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Die ewige Bibliothek

Die ewige Bibliothek

Titel: Die ewige Bibliothek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
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bekommen wird.«
    »Ich habe mich schon über den Geruch gewundert«, sagte Galen.
    Juda goss sich Kaffee nach und lehnte sich auf dem Sofa zurück. »Mich würde interessieren, woher Sie wussten, dass Arsengeschmack auf die Herkunft des Papiers schließen lässt.«
    »Nun, wenn ich Feldforschung betreibe, gibt es normalerweise Budget-Beschränkungen, an die man sich halten muss«, sagte Michael und breitete zur Erläuterung die Hände aus. Die unvermittelt hochgezogene Augenbraue des Vizerektors, der neben ihm saß, schien er nicht wahrzunehmen.
    »Ich muss also in der Lage sein, ohne teure Tests Urteile zu fällen. Eine Menge unbezahlbarer Schriftstücke sind wegen Verzögerungen bei ihrer Identifizierung Dieben und Missgeschicken zum Opfer gefallen. Und umgekehrt ist mit Hilfe universitärer Mittel eine Menge Dreck gekauft worden, den man im Staub hätte liegen lassen können, wenn einige Forscher ihn gekostet und ausgespuckt hätten. Und übrigens«, fügte er hinzu und wandte sich um, um Galen direkt anzusehen, »habe ich niemals Geld für Dreck ausgegeben.«
    Galen erwiderte seinen Blick und nickte andeutungsweise: eine respektvolle Bestätigung des unausgesprochenen Subtexts – Michael war nicht der Geldverschwender, für den viele an der Universität ihn hielten. Er wusste, dass Galen ihn als Forscher schätzte, worin auch immer ihr gemeinsames Interesse an diesem Schriftstück bestehen mochte.
    Langbein machte seine Sache gut, bemerkte Galen überrascht. Vielleicht war er seinen Preis tatsächlich wert. Er nahm sich vor, die Beurteilung des Gastprofessors für Altere Literatur und Geschichte durch den Rektor erneut anzusetzen – diese Geste würde ihm zumindest genügend Zeit verschaffen, die Ur-Edda auseinander zunehmen. Und Galen hatte zunehmend das Gefühl, dass er – von den Anmerkungen Wagners einmal abgesehen –, ohne die Hilfe des schlaksigen Professors mit dem Buch nicht sehr weit kommen werde.
    Während Galen über die merkwürdige Situation nachdachte, in die er hineingeraten war, fuhr Michael mit seiner Analyse fort. »Die meisten europäischen Bücher und Manuskripte haben nur eine Seite des Papiers verwendet. Tibetanische Blockdruck-Bücher, insbesondere die ganz alten, bestehen aus einzelnen und oft ziemlich langen Papierbögen, die auf beiden Seiten bedruckt sind…« – wie Galen und Juda sehen konnten, als Michael die erste Seite hochhob und sie links vom Stapel ablegte – »… und auf jedem Bogen steht am Rand normalerweise der abgekürzte Titel des Werks, sowie Kapitel, Band und Seitenzahl.«
    »Ich sehe nichts dergleichen auf den Bögen«, sagte Galen, der an Judas Armen vorbeispähte.
    »Das liegt vermutlich daran, dass dieser Text nicht so verfasst ist, wie die Tibetaner normalerweise geschrieben haben. Er wurde von einem Abendländer verfasst und er hat…«, er betrachtete den Text genauer, »…ja, er hat skaldische und eddische Formen vermischt, also gab es keine Richtlinien für die Blockschnitzer, nach denen sie das Werk hätten bezeichnen können. Sie wussten einfach nicht, was sie mit den Formen selbst anfangen sollten. Die Bögen werden übereinander gelegt, in ein Leinentuch gewickelt und dann fest zwischen zwei Deckel gebunden, die aus Holz gemacht sind.« Er wies erneut auf die Seiten, die auf dem Schreibtisch lagen. »Im Falle eines besonderen oder mehrbändigen Werkes wurde im allgemeinen ein Stoffstreifen, der Band und Titel anzeigte, mit einer Schutzklappe aus dekorativem Brokat in die Leinenumhüllung geschoben, so dass er locker von der schmalen Kante des Texts herabhing und dadurch eine zugängliche Katalogisierung und einfache Lagerung in Bibliotheksregalen ermöglichte.«
    Michael entfernte vorsichtig die Deckplatten und begann, das Leinen abzuwickeln. »Wie im Falle der Randnotizen, erwarte ich eigentlich nicht, etwas zu finden.« Er hielt inne und kniff leicht die Augen zusammen. »Hm«, machte er grübelnd. »Hier ist ein Titelaushänger.« Er betrachtete ihn noch einen Augenblick lang, dann weiteten sich plötzlich seine Augen und er fluchte leise vor sich hin.
    »Was ist los?«, fragte Galen.
    Michael blickte zu ihm auf und sah dann Juda an. »Haben Sie das gewusst, Juda? Was der Titelaushänger verrät?«
    Juda zuckte unverbindlich mit den Schultern. »Sie sind der Experte.«
    »Was ist?«, fragte Galen und drängte sich an Michaels Seite an den kleinen Kaffeetisch. »Was steht auf dem Aushänger?«
    »Ich bin mir nicht ganz sicher«, sagte Michael,

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