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Die Eule - Niederrhein-Krimi

Die Eule - Niederrhein-Krimi

Titel: Die Eule - Niederrhein-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Thomas u Wirth Hesse
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unser zeitlich begrenztes Techtelmechtel muss ich ein wenig auskosten, in diese Situation komme ich nie wieder.«
    Karin erinnerte sich an das Getuschel in der Polizeibehörde, als der fürsorgliche junge Kollege während ihrer Schwangerschaft in den Fokus einiger Beamter geraten war.
    »Na, sei ehrlich. Dass ein paar Kollegen aus anderen Abteilungen immer noch glauben, du seist der Vater von Hannah, lässt deine Brust schon genügend schwellen. Werde bloß nicht übermütig.«
    Burmeester arbeitete sich durch die Landesdateien. »Keine Sorge, ich werde unser kleines Geheimnis nicht preisgeben.«
    »Wo bleiben Jerry und Tom?«
    »Die sind doch schon unterwegs, der Jerry zur Seniorenresidenz, und Tom zum Versicherungsagenten Alexander Stricker nach Winnekendonk.«
    »Was, schon unterwegs? Ich muss Tom erreichen, der soll den Stricker zur Befragung herbringen, ich will wissen, ob es eine verwandtschaftliche Verbindung zur Garowske gibt und was er mit den ›Gerechten der Welt‹ zu tun hat. Das soll er mir erklären. Hier im Vernehmungsraum, vielleicht beeindruckt ihn das.«
    Während sie telefonierte, lehnte sich Burmeester zurück und starrte aus dem Fenster in das zarte Lindgrün der Alleebäume am Ring. Karins Stimme holte ihn zurück.
    »So, er wird ihn herbringen. Was ist los mit dir?«
    »Ich will einen Durchsuchungsbeschluss für das Zentrum der GdW, es müsste doch langsam reichen, oder? Verdunklungsgefahr, Behinderung der Ermittlungen, was auch immer.«
    »Vergiss es ganz schnell, das unterschreibt der Haase nie und nimmer. Das ist doch alles viel zu dünn.«
    »Aber der Besuch bei deiner Mutter und die Mitgliederliste, die es dort geben muss …«
    »Bleib mal ganz sachlich und betrachte das Geschehen von oben: Eine Frau aus einem VHS -Kurs besucht die andere und erzählt von ihrem Wissen aus der Glaubenszentrale in Wesel. Was ist daran jetzt verdächtig? Nichts. Erst der Kontext macht es denkwürdig, mehr nicht. Nikolas Burmeester, du verrennst dich in unhaltbare Theorien.«
    Burmeester schaute schnell wieder aus dem Fenster, damit sie in seinen Augen nichts von seinem aufkeimenden Plan erkennen konnte. Er würde schon einen Weg finden, an die Listen heranzukommen. Kleiner Fotoapparat, gestochen scharfe Aufnahmen, klasse Auflösung über die Bilddatei seines Laptops, und dann würden sie schon sehen.
    * * *
    »Ich bin Christiane, Sie sind der Polizist aus dem Westen, stimmt’s? Dass ich mal der Polizei helfen würde, unglaublich. Wissen Sie, mein Umfeld hat eher mit der linken und autonomen Szene zu tun. Staatliche Aufpasser sind nicht mein Ding, wir haben als christliche Jugendgruppe in der DDR damals genug Bespitzelung erlebt. Aber in Ihrem Fall …«
    Gero von Aha blickte die nicht mehr ganz junge, die dreißig schon deutlich tangierende Studentin im lässigen wetterfesten Outfit an, deren Begrüßung offen bis spöttisch rüberkam. Sie würde mehr als seine Stadtführerin sein, sie war anscheinend die kenntnisreiche Unterstützung, die er in dieser für ihn fremden Stadt brauchte. Das spürte er sofort, und eine gewisse Vertrautheit bestimmte von Anfang an ihr Beisammensein.
    »Ich tauge nicht zum Polizeibeamten, der sich ausschließlich in Akten und Berichte vertieft. Ich finde meine eigenen Wege. Und hier brauche ich Ihre Hilfe. Ich heiße übrigens Gero …«
    »Mit Aha-Effekt hinten dran, habe ich schon gehört. Wohin soll’s denn gehen, Gero?«
    Der Kommissar blickte über den Bahnhofsvorplatz, seine Augen blieben an einer meterhohen Aufschrift auf der gegenüberliegenden Hotelfassade haften. »Willy Brandt ans Fenster« stand dort, und er erinnerte sich vage an die Zeit der geöffneten Ostpolitik, die der erst bewunderte und legendäre, dann an sich selbst gescheiterte Bundeskanzler eingeleitet hatte. Brandt war 1970 in Erfurt gewesen, hatte den damaligen Vorsitzenden des Ministerrates der DDR , Willi Stoph, getroffen. Der Bundeskanzler war zwar abgeschirmt worden, aber die Erfurter hatten sich vor dem Hotel versammelt und skandiert: »Willy ans Fenster …«
    Christiane folgte seinem Blick. »Wir waren schon immer etwas aufmüpfiger als andere, damals hatten die Staatsorgane ihre liebe Mühe mit uns linientreuen Bürgern …«
    Gero von Aha erkannte den routiniert gesetzten Anfang eines Vortrags und zog die Notbremse.
    »Interessant, das mit Willy Brandt war ein historisches Ereignis. Ich komme bestimmt noch einmal als Tourist nach Erfurt, aber jetzt geht es um andere Dinge. Ich will

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