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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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hielt das, was so schwer zu bändigen war, in einem Gleichgewicht. Er band die Ströme an diesen Ort.
    Drei Orte. Drei Wolfstempel.
    Einer unterhalb der Nordfeste, in den fernen Kolonien.
    Ein anderer unterhalb der Zwingburg in Aldane.
    Und der letzte… hier. Der Tempel unterhalb des Eulenturms. Nur wenn auch hier der Wolfskopf entfernt wurde, dann war es möglich, den Strom der Magie in Askir so komplett versiegen zu lassen, wie es einst der Fall war.
    Jede Eule, die den ersten Grad erreichte, konnte diesen Kartenraum betreten, dieses Buch lesen und das tun, was Desina gerade tat: den Fluss des Weltenstroms studieren. Jede der Eulen von einst hatte mehr gewusst als Desina. Jede von ihnen musste also auch gewusst haben, warum das Fanal sie ereilte.
    Ein einziger Wolfskopf hatte gereicht, um den Fluss der Welten wieder fließen zu lassen. Dort in diesem fernen Tempel hatte ihn jemand wieder eingesetzt.
    Um das Schicksal der Eulen zu wenden und die Magie der alten Reichsstadt zu erhalten, hätte es nichts anderem bedurft, als den Wolfskopf wieder einzusetzen, der gestohlen worden war.
    Auch hier, im Tempel unter ihren Füßen.
    Langsam ließ sie das Buch sinken. Nicht nur dort in den fernen Kolonien war dem Alten Reich die Magie verloren gegangen, sondern auch hier in Askir.
    Jemand hatte das Alte Reich verraten und den Wolfskopf gestohlen, der zu dem Tempel unter dem Eulenturm gehörte.

 
    54
     
     
     
    »Dein Eheweib mag mich nicht«, verkündete die reich gekleidete Sera, als sie mit einem Rascheln ihrer Röcke auf den Balkon hinaustrat, der einen guten Blick über den Ständeplatz bot. Ihre makellose Schönheit, ihre schneeweiße Haut und ihr kunstvoll aufgestecktes, rabenschwarzes Haar beeindruckten die meisten Männer. Nicht aber ihren Gastgeber, der ihr nur einen kurzen Blick zuwarf, um dann wieder auf den Ständeplatz hinabzusehen, wo fieberhaft die letzten Vorbereitungen für die Eröffnungsfeierlichkeiten des Abends getroffen wurden. Schon jetzt herrschte dort unten eine ausgelassene Stimmung.
    »Du hättest nicht herkommen sollen, Asela«, sagte der hochgewachsene Mann. »Es ist kein Wunder, dass sie dich nicht mag, du legst es darauf an, sie zu reizen.«
    »Du hast sie nur nicht im Griff«, sagte Asela spöttisch und spielte mit ihrem Anhänger.
    »Lass das meine Sorge sein«, meinte der Mann leise, aber in seiner Stimme schwang ein Unterton mit, der ihr eine Warnung war. Sie schluckte. Asela war es nicht gewohnt, dass Männer sie nervös machten, doch Feltor war anders. Er sah aus, als hätte er die fünfzig Jahre knapp erreicht, und doch war sein Haar so schwarz wie das ihre, nur an den Schläfen wurde es grau. Er stand aufrecht und gerade wie ein Soldat, und wenn man genauer hinsah, erkannte man an seinen Händen die feinen Narben, die unausweichlich waren, wenn man sich mit scharfen Klingen in der Kriegskunst übte. Er war nach der neuesten Mode gekleidet, trug enge schwarze Hosen, die seine Beine vorteilhaft betonten, polierte Schaftstiefel und ein weißes Seidenhemd mit einer schwarzen, reichbestickten Weste. Sie war froh, dass er sie nicht ansah, denn seine Augen brachten immer etwas in ihr ins Wanken. Als ob er so sehr viel mehr sehen würde, als sie ihm gestatten wollte.
    Der kühle Wind vom Hafen schien ihn wenig zu stören. Sie folgte seinem Blick und sah zu, wie ein Tenetier der Bullen am Haupttor der Gildenhalle letzte Anweisungen gab.
    »Sie ahnen etwas«, stellte Feltor fest und schaute jetzt doch zu ihr herüber. »Wenn du mich schon besuchst, dann hoffe ich, dass du mir auch etwas Wichtiges zu sagen hast.«
    »Einer meiner Liebhaber«, sagte die Sera, »hat mir von der letzten Besprechung in der Zitadelle berichtet. Sie haben die richtigen Schlüsse in Bezug auf das Schiff gezogen, doch sonst tappen sie noch völlig im Dunkeln.« Sie spielte weiterhin mit ihrem Anhänger, und nun fiel sein Blick doch in das Tal ihres Busens.
    »Du bist zu angespannt, Asela«, sagte er und ließ seinen Blick über sie gleiten wie ein Händler, der überlegt, ein Pferd zu kaufen. Für einen Moment sah sie in seinen Augen etwas aufglimmen. Hastig ließ sie ihren Anhänger los und wäre beinahe zurückgewichen.
    »Ist das der einzige Grund, warum du mich belästigst, oder gibt es mehr? Du willst mir doch nicht etwa mitteilen, dass sich der Wolfskopf noch immer nicht in deinem Besitz befindet?«
    »Nein«, sagte sie. »Der Botschafter hat uns den Wolfskopf gegeben.«
    »Gut«, sagte Feltor. »Was ist mit

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