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Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Titel: Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Fu
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hab gesehen, damals bei dem Picknick, dass Mimi nichts für
dich empfindet, soviel kann ich sagen, ob ich selbst schon mal verliebt war,
oder nicht, spielt dabei gar keine Rolle, nicht wahr? Und da hat’s mir leid
getan, dass ich ein bisschen die Kupplerin, Schicksal hatte spielen wollen, das
war dumm, das sollte man nie machen. Komm her, mein Kleiner, leg dein Köpfchen
wieder in meinen Schoß und ich sing dir was Hübsches.«
    » Er
hat ein feeling called the blu-ues,
Since his baby said good-bye
And I’m sure my dear young fellow
Feels like a marshmallow
Oh, she said good-bye in an ugly way
And he will feel baaad till may
    »Ihre Stimme ist
grässlich, und Ihr Song ist auch nicht besser.«, murrte Bernardo und ruckelte
seinen Kopf auf Frau Weinwurms Bein zurecht. Er betrachtete die kreiselnden
Büffel auf dem Stiefelschaft. »Sie? Sagen Sie doch mal? Waren Sie wirklich nie
mit einem Mann zusammen, nie verliebt?«
    »Kennst du die
Aga-Kröte?«
    »Was für ein Ding?«
    »Die Aga-Kröte. Das
Weibchen kann sich aufblasen, wenn ihr ein paarungswilliges Männchen auf den
Rücken gehüpft ist und sie meint, der Typ wäre nicht der Richtige. Sie pumpt
und pumpt, sie schwillt an und ist schließlich so rund und riesig, dass sich
die kurzen, mickrigen Beinchen des Männchens nicht mehr an ihrem glatten Rücken
festhalten könnten und platsch!, schon segelt er hinab zu Boden!«
    Bernardo öffnete den
Mund um etwas zu erwidern aber ihm fiel nichts ein. Irritiert und – wieso das?
– beschämt schloss er die Augen und umklammerte Frau Weinwurms Knie. Der
Whiskey hatte ihn müde gemacht, in der Hitze… nach allem, was passiert war… die
Nachtschicht konnte Piskunov sich in die öligen Haare schmieren… Mimi!
    Bernardo schnarchte
leise, ein zockelndes, unwilliges Geräusch und Frau Weinwurm blieb still
sitzen, um ihn nicht zu wecken. Sie betrachtete die Narben unter ihren
hochgekrempelten Ärmeln. Es hatte einen Mann gegeben, der sich nicht davor
geekelt hatte, aber hier saß sie unter dem Kaktus, und Daddy, kannst du es
glauben, mir fällt sein Name nicht ein!
    Frau Weinwurm nahm
den letzten Schluck aus dem Flachmann. Herbert! Herbert Matuschke!
    Sie kicherte
vergnügt. Herbert Matuschke, Bankangestellter in der Filiale, in der sie
regelmäßig ihr Gehalt vom Konto räumte, was er missbilligend zur Kenntnis nahm
und ihr mit betont langsamer Geste die Fünfziger in den Kassenschlitz
blätterte. Frau Weinwurm, denken Sie doch nur! All das Bargeld, das nicht
arbeitet! Wollen Sie es nicht doch in unserer Obhut lassen? Gut, dachte
Frau Weinwurm, dass sie diesem Rat nie gefolgt war, gut, dass sie ihm nie
gesagt hatte, dass sie es in ihrer Wohnung versteckte, er hätte einen
Schreckensschrei ausgestoßen und sicherlich danach gewühlt, um es in seine Bank
zurückzutransportieren und es dort, wie es ihrer Nachbarin in Bütte-Erkenroytz
passiert war, über die Jahre im hemmungslosen Spieltrieb der Bank zu verzocken,
so dass sie jetzt nicht gemütlich mit ihrem Indianerjungen unter dem Kaktus
sitzen könnte! Man stelle sich vor!
    Er besuchte Frau
Weinwurm dreimal die Woche, strich ihr nachts im Bett mit glänzenden Augen über
die Narben und wollte wieder und wieder hören, wie sie sich das Fleisch in Fetzen
geschnitten hatte. Wie oft? Wie lange? Wie waren die Schmerzen, wenn die
schorfige Wunde erneut aufplatzte? Und wenn er morgens die Wohnung verließ,
stellte Frau Weinwum sich ans Fenster und schaute ihm nach, wie er im
Stechschritt über die Straße marschierte ohne nach links und rechts zu sehen,
als habe er eingebaute Zebrastreifen unter seinen Sohlen, und wie er
gebieterisch seine Hand mit der Aktentasche hob, um den anfahrenden Bus, der
ihn transportieren sollte, zu stoppen. In dem Moment, in dem der Bus um die
Ecke bog, war Herbert Matuschke für Frau Weinwurm nicht mehr existent, mit Mühe
nur hätte sie sein Gesicht beschreiben können, wenn dies jemand von ihr
verlangt hätte. Für Frau Weinwurm begann Herberts Leben erst wieder, wenn er
vor ihr stand. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie sein Leben ohne sie
verlief, hatte auch kein Interesse daran, ihre verschüttete Phantasie
auszugraben und es sich von ihr wie eines von Tereses Malen-nach-Zahlen-Bilder
mechanisch ausmalen zu lassen. Eines Tages kam Herbert zu spät zu ihrer
Verabredung, und diese Unterbrechung der Routine, die Tatsache, dass er von
etwas aufgehalten wurde, was Frau Weinwurm nicht kannte, fand sie
ungeheuerlich. Sie fühlte sich bedroht von einem

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