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Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Titel: Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Grey in seinen Tee.
    »Danke, Tom«, sagte er, als er seiner Stimme wieder trauen konnte. »Es wird mich sehr freuen, Euch dabeizuhaben.«
    ER WAR TATSÄCHLICH FROH , dass ihn Tom begleitete. Der junge Mann sagte nichts, da er begriff, dass Grey nicht nach Geplauder zumute war, sondern saß ihm einfach in der Kutsche gegenüber und hielt Greys besten Kavalleriesäbel sorgfältig auf dem Schoß.
    Doch er würde einen Sekundanten haben. Hal hatte Harry Quarry gebeten, sich am Ort des Geschehens mit Grey zu treffen.
    »Nicht nur zu seiner moralischen Unterstützung«, hatte Hal gesagt. »Ich möchte, dass es einen Zeugen gibt.« Seine Lippen wurden schmal. »Nur für alle Fälle.«
    Für welche Fälle?, hatte sich Grey gefragt. Für den Fall, dass Twelvetrees irgendeine Schurkerei beging? Dass plötzlich der Erzbischof von Canterbury auftauchte, weil ihn der Lärm geweckt hatte? Doch er fragte nicht nach, weil er fürchtete, dass es in dem »Fall«, an den Hal dachte, darum ging, dass jemand vor Ort war, der sich Greys letzte Worte einprägte – solange einem die Klinge nicht ins Auge oder durch den Gaumen drang, blieben einem normalerweise bis zum Verbluten noch einige Momente, in welchen man seinen Nachruf dichten oder einen elegant formulierten Abschiedsgruß an seinen Schatz senden konnte.
    Daran musste er jetzt denken und fragte sich flüchtig, was Jamie Fraser wohl tun würde, wenn er eine besonders blumenreiche Botschaft persönlicher Natur empfing, zu spät, um Grey den Hals umzudrehen. Bei diesem Gedanken musste er grinsen. Er sah Toms schockierten Gesichtsausdruck und verkniff sich das Grinsen hastig wieder, um es durch eine ernste, dem Anlass eher entsprechende Miene zu ersetzen.
    Vielleicht würde Harry ja seinen Nachruf verfassen. In Versform.
    Meister mein … Verdammt, die zweite Zeile zu diesem Paarreim war ihm nie eingefallen. Brauchte er überhaupt zwei Zeilen? Mein/sein – das reimte sich. Vielleicht waren das ja zwei Zeilen, nicht eine. Wenn er wirklich schon zwei Zeilen hatte, brauchte er eindeutig noch zwei für ein Quartett …
    Die Kutsche kam zum Stehen.
    Er trat in die frische, kühle Dämmerung hinaus, stand still und atmete, während Tom ausstieg und ihm vorsichtig das Schwert mitsamt der Scheide reichte. Zwei weitere Kutschen standen schon wartend unter den tropfnassen Bäumen; es hatte in der Nacht geregnet, obwohl sich der Himmel jetzt aufgeklart hatte.
    Das Gras wird nass sein. Rutschiger Boden .
    Kleine elektrische Blitze durchfuhren ihn und spannten seine Muskeln an. Das Gefühl erinnerte ihn – lebhaft – an sein Erlebnis mit einem Zitteraal im Jahr zuvor, und er hielt inne, um sich zu recken und die Verspannung in Brust und Armen zu lockern. Es war der verdammte Aal, der zu seinem letzten Duell geführt hatte, in dessen Verlauf Nicholls umgekommen war. Falls er Twelvetrees heute Morgen umbrachte, würde es zumindest mit Absicht geschehen …
    Nicht, falls !
    »Gehen wir«, sagte er zu Tom, und sie schritten an den anderen Kutschen vorbei und nickten den Kutschern zu, die ihren Gruß mit nüchternen Gesichtern erwiderten. Der Atem der Pferde stieg dampfend in die Luft.
    Das letzte Mal, als er hier gewesen war, hatte er seine Mutter zu einer Gartenparty begleitet.
    Mutter … Nun, Hal würde es ihr erzählen, wenn … Er schob den Gedanken beiseite. Es war nicht gut, zu viel nachzudenken.
    Die großen schmiedeeisernen Tore trugen ein Vorhängeschloss, doch die kleinere Pforte daneben stand offen. Er ging hindurch und hielt auf das offene Gelände am anderen Ende des Gartens zu. Seine Absätze hallten auf dem feuchten Pflaster wider.
    Am besten kämpfe ich auf Strümpfen , dachte er – nein, barfuß , und dann trat er durch einen Rosenbogen ins Freie. Twelvetrees stand auf der anderen Seite unter einem Baum voller weißer Blüten. Grey stellte mit Interesse – und Erleichterung – fest, dass sich Reginald Twelvetrees nicht bei seinem Bruder befand. Er erkannte Joseph Honey, einen Lancierhauptmann, der offensichtlich Twelvetrees’ Sekundant war. Ein weiterer Mann drehte ihm den Rücken zu, doch seiner Kleidung – und der Truhe zu seinen Füßen – nach schien es ein Arzt zu sein. Anscheinend plante Twelvetrees zu überleben, selbst wenn er verletzt wurde.
    Nun ja, kein Wunder, oder? , dachte er beinahe geistesabwesend. Er hatte bereits begonnen, sich aus dem Reich der bewussten Gedanken zurückzuziehen, und sein Körper entspannte sich und überließ sich der Lust auf den Kampf.

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