Die ewige Nacht: Die Legende von Wasgo (German Edition)
Antares auf. Ihren Sohn wollten sie noch etwas schlafen lassen. In der Zwischenzeit wollten sie für die Reise des jungen Mannes alles vorbereiten. Was sollte er mitnehmen, wie viel Proviant benötigte er? Kleidung brauchte er, aber sie wussten nicht, was sie ihm sonst noch mitgeben sollten. Wohin sollte es ihren Sohn verschlagen? Konnte er Jodaryon in den Bergen finden oder musste er das Gebirge verlassen und ihn im Flachland suchen? Jodaryon sollte in der alten Zauberschule von Bossus gefangen sein. Aber niemand wusste heute noch, wo diese alte Zauberschule war. Das wussten wohl nur noch Jodaryon und selbstverständlich Bossus.
Wohin führte ihn sein Weg? Fragen über Fragen stellten sich Antares und Luziferine.
Nun mussten sie ihren Sohn gehen lassen, er hatte eine Aufgabe zu erfüllen. Diese Aufgabe war sehr wichtig, entschied ihre Erfüllung doch über die Freiheit der Welt. Trotzdem ließen Luziferine und Antares Wasgo nicht gerne gehen. Sie fürchteten um sein Leben, ihr Junge war doch erst achtzehn Jahre alt. Überall lauerten Gefahren auf ihn. Konnte er ihnen trotzen? Luziferine packte in einen Sack, den Wasgo auf den Rücken tragen konnte, alles das ein, wovon sie überzeugt war, dass er es gebrauchen konnte. Dazu gehörten die Zauberbücher, Antares benötigte sie nicht mehr. Die Schale der Erkenntnis wickelte Luziferine in weiche Tücher ein, damit sie nicht entzwei brach, wenn Wasgo mit dem Sack einmal gegen einen Stein stieß, während er eine Hürde überwinden musste.
Es gab viele solcher Hürden. Die Wege waren teilweise verschüttet. Vor allem aber waren viele Wege, die zum Ziel führen konnten, von den Schergen des Bösen besetzt. Luziferine mochte gar nicht an all die Gefahren denken, die ihrem Jungen begegnen konnten. Als sie mit dem Packen seiner Sachen fertig war, ging sie zu Wasgo, um ihn zu wecken. Sie setzte sich zu ihm und streichelte ihm über seine Haare. Dabei dachte sie: ‚Wie schön er doch ist! Ob er sich seine Jugend bei der Erfüllung dieser anstrengenden und gefährlichen Aufgabe bewahren kann?‘
Aber dann entschied sie, dass es das Wichtigste war, dass er überleben wird. Wasgo schlug seine Augen auf und lächelte seine Mutter an. „Guten Morgen, Mutter“, sagte er.
Luziferine streichelte ihrem Sohn noch einmal über das Gesicht und antwortete dann: „Du musst aufstehen, mein Junge. Es nutzt alles nichts, wir müssen dich ziehen lassen. Große Aufgaben warten auf dich. Du musst Jodaryon suchen und finden.“
Wasgo stand auf, als sein Vater hinzu kam. „Aber wo soll ich ihn nur suchen? Mutter, Vater, habt ihr nicht einen Rat für mich? Und überhaupt, warum muss ich schon heute gehen?“, fragte er seine Eltern. Nach einer kurzen Pause gab er leise zu: „Ich fürchte mich davor zu versagen. Was soll dann nur aus der Welt werden?“
Antares konnte den Jungen verstehen. Er ging zu ihm und fasste ihn an den Schultern und sah ihm direkt in die Augen. Dann sprach er: „Junge, du bist der Sohn des Antares, des Zauberers. Du wirst nicht versagen. Du darfst nicht einmal daran denken. Gebrauche deinen Kopf, und wenn du einmal unsicher bist und nicht weiter weißt, dann hast du die Schale der Erkenntnis, die du befragen kannst. Fülle sie einfach mit Wasser und schon wird sie dir zeigen, was du wissen musst. Du hast die Zauberbücher in deinem Sack, benutze sie. Habe einfach Vertrauen zu dir und alles wird gut gehen.“
Nachdem die kleine Familie das letzte Mal gemeinsam gefrühstückt hatte, verabschiedeten sich Antares und Luziferine von ihrem Sohn. Luziferine ermahnte ihren Jungen zur Vorsicht und Wachsamkeit, wenn er auf Wanderschaft war. Überall musste der junge Mann mit den Schergen des Bösen rechnen. Wasgo beruhigte seine Mutter. Nun, als er im Begriff stand, seine Mission anzunehmen und seinen Weg zu gehen, verlor er seine Furcht, die er noch heute Morgen hatte. Er war zuversichtlich und guter Dinge. Endlich wollte er daran gehen, seine große Aufgabe zu bewältigen.
Sie umarmten und verabschiedeten sich. Noch lange Zeit standen Antares und Luziferine an ihrer Höhle und sahen ihrem Kind nach. Beide hatten sie Tränen in ihren Augen. Sie waren traurig, weil sie den geliebten Sohn gehen lassen mussten. Aber sie waren sich sicher, dass er seinen Weg gehen, und vor allem, dass er seine Eltern nicht vergessen wird.
Wasgo war schon mehrere Tage unterwegs. Keine menschliche Seele war ihm bis jetzt begegnet. Er suchte sich seinen Weg und wanderte von Tal zu
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