Die Eule von Askir
in der Hand gehalten, jede einzelne der Seiten schon ein Dutzend Mal angesehen, und immer wieder fand sie etwas darin, das sie noch nicht kannte.
Es dauerte nicht lange, bis sie fand, was sie suchte, und es war auch keine Überraschung zu sehen, wer diesen Absatz geschrieben hatte. Es war ein Name, der oft in den Büchern auftauchte. Balthasar, ein genialer Geist, der mehr als jeder andere das Wesen der Magie verstand – und außerdem die Kunst beherrschte, dieses Verständnis in klaren Worten niederzuschreiben.
Mehr als andere Texte waren es seine Werke gewesen, die Desina erlaubten, nach und nach einen Zugang zur Magie zu finden.
Sie hatte recht: Hier in diesem Buch hatte sie das erste Mal von diesen Wolfsköpfen gelesen, ihre Erinnerung hatte sie nicht getrogen. Noch einmal las sie den Text sorgfältig durch und ließ dann das Buch sinken. Es erklärte so vieles. Nur eins blieb noch zu tun: Sie musste überprüfen, ob ihre Vermutung richtig war.
Sie öffnete eine Schublade und entnahm ihr die Schachtel mit dem Symbol, das sie eben im Buch gefunden hatte. Wenn man die ersten fünf Zahlen der Magie zusammenaddierte, ergab sich eine andere Zahl: 1-3-5-7-13 war zusammen neunundzwanzig.
Eine Zahl der Macht.
Wie konnte es auch anders sein, dachte Desina. Wenn es stimmte, was sie vermutete… Sie atmete tief durch, öffnete das Kästchen mit den neunundzwanzig Kristallen, von denen jeder einen eingravierten Wolfskopf trug, und trat an die Karte heran.
Sie musste lange suchen, bis sie jedes einzelne Symbol gefunden hatte. Die Karte war sehr groß, und es gab Tausende von Symbolen darauf. Erst als sie sah, wie sich ein Muster ergab, ging es schneller. Endlich waren alle Kristalle gesetzt.
Sie trat vom Tisch zurück, suchte in einer anderen Schublade nach einem bestimmten Kristall, der ebenfalls das Wolfssymbol trug, und setzte diesen in den großen gewölbten Spiegel ein, der über dem Tisch hing.
Etwas abseits vom Tisch befanden sich drei Stangen, die über Getriebe mit Kurbeln verbunden waren. Mit der einen Kurbel öffnete sie den Lichtschacht hoch über sich, mit den beiden anderen Kurbeln stellte sie den großen Spiegel auf dem Dach des Turms auf die Sonne ein, bis ein gleißend heller Strahl durch das Loch über dem gewölbten Spiegel fiel, von dem Kristall wieder zum Spiegel geworfen wurde und sich dort das größte Wunder enthüllte, das dieser Raum zu bieten hatte: eine durchscheinende, schimmernde Kugel, die in der Luft über dem Kartentisch schwebte.
Um diese Kugel herum wogte ein schillerndes Band von Farben. Wenn man genau hinsah, konnte man erkennen, dass sich das Band zu beiden Seiten des Äquators an neunundzwanzig Orten mit sich selbst verband.
Atemlos trat Desina an den Tisch heran. Zögernd entfernte sie einen der Kristalle mit der Gravur von der Karte.
Der schillernde Strom wogte und veränderte sich. Es war der falsche Kristall gewesen. Sie setzte ihn wieder ein und nahm einen anderen. Wieder wogte der Strom der Welten.
Es dauerte seine Zeit, bis sie gefunden hatte, was sie suchte. Drei Orte.
Drei Orte, an denen man, wenn man die Symbole herausnahm, den Strom der Welten auf sich selbst zurückwerfen konnte, sodass er sich einen neuen Weg suchen musste. Als damals der Weltenstrom versiegt war, kam es für die meisten Eulen überraschend und ohne Vorwarnung. Desina hatte die Tagebücher gelesen und wusste, wie verzweifelt sie damals waren und wie sie nach den Ursachen der Katastrophe geforscht hatten. Doch der eine von ihnen, der die Antwort hätte geben können, war bereits gefallen.
Wenn Balthasar noch gelebt hätte, hätte er nicht lange suchen müssen, um herauszufinden, was geschehen war. Er war es ja selbst, der diesen Strom vermessen und die Symbole sorgfältig eingetragen hatte. Sie sah von dem Buch zu der schimmernden Kugel über dem Tisch und schüttelte traurig den Kopf. So allmählich verstand sie das Ausmaß seines Genies und wie schwer sein Verlust tatsächlich wog.
Wenn man an diesen drei Stellen die Symbole herausnahm, dann zeigte sich, dass der Strom der Welten auf sich selbst zurückgeworfen wurde. Entfernte man diese drei Symbole, wurde das Gebiet des Alten Reichs nur noch schwach vom Weltenstrom berührt, dafür band er sich an anderen Orten neu, denn nach dem Gesetz der Magie ging nichts verloren.
Fast schon zögernd trat Desina an den leuchtenden Globus heran und suchte den Ort, an dem sich der Strom nun doppelt traf.
Sie fand ihn in Form einer unwichtigen kleinen
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