der Welt wird ihn da vorzeitig wegkriegen. Du kannst ihn höchstens für ein paar Tage bei
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