Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition)
Nehmerländern durch immer weniger Geberländer sollte wieder die Eigenverantwortung im Vordergrund stehen: Wer Schulden macht, soll die Haftung dafür nicht länger auf andere schieben können.
Ebendieser Schuldentransfer findet heute schon in den Ländern der Euro-Gruppe statt. Stellt man die Gruppe der Geberländer jener der Nehmerländer gegenüber, heißt das aus deutscher Sicht: Länder, denen Geld aus der Tasche gezogen wird, sind Baden-Württemberg, Bayern und Hessen, dazu Österreich, Finnland und die Niederlande – Länder, die sich deren Geld in die Tasche stopfen dürfen, sind die 13 bundesdeutschen Nehmerländer plus die anderen Euro-Gruppen-Länder, darunter die üblichen Verdächtigen Griechenland, Spanien, Portugal, die ebenfalls in deutlicher Mehrzahl sind.
Die Begriffe, die mir zu diesem System einfallen, sind »organisierte Verantwortungslosigkeit« auf Nehmerseite und »organisierte Ratlosigkeit« bei den Gebern. Sie geben ja, obwohl sie eigentlich nicht wollen. Sie geben »aus Solidarität«. Wie wenn ein Straßendieb, der einem mit vorgehaltenem Messer die Börse abnimmt, lächelnd hinzufügt: »Danke für Ihre Solidarität!« Was sogar vorkommen soll.
Eine Verbesserung immerhin wurde erreicht: Deutschland hat 2009 in seiner Verfassung eine für alle Bundesländer verbindliche »Schuldenbremse« installiert, die den Pferdefuß der Demokratie, den Diebstahl an der Zukunft, verhindern soll. Diese Schuldenbremse nach deutschem Vorbild auch in ihren Ländern einzuführen, haben 2012 der französische Staatspräsident Sarkozy und alle anderen am Fiskalpakt beteiligten Nationen versprochen. Die Schuldenbremse sollte auch in die Verfassungen aufgenommen werden, sodass nachfolgende Politikergenerationen sie nicht einfach vom Tisch wischen konnten. Dass Nicolas Sarkozy dem zustimmte, beglückte Angela Merkel so sehr, dass sie es immer wieder lobend hervorhob.
Die deutschen Journalisten, die die Freudenbotschaft im Land verbreiteten, hätten allerdings wissen müssen, dass die Schuldenbremse in der Nationalversammlung keine Chance hatte, da die Sozialisten in jedem Fall dagegen stimmen würden. Wie übrigens auch in Deutschland Teile von SPD und Grünen, dazu die Linke, die Sozialverbände und die Gewerkschaften die Schuldenbremse ablehnten – all jene also, für die Politik nur ein Synonym für Schuldenmachen ist. Ich sage, die Medien hätten es wissen müssen, denn es war kein Geheimnis, welche Machtverhältnisse im französischen Parlament herrschen.
Auch Sarkozy, den die Kanzlerin wie keinen anderen herzte, wusste natürlich, dass die französische Opposition längst ihr »ohne uns« verkündet hatte. Er unterschrieb also in der Gewissheit, keinerlei Risiko einzugehen: Da eine Verfassungsänderung einer Zweidrittelmehrheit bedarf, war seine höchstpräsidiale Unterschrift unter den Fiskalpakt, salopp gesprochen, »das Papier nicht wert, auf dem sie stand«. Die notwendige Stimmenzahl wäre selbst dann nicht zustande gekommen, wenn Sarkozy die Wahlen gewonnen hätte. Angela Merkel muss gewusst haben, welches Spiel ihr »lieber Nicolas« spielte. Sie muss gewusst haben, dass ihr Freund die Öffentlichkeit täuschte. Dennoch sang sie ihr Hosianna auf die europäische Schuldenbremse, das der Fraktionsvorsitzende der CDU / CSU , Volker Kauder, mit seinen unsterblichen Worten krönte: »Jetzt auf einmal wird in Europa Deutsch gesprochen.«
Bleibt die Frage, warum die deutschen Medien schwiegen. Dass man die Deutschen für dumm verkaufte, als man ihnen die Lüge von der französischen Schuldenbremse auftischte, hätten sie wissen müssen. Oder hat sich unsere Presse einfach dumm gestellt, um die Siegesbotschaft der Euro- und europahörigen Kanzlerin nicht mit den Misstönen der Wahrheit zu stören? Hat, wieder einmal, der gute Zweck das fragwürdige Mittel der organisierten Lüge geheiligt?
Wusste Angela Merkel, wussten die sonst so klugen Journa listen nicht, dass von allen Euro-Eändern unser Nachbar finanz politisch am gefährlichsten für uns werden kann? Ohne Schulden bremse kann Frankreich nach Belieben haushalten und sich auf Mario Draghis Wort berufen, wonach der Euro »um jeden Preis« gerettet werden muss. Das Hauptgeberland, das sich zur Schuldenbremse verpflichtet hat, darf also nur noch begrenzt Schul den machen, Frankreich dagegen, das diese nicht hat, unbegrenzt.
Im Endeffekt führt dies dazu, dass die Mittel, die Deutschland durch seine freiwillige Selbstkontrolle einspart, von den
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