Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
erwiderte nichts darauf; Hal hatte Nathaniel Twelvetrees mit einer Pistole getötet; er selbst hatte erst kürzlich Edwin Nicholls mit einer Pistole getötet – obwohl das wirklich schierer Zufall gewesen war. Im Prinzip jedoch hatte Hal recht. Immer wieder kam es bei Pistolen zu Fehlzündungen, und nur die wenigsten feuerten auf mehr als sehr kurze Abstände zielgenau.
»Ich weiß nicht, wie gut er mit einem Schwert umgehen kann«, fuhr Hal stirnrunzelnd fort, »doch ich habe ja gesehen, wie er sich bewegt, und seine Reichweite ist deutlich größer als Twelvetrees’.«
»Soweit ich das weiß – nämlich einigermaßen gut –, hat er seit acht Jahren keine Waffe mehr in der Hand gehabt. Ich zweifle nicht an seinen Reflexen …«, eine flüchtige Erinnerung daran, wie ihn Fraser aufgefangen hatte, als er auf einer dunklen irischen Straße stolperte, das Geschrei der Frösche und Kröten im Ohr, »aber du bist es doch, der ständig auf mich einpredigt, wie wichtig es ist, nicht aus der Übung zu kommen, nicht wahr?«
»Ich predige nie«, sagte Hal beleidigt. Er drehte nun den Stiel des Gänseblümchens hin und her und verstreute weiße Blütenblättchen auf dem Teppich. »Wenn ich ihn gegen Twelvetrees kämpfen lasse und Twelvetrees ihn umbringt … würdest du Schwierigkeiten bekommen, da er offiziell unter deiner Obhut steht.«
Greys Bauch verkrampfte sich plötzlich. »Meinen beschädigten Ruf würde ich nicht als die schlimmste Folge einer solchen Situation betrachten«, sagte er, während er sich – nur zu lebhaft – vorstellte, wie Jamie Fraser an einem trostlosen Morgen starb und sein Blut heiß über Greys schuldige Hände strömte. Er trank einen Schluck Wein, doch er schmeckte nichts.
»Nun, ich sehe es ähnlich«, räumte Hal ein und legte die zerknickte Blume beiseite. »Es wäre mir lieber, wenn er nicht umkäme. Ich mag den Mann, auch wenn er stur und streitsüchtig ist.«
»Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass er uns einen unschätzbaren Dienst erwiesen hat«, sagte Grey hörbar gereizt. »Hast du eine Vorstellung davon, was es ihn gekostet hat, uns das zu erzählen?«
Hal sah ihn scharf an, doch dann wandte er den Blick ab und nickte.
»Ja, das habe ich«, sagte er leise. »Kennst du den Eid, den die jakobitischen Gefangenen schwören mussten – diejenigen, denen man das Leben gelassen hat?«
»Natürlich«, murmelte Grey und drehte unruhig sein Glas zwischen den Händen hin und her. Es war seine Aufgabe gewesen, den Neuzugängen in Ardsmuir diesen Eid abzunehmen.
Möge ich Frau und Kinder, Vater, Mutter und Verwandte niemals wiedersehen. Möge ich in der Schlacht als Feigling sterben und ohne christliches Begräbnis in einem fernen Land ruhen, fern von den Gräbern meiner Vorfahren und meiner Sippe …
Er konnte nur seinem Schöpfer danken, dass sich Fraser bereits seit einiger Zeit dort befand, als man ihn zum Verwalter des Gefängnisses machte. Er hatte nicht mit anhören müssen, wie Jamie diesen Eid sprach, hatte seinen Blick dabei nicht sehen müssen.
»Du hast recht«, sagte Hal. Er seufzte tief und nahm sich ein Plätzchen. »Wir sind ihm etwas schuldig. Doch falls er Twelvetrees töten sollte – es ist wohl unwahrscheinlich, vermute ich, dass es endet, wenn der Erste von ihnen blutet? Nein, natürlich nicht.« Er begann, langsam auf und ab zu schreiten, und knabberte an seinem Plätzchen.
»Wenn er Twelvetrees umbringt, werden wir einen hohen Preis dafür zahlen. Reginald Twelvetrees wird keine Ruhe finden, bis er Fraser lebenslang in den Kerker gebracht hat, wenn nicht sogar seine Hinrichtung als Mörder erwirkt hat. Und uns selbst wird es kaum besser ergehen.« Er verzog das Gesicht und strich sich die Krümel von den Fingern, während er im Geiste wohl den Skandal noch einmal durchlebte, der vor zwanzig Jahren auf sein Duell mit Nathaniel Twelvetrees gefolgt war. Diesmal würde es schlimmer sein, viel schlimmer, wenn man die Greys beschuldigte, die Kontrolle über einen Gefangenen verloren zu haben, der unter ihrer Verantwortung stand – und selbst wenn man sie nicht öffentlich beschuldigte, Fraser für ihren persönlichen Rachefeldzug benutzt zu haben, so würde man sich dies doch erzählen.
»Wir haben ihn ebenfalls benutzt. Aufs Übelste«, führte Grey diesen Gedanken fort, und wieder verzog sein Bruder das Gesicht.
»Das kommt ganz darauf an, wie man das Ergebnis betrachtet«, sagte Hal, doch in seiner Stimme klang keine Überzeugung mit.
Grey erhob sich
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