Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
mir Sorgen, wie es ihr geht. Weil ... ich die Jüngste bin, versteht Ihr? Sie hat mich so lange bei sich behalten, wie es ihr möglich war.«
»Doch sie wusste, dass Ihr eines Tages gehen müsst.«
»Sie hat vieles ... durchgemacht. Sie hat ihren Sohn verloren, meinen Bruder Juan, den einzigen Thronfolger. Es ist so schrecklich, einen Prinzen zu verlieren. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie schrecklich das ist. Denn nicht nur er ist verloren, sondern auch alles, was er dereinst hätte werden können: seine Zukunft als Herrscher. Seine Gemahlin ist nicht länger Königin, alles, worauf er gehofft hatte, wird niemals eintreten. Und dann traf meine Mutter der nächste Schicksalsschlag: Der nächste Thronfolger, der kleine Miguel, starb ebenfalls, im Alter von zwei Jahren. Er war alles, was uns von meiner Schwester Isabel geblieben war, doch Gott gefiel es, auch ihn von uns zu nehmen. Die arme Maria starb in der Fremde in Portugal, sie verließ Spanien, um zu heiraten, und wir haben sie nie wiedergesehen. Da war es nur natürlich, dass meine Mutter mich bei sich behielt, als Trost. Ich war ihr letztes Kind, das die Heimat verlassen sollte. Und nun weiß ich nicht, wie sie ohne mich zurechtkommt.«
Arthur legte ihr den Arm um die Schultern und zog sie an sich. »Gott wird ihr Trost und Stütze sein.«
»Sie ist bestimmt furchtbar einsam«, sagte Catalina mit zitternder Stimme.
»Gerade sie wird doch Gottes Trost verspüren?«
»Ich glaube nicht, dass sie stets bei Gott Trost findet«, entgegnete Catalina. »Ihre eigene Mutter wurde doch auch von Traurigkeit gequält. Viele Frauen meiner Familie neigen zu Schwermut und werden krank davon. Ich weiß, dass meine Mutter fürchtet, ebenso schwermütig zu werden wie meine Großmutter. Diese war eine Frau, welche die Dinge so düster sah, dass sie lieber blind sein wollte als sehend. Ich weiß, dass meine Mutter fürchtet, nie mehr aus der Schwermut auftauchen zu können. Ich weiß, wie gern sie mich um sich hatte, denn ich machte sie glücklich. Sie pflegte zu sagen, ich sei ein Kind, das zur Freude geboren sei, und sie wisse bestimmt, dass ich stets glücklich sein würde.«
»Kann denn Euer Vater ihr nicht beistehen?«
»Schon«, sagte die Prinzessin, doch ihre Stimme war von Zweifel erfüllt. »Aber er ist so oft fort. Außerdem sehne ich mich danach, bei ihr zu sein. Ihr müsst solche Gefühle doch kennen! Habt Ihr denn Eure Mutter nicht vermisst, als Ihr das erste Mal fortgeschickt wurdet? Oder Euren Vater oder Eure Schwester oder Euren Bruder?«
»Meine Schwestern vermisse ich, meinen Bruder jedoch niemals«, verkündete Arthur so entschieden, dass Catalina lachen musste.
»Warum denn nicht? Ich dachte, er wäre ein so munterer Bursche.«
»Er ist ein Prahlhans«, entgegnete Arthur gereizt. »Stets spielt er sich in den Vordergrund. Denkt doch nur an unsere Hochzeit! Er musste im Mittelpunkt stehen. Denkt doch an das Hochzeitsbankett! Er tanzte, damit alle Augen auf ihn gerichtet sind. Er zwang Margaret zum Tanz, um sich selbst glänzend in Szene zu setzen.«
»Aber nein! Euer Vater hat ihm doch zu tanzen befohlen, und er hat ihm brav willfahren. Er ist doch nur ein Junge!«
»Der schon ein Mann sein will. Er spielt den Mann und macht uns alle damit lächerlich. Und keiner gebietet ihm Einhalt! Habt Ihr nicht bemerkt, wie er Euch ansah?«
»Ich habe gar nichts gesehen«, erwiderte Catalina wahrheitsgemäß. »Die ganze Feier spielte sich für mich wie in einem Nebel ab.«
»Harry bildet sich ein, in Euch verliebt zu sein. Er träumte, er wäre der Bräutigam, der Euch zum Altar führt.«
Sie lachte herzlich. »Oh! Welch törichte Träume!«
»So war er schon immer«, berichtete Arthur empört. »Und weil er jedermanns Liebling ist, darf er sagen und tun, was er will. Ich muss das Recht und die Sprachen studieren, ich muss hier auf der Burg leben und mich auf den Thron vorbereiten - Harry aber darf in Greenwich oder Whitehall im Zentrum des Hofes leben, als wäre er ein Gesandter und nicht ein Königssohn, der strenger Zucht bedarf. Bekomme ich ein Jagdpferd geschenkt, so muss er auch eines haben - obwohl ich mich jahrelang mit einem langsamen Passgänger begnügen musste. Wenn ich den ersten Jagdfalken bekomme, muss auch Harry einen haben - statt zuerst mit einem Turmfalken und dann mit einem Hühnerhabicht zu üben. Als Nächstes wollte er meinen Lehrer haben und versuchte, mich in Gelehrsamkeit zu übertreffen. Er versucht, mich in den Schatten zu
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