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Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Titel: Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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in dem man ihm den Brief übergab. Dennoch drängte er die Kutsche mit schierer Willenkraft weiter und betrat das Haus in der Civet Cat Alley atemlos und mit hämmerndem Herzen. Im ersten Zimmer, in das er kam, packte er eine junge Frau mit einem Baby auf dem Arm und verlangte, Tobias Quinns Aufenthaltsort zu erfahren.
    »Oben«, sagte sie beleidigt, aber auch eingeschüchtert durch seine Körpergröße und sein heftiges Auftreten. »Dritte Etage hinten. Was wollt Ihr denn von ihm?«, rief sie ihm nach, doch er donnerte bereits die Treppe hinauf, dem entgegen, wovon er wusste, dass es ihn erwartete. Er überließ es Grey, sich mit der wachsenden Menge neugieriger, halb feindseliger Iren zu befassen, die der Kutsche durch die Straßen gefolgt waren.
    Die Tür war nicht verschlossen, das Zimmer aufgeräumt und friedlich, bis auf das Blut.
    Quinn hatte sich auf sein Bett gelegt, vollständig bekleidet bis auf seinen Rock, der mit der karierten Seide nach außen ordentlich zusammengefaltet am Fußende des Bettes lag. Er hatte sich nicht die Kehle durchgeschnitten, sondern sorgfältig seine Manschette zurückgeschlagen und sich das Handgelenk geöffnet, das über dem Cupán baumelte, der darunter auf dem Boden stand. Der Kelch war übergelaufen, und das Blut war über den leicht schrägen Fußboden fast bis zur Tür gelaufen wie ein roter Teppich, den man für einen König ausrollte. Und so sauber, wie man es konnte, wenn man den Finger in sein eigenes Blut tauchte, hatte er das Wort » TEIND « an die Wand über seinem schäbigen Lager geschrieben. Eine Zinsschuld gegenüber der Hölle.
    Jamie stand da und versuchte, die Luft anzuhalten, obwohl ihm fast die Brust platzte vor Atemnot.
    »Möge Gott seiner Seele gnädig sein«, sagte Greys Stimme leise hinter ihm. »Ist er das? Der Kelch?«
    Jamie nickte, denn das Übermaß an Schmerz und Schuld, das ihn erfüllte, hinderte ihn am Sprechen. Grey war an seine Seite getreten, um sich umzusehen. Er schüttelte den Kopf und seufzte leise. »Ich hole Tom Byrd«, sagte er und ließ Jamie allein.

37
    Der einzige Zeuge
    INCHCLERAUN
    NATÜRLICH KONNTE QUINN NICHT in geweihter Erde zur Ruhe gebettet werden. Dennoch hatte Abt Michael ihm für das Begräbnis die Hilfe einiger Brüder angeboten. Jamie lehnte dieses Angebot ab – auch wenn er dafür dankbar war –, und legte den Holzsarg auf die Rutsche, die die Mönche benutzten, um den Torf aus dem Moor abzutransportieren. Damit überquerte er den Sumpf, ein Seil um die Schulter gelegt, während seine Bürde abwechselnd hinter ihm herrumpelte oder -schwamm.
    Als sie das kleine Felsenhügelchen in der Mitte des Sumpfes erreicht hatten, griff er nach dem Holzspaten, den ihm Bruder Ambrose mitgegeben hatte, und begann zu graben.
    Der einzige Zeuge, der einzige Trauernde. Er hatte den Brüdern Grey gesagt, dass er allein nach Irland reisen würde, um Quinn zu begraben. Sie hatten sich gegenseitig mit Gesichtern angesehen, aus denen ein und derselbe Gedanke sprach, und weder Einwände geäußert noch Bedingungen gestellt. Sie wussten ja, dass er zurückkommen würde.
    Er war nicht der Einzige, der den Toten zu Gesicht bekommen hatte, doch er wusste, dass er der einzige echte Zeuge seines Todes war. Der Himmel wusste, dass er diesen Tod so gut verstand, wie kaum ein anderer es konnte. Dass er wusste, was es bedeutete, den Sinn seines Lebens verloren zu haben. Hätte ihn Gott nicht durch die Bande von Fleisch und Blut an die Erde gefesselt, hätte auch er nur zu gut ein solches Ende finden können – könnte es immer noch finden, wenn genau diese Bande nicht mehr wären.
    Der Boden war steinig und fest, dies aber nur ein paar Zentimeter tief. Darunter befand sich weicher, torfiger Lehmboden, und das Grab öffnete sich ohne Schwierigkeiten und wurde im Rhythmus seiner Schaufel immer tiefer.
    Teind . Wer von ihnen war es, der diesen Preis für die Schuld gegenüber der Hölle zahlen sollte? Quinn oder er? Er ging davon aus, dass Quinn sich selbst meinte, denn als Selbstmörder musste er ja damit rechnen, in die Hölle zu kommen. Doch ein Gedanke ließ ihm keine Ruhe: Warum hatte er das Wort mit seinem Blut an die Wand geschrieben? War es ein Geständnis … oder eine Anklage? Hätte Quinn gewusst, was Jamie getan hatte, hätte er doch gewiss » Fealltóir« geschrieben. Verräter. Und doch war der Mann Ire und hatte daher einen Hang zum Poetischen. » Teind « war ein Wort, das um einiges schwerer wog als » Fealltóir «.
    Der Tag war

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