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Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Titel: Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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nutzen. Er bezog neben dem Schiebetor Stellung und schlüpfte in eine schmale Nische, in der das Zaumzeug aufbewahrt wurde.
    Die Pferde hatten sich wieder beruhigt. Sie schnaubten zwar immer noch und bewegten die Köpfe, doch widmeten sich jetzt wieder ihrem Heu. Er hörte es grollen, als sich das Schiebetor öffnete – doch es war das falsche Tor, das, durch welches er gekommen war. Hastig warf er einen Blick aus seinem Versteck, doch er sah nur einen Stallknecht, der eine Mistgabel und eine Schaufel in der Hand hatte. Er fuhr zurück und murmelte: »Mist.« Er konnte keinen Zeugen brauchen, erst recht keinen, der mit einer Mistgabel bewaffnet war und seinem Herrn wahrscheinlich zu Hilfe kommen würde.
    Doch der Blick des Stallknechtes huschte hin und her, denn er spürte sofort, dass mit den Pferden etwas nicht stimmte. Scheppernd ließ er die Schaufel fallen und kam auf Greys Ende des Stalles zu, die Mistgabel drohend erhoben.
    »Kommt schon! Zeigt Euch!«
    Ihm blieb nichts anderes übrig. Grey steckte den Dolch ein und trat in die Stallgasse.
    »Guten Morgen«, sagte er liebenswürdig. »Ist Euer Herr in der Nähe?«
    Der Stallknecht blieb stehen und starrte blinzelnd auf die scharlachrot gekleidete Erscheinung.
    »Und wer zum Teufel seid Ihr? Sir«, fügte er unsicher hinzu.
    »Ein Bekannter von Major Siverly. Grey ist mein Name«, fügte er hilfsbereit hinzu.
    Der Mann, der mittleren Alters war und einen Kopf wie eine Kanonenkugel hatte, hielt inne und blinzelte ihn argwöhnisch an. Grey fragte sich, ob er schon einmal einem Engländer begegnet war – doch das musste er ja; Edward Twelvetrees war hier zu Besuch gewesen.
    »Was haben Euer Ehren im Stall verloren, häh?« Die Mistgabel rührte sich nicht. Der Idiot hielt ihn doch wohl nicht für einen Pferdedieb?
    »Der Butler hat mir gesagt, dass Major Siverly hier ist, was sonst?« Grey verlieh seinem Ton eine ungeduldige Note, denn ihm war nur zu sehr bewusst, dass Siverly selbst jeden Moment eintreffen konnte. So viel zu seinem Hinterhalt! Er würde einfach das Beste daraus machen müssen und Siverly überreden müssen, mit ihm zum Haus zurückzugehen. Wenn sie erst außer Reichweite der Mistgabel waren …
    »Er ist nicht hier.«
    »Ja, das habe ich auch bemerkt. Ich … äh … sehe mich draußen nach ihm um.« Bevor ihn eine auf seinen Hosenboden zielende Mistgabel unsanft hinauskomplimentieren konnte, fuhr er auf dem Absatz herum und hielt raschen Schrittes auf das Tor zu. Der Stallknecht folgte ihm, jedoch langsam.
    Im Geiste verfluchte er sein Pech und überlegte sich, wie er wohl am besten mit Siverly fertigwurde – doch dies blieb ihm erspart, da kein Siverly auf den Stall zukam. Zwischen dem Stall und dem Wäldchen mit dem Sommerhaus befanden sich eine Koppel und eine größere Weide, und beide waren leer.
    Grey stieß einen Fluch aus.
    »Euer Ehren?«, sagte der Stallknecht erschrocken.
    »Sind die Pferde alle im Stall?«, wollte er wissen und wandte sich dem Stallknecht zu. Der Mann betrachtete ihn skeptisch, doch die Zacken der Mistgabel zeigten jetzt Gott sei Dank auf den Boden. Der Stallknecht kratzte sich langsam am Kopf.
    »Was sollen sie denn da? Bessie und Clover sind mit dem großen Wagen unterwegs, und die Schimmelstute und ihr Fohlen sind mit den anderen oben auf der Weide, und …«
    »Reitpferde, in Gottes Namen!«
    »Oh, Reitpferde, ja?« Der Stallknecht begann endlich zu begreifen, wie eilig er es hatte, und er runzelte die Stirn. Er schaute blinzelnd nach links, wo Grey in einiger Entfernung ein paar Pferde auf der Weide mit den Schweifen wedeln sah. »Also, da oben haben wir die vier – Richard Löwenherz und Istanbul und Marco und …«
    »Würdet Ihr mir in Gottes Namen sagen, ob irgendwelche Pferde fehlen?« Greys Eile nahm jetzt die Züge eines Alptraums an, in dem man sich durch einen Sumpf quälte, nur um in einem endlosen Labyrinth zu landen.
    »Nein, Euer Ehren.« Der Stallknecht hatte die Worte noch nicht ganz ausgesprochen, als sich Grey schon auf dem Rückweg zum Sommerhaus befand, und das alptraumhafte Gefühl wurde stärker.
    Es war nicht Siverlys Erschrecken über sein Kommen, das er auf der Treppe des Pavillons gespürt hatte. Es war drastische, akute Gefahr, das Gefühl, dass ein Unglück geschah. Er war jetzt im Laufschritt unterwegs, ohne den Ausruf des Stallknechts in seinem Rücken zu beachten.
    Er brauchte zwei große Schritte für die Treppe, roch es, bevor er es sah, das, was er zuvor schon gerochen haben

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