Die Eule von Askir
darin, der Tarkan schmerzte. »Also, was wollt Ihr von mir, Tarkan aus dem Land, das Elfen hasst?«
»Ich hasse sie nicht«, sagte Tarkan leise. »Ich habe nur Angst vor Wesen, die ewig leben und deren Blut mit Magie so durchtränkt ist, dass sie sogar das Land umformen, in dem sie leben.«
»Tun das Menschen nicht, wenn sie ihre Burgen und Städte bauen, Flüsse ihrer Windungen berauben und Äcker bebauen, wo einst ein Wald stand?«
Tarkan hob beschwichtigend die Hand. »Ich habe nichts gegen Elfen«, sagte er erneut. »Ich gebe nur zu, dass sie mich ängstigen. Der, den Ihr an den Lichtbrand verloren habt, war ein Elf, nicht wahr?«
Sie musterte ihn nun noch genauer, als ob sie mit ihrem Blick jede Faser seines Seins erkunden wollte. »Die Weiße Flamme duldet keine Verbindung zu einem Elfen. Unser Verbrechen war, einander zu lieben.«
Obwohl er es vermutet hatte, überraschte es Tarkan, dies von ihr zu hören. Elfen waren so selten geworden, dass viele sie für ausgestorben hielten, auch Tarkan hatte das gedacht. Bis eben.
»Also ist es kein Wunder, dass Ihr die Elfen liebt und die Menschen hasst«, bemerkte er, doch sie schüttelte den Kopf.
»Ich hasse die Menschen nicht, sonst wäre ich nicht hier. Mir geht es wie Euch, ich fürchte die Menschen und was sie mit ihrem Hass anrichten können.«
»Dann stehen wir an den Ufern desselben Flusses, nur auf unterschiedlichen Ufern«, stellte Tarkan bedauernd fest. »Dennoch, ich hoffe, dass Ihr es mir nicht persönlich nachtragt.« Er sah sich noch einmal um. »Der Kammerdiener, Jenks… Er wurde gestern Nacht hier im Hafen auf grausame und unnatürliche Weise getötet. Bei der Zitadelle erfuhr ich, dass es hier eine Maestra gibt, die den Fall untersucht. Offiziell ist es ein normaler Mord, aber ich hörte auch das Gerücht, dass sie herausgefunden hätte, ein Verfluchter der Götter sei es gewesen, der den Unglücklichen zu Tode brachte.« Er sah sie direkt an. »Alle hoffen natürlich, dass es nicht so ist.«
Die Bardin nickte. Sie schien nicht überrascht, nur betrübt, als ob sich eine Befürchtung bewahrheitet hätte.
»Ich habe auch davon gehört, ein Gerücht, das hier die Runde macht, das aber keiner glauben will. Es ist also wahr? Ein Nekromant befindet sich in der Stadt?«
»Wenn sich die Maestra nicht irrt, ja.«
»Ich habe auch gehört, dass sie sich selten irrt«, sagte die Bardin bitter. »Ich mochte Euren Jenks. Er war ein kultivierter Mann, ohne die Vorurteile, denen in Eurem Land selbst die Besten zum Opfer fallen können.«
»Könnt Ihr mir mehr über ihn sagen?«, fragte Tarkan. »Es soll Euer Schaden nicht sein.«
»Wollt Ihr mich bestechen?«, fragte sie und schien damit noch trauriger als zuvor. »Für Gold singe ich nur und spiele auf. Aber Freundschaft und Vertrauen kauft man sich damit nicht bei mir. Das will verdient sein.« Sie wandte sich ab, doch Tarkan trat schnell vor sie.
»Hört mich an«, sagte er. »Ich kenne Euch nicht… so wenig wie Ihr mich. Auch ich kann nicht zu schnell vertrauen.«
Überraschenderweise lächelte sie. »Wisst Ihr von den Seeschlangen, die es hier manchmal im Hafen gibt? Ich meine die Ungeheuer, nicht die Soldaten.«
»Nein«, fragte Tarkan überrascht. »Wieso?«
»Sie tragen mehrere Kragen, leuchtend bunt und mit langen Fasern daran. In der Nacht leuchten sie wie Laternen und locken ihre Beute an. Aber diese Fasern sind so giftig, wie sie schön sind. Wisst Ihr, wie man eine Seeschlange fängt?«
Tarkan schüttelte den Kopf. »Nein, ich weiß es nicht.«
»Sehr, sehr vorsichtig, Baronet von Freise, Sohn des Regenten von Aldane.« Sie schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln. »Heute Abend spiele ich in der Goldenen Rose auf. Ladet mich danach dort zu einem Essen mit einem guten Wein ein, vielleicht gelingt es Euch dann, meine Vorsicht etwas zu mildern.« Sie warf ihm die Goldmünze zu. »Solange… behaltet dieses Gold.«
Sie wandte sich nun endgültig von ihm ab und ging hinüber zu der Kiste, auf der sie gesessen hatte, nahm Lautenkoffer sowie ihr Rapier auf, das dort gelegen hatte. Tarkan hatte es noch gar nicht bemerkt. Sie warf ihm einen letzten Blick durch die Mähne ihres Haars zu und ging davon.
Tarkan schaute ihr nach, diesmal konnten ihn die bunten Farben des Markts nicht erheitern. Die alte Kaiserstadt erschien ihm auf einmal so kalt und kühl wie der Wind vom Hafen, der ihm durch die Beinkleider fuhr und ihn frösteln ließ.
19
Der Eulenturm stand etwas abseits
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