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Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Titel: Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Wimpern, bevor er den Kopf wieder senkte und ein paar verstreute Haferkörner vom Boden aufknabberte.
    Dunsany kämpfte mit dem Riegel, und Jamie streckte hastig die Hand aus, um die Tür zu öffnen. Das Pferd hatte nichts dagegen, dass sie zu ihm in die Box kamen, und verlagerte sich nur schweifwedelnd ein wenig zur Seite.
    »Also, du darfst nie hinter ein Pferd gehen«, sagte Jamie zu William. »Wenn du es erschreckst, kann es sein, dass es dich tritt, aye?« Das Haar des kleinen Jungen kringelte sich auf dem Scheitel zu einem Wirbel. Er nickte ernst, doch dann wand er sich, weil er auf den Boden wollte.
    Jamie sah Dunsany an, der nickte. Also stellte er William vorsichtig auf den Boden, bereit, ihn sofort wieder an sich zu reißen, falls er kreischte oder Lärm machte. Doch William stand stocksteif da, den Mund leicht geöffnet, und sah fasziniert zu, wie der riesige Kopf näher kam und die weichen Lippen die Körner auflasen … und mit einem sehr seltsamen Gefühl der Orientierungslosigkeit spürte sich Jamie plötzlich selbst auf dem Boden eines Stalles stehen und hörte das tiefe, breiige Knirschen eines kauenden Pferdes direkt neben sich, sah die großen, glänzenden Hufe und roch Heu und Hafer und den herrlichen, durchdringenden Geruch des warmen Pferdefells. Er hatte jemanden hinter sich gespürt, war sich bewusst gewesen, dass dort kräftige Männerbeine in Wollstrümpfen standen, und hörte, wie sein Vater lachte und etwas sagte, doch das Einzige, wofür er Augen hatte, war das Pferd, dieses gewaltige, schöne, sanfte Geschöpf, so erstaunlich, dass er es am liebsten umarmt hatte.
    William umarmte es tatsächlich. Verzaubert trippelte er vorwärts und umarmte Philemons Kopf, ein Akt seliger Liebe. Die Augen des Pferdes weiteten sich überrascht unter den langen Wimpern, und es atmete aus, so dass sein Atem dem Kind durch die Kleider fuhr, tat sonst aber nichts, außer ein wenig mit dem Kopf zu nicken, so dass Willie ein paar Zentimeter in die Luft gehoben wurde, weil er nicht losließ, um ihn gleich darauf sanft abzusetzen und weiterzufressen.
    Willie lachte, ein Kichern des reinsten Entzückens, und Jamie und Lord Dunsany sahen einander an und lächelten, dann wandten sie die Blicke ab, beide verlegen.
    Später sah Jamie ihnen nach. William bestand darauf, selbst zu laufen, und sein Großvater hinkte der kräftigen kleinen Gestalt hinterher wie ein betagter schwarzer Kranich, der sich schwer auf seine Krücke stützte – beide vom blassen Gold der sanften Frühlingssonne umspielt.
    Weiß Dunsany Bescheid ?, fragte er sich. Er war sich fast sicher, dass Lady Isobel es wusste. Betty sehr wahrscheinlich. Falls Lady Dunsany es jedoch wusste, behielt sie es für sich, und er bezweifelte, dass sie es ihrem Mann erzählen würde, weil sie ihn nicht schockieren oder schmerzen wollte.
    Dennoch, der alte Herr ist kein Dummkopf . Und Dunsany war dabei gewesen, in jenem Salon in Ellesmere am Tag nach der Geburt seines Enkelsohns und dem Tod seiner Tochter, als Genevas Ehemann, der alte Graf von Ellesmere, getobt hatte, das Kind sei ein Bastard – und Geneva Dunsany eine Hure –, und gedroht hatte, den kleinen William zehn Meter tief aus dem Fenster auf das Pflaster zu werfen.
    Jamie hatte Jeffries – dem Kutscher, den man gemeinsam mit Jamie gerufen hatte, um zu helfen, den Grafen zur Ruhe zu bringen – eine geladene Pistole abgenommen und Ellesmere erschossen. Aye, nun ja. Das hat den alten Verbrecher zur Ruhe gebracht, möge er in der Hölle schmoren .
    Kein Wort war Jamie gegenüber gefallen. Kein einziges. Als Jamie nach der Explosion zitternd auf dem Kaminläufer gestanden hatte, das gerettete Kind in seinen Armen – sein Schuss war durch die Wickeltücher des Babys gedrungen und hatte William um Haaresbreite verfehlt –, hatte sich Lord Dunsany in aller Ruhe über Ellesmere gebeugt und ihm seine Finger an den schlaffen, fleischigen Hals gehalten. Dann war er zufrieden zu Jamie getreten, hatte ihm den Jungen aus den Armen genommen und Jeffries angewiesen, mit Jamie in die Küche zu gehen und ihm ein Glas Brandy zu besorgen.
    Mit dem erschütternd typischen Pragmatismus der Engländer hatte Lord Dunsany dem örtlichen Leichenbeschauer mitteilen lassen, dass Lord Ellesmere das Opfer eines tragischen Unfalls geworden war, und Jeffries hatte dies als Zeuge bestätigt. Jamies Name war nicht gefallen, und niemand hatte ihn um seine Aussage gebeten. Ein paar Tage später hatte man den alten Grafen und seine

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