Die Ewigen
Richtung Autobahn. Er griff nach meiner Hand und drückte sie, ich war ihm für diese mitfühlende Geste dankbar, legte seine Finger dann aber bestimmt und fest wieder um das Lenkrad: Jackson war ein exzellenter Autofahrer, aber bei dieser Geschwindigkeit war mir doch ein bisschen wohler, wenn er die Hände am Lenkrad hatte. Ich stemmte die Beine gegen den Wagenboden und hielt mich am Türgriff fest, während wir über die Bundesstraße rasten und gnadenlos alles überholten, was nicht in einer Sekunde auf den Seitenstreifen auswich, die malerische Landschaft reduzierte sich zu einem verwaschenen grünen Streifen jenseits des Fensters. Meine Gedanken wurden trotz des zusätzlichen Halts ebenso durchgeschüttelt wie ich selber. Joseph tot, Shane tödlich verletzt: Wie mochte das passiert sein? Sie wussten noch nicht, wer es gewesen war, hatte Andreas gesagt, aber war denn überhaupt etwas anderes denkbar - etwas anderes als Drake? Nein, sagte ich mir, niemand außer ihm will meinen Freunden Böses. Und an einen Zufall, an einen zufällig des Weges kommenden Mörder konnte ich nicht glauben. Shane und Joseph waren doch nur deswegen in Rom, um Drake zu bewachen, um ihn im Auge zu behalten: damit wir wussten, wo er war, damit wir wussten, wo wir ihn finden konnten, damit er uns nicht wieder so überraschen konnte. Aber selbst wenn es Drake gewesen war - warum sollte der so etwas tun, wollte der nicht mich haben, und zwar eher lebendig als tot? Gute Frage, keine Antwort. Hatten ihn die vor seinem Haus Wache haltenden Kreuzritter so genervt, so unter Druck gesetzt? War es eine simple Kurzschlussreaktion gewesen? Oder vielleicht war der Mord Teil eines Plans, Teil einer Falle, mit der er uns aus der Burg heraus und nach Rom locken wollte? Wenn ja, dann war es eine verdammt gute Falle, denn ich zweifelte nicht eine Sekunde daran, dass es das einzig Richtige war, nach Rom zu fahren, und zwar so schnell wie möglich. Halte durch, Shane, beschwor ich den freundlichen, hübschen Kreuzritter aus der Ferne, halte durch - nicht nur für dich selbst, sondern auch für Josie.
Zehn Minuten später meldete sich Peter bei Jackson: Er säße mit Lucia im Auto und wäre schon auf der Autobahn, Gerard und Ffion ebenfalls. Beide Wagen waren vor uns und warteten auf einem schmalen Nothalteplatz am Rand der Autostrada irgendwo vor Bozen, bis wir zu ihnen stießen.
Jackson hielt neben Peter an, ich ließ das Fenster herunter und bekam ein kleines Funkgerät herüber gereicht.
"Wir fahren im Abstand von etwa zwei bis drei Kilometern", sagte Jackson über mich hinweg, "das reicht uns zum Abbremsen. Wenn ihr raus gezogen werdet, bringt das so schnell wie möglich hinter euch und schließt wieder auf. Der Verkehr ist noch mäßig, Behinderungen sind bislang keine gemeldet, wir sollten ein Durchschnittstempo von hundertachtzig halten können. Dann brauchen wir etwa dreieinhalb bis vier Stunden."
Peter nickte kurz und steif, Lucia neben ihm war unter ihrem Oliventeint blass, ihre großen Augen schimmerten feucht. Jackson ließ die beiden Autos vor uns raus fahren, wir folgten ihnen und stimmten unsere Abstände über die Funkgeräte ab. Unseres hielt Jackson in der Hand, ich umklammerte mit eiskalten Händen mein Telefon und wartete verzweifelt auf neue, auf bessere Nachrichten, doch Ciaran meldete sich erst nach etwa einer halben Stunde wieder bei mir.
"Ich bin jetzt auch auf dem Weg nach Rom", sagte er, "Magnus fährt mich. Wartet nicht auf uns, es ist am Wichtigsten, dass du so schnell wie möglich zu Shane kommst. Tut mir leid, dass ich dich nicht früher angerufen habe, aber ich musste ihn in einem Krankenhaus unterbringen, wo der Arzt nicht gleich die Polizei ruft."
"Warum?", fragte ich, aber die Antwort hätte ich dann auch selber geben können, wenn ich kurz nachgedacht hätte.
"Schusswunden müssen gemeldet werden, aber das wollte ich verhindern. Josie hat gut reagiert, als sie die beiden gefunden hat: Sie hat erst Nikita und Michael angerufen, dann mich. Die beiden waren zum Glück noch in Rom, sie haben Josephs Leiche und das Auto weggebracht, dann hat Josie Shane in ein Krankenhaus gefahren, das ein ehemaliger Student von mir leitet."
Josephs Leiche wegbringen ... Ich wischte mir mit der Hand über das Gesicht, fühlte heiße Tränen in den Augen brennen. Mein Gott, die arme Josie: Sie hatte Shane sterbend aufgefunden, und als Erstes daran denken müssen, den Orden zu schützen. Wie hatte sie das ausgehalten? Hätte ich das
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