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Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Bostwick
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aus dem Schaukelstuhl bequemen.«
    »Howard ist toll«, flüsterte ich.
    »Ja, das ist er. Bei seiner Geburt sagte der Arzt zu mir, dass mein Sohn nie in der Lage sein würde zu lesen oder sich die Schuhe zu binden, und sieh ihn dir jetzt an – er wird bald ein Fernsehstar sein, und ich auch. Und du weißt ja, ohne Howard wäre das nie geschehen. Wenn er nicht die Farben und Stoffe aussuchen würde, würde ich mein Leben lang die akkuratesten, aber hässlichsten Quilts von ganz Texas nähen.«
    Sie grinste. »Und das Beste daran ist, dass Howard kein bisschen nervös ist. Es kommt mir so vor, als hätte er es schon immer gewusst und nur darauf gewartet, dass wir Übrigen endlich aufwachen und merken, wie der Hase läuft.« Mary Dell lachte, und ich stimmte ein. Als ich das heisere Geräusch hörte, das aus meiner Kehle drang, fiel mir auf, wie lange ich schon nicht mehr gelacht hatte.
    »Weißt du, vielleicht wäre es ja schön gewesen, einen Präsidenten zum Sohn zu haben und dazu eine perfekte Familie und einen Ehemann an meiner Seite, während unser Kind heranwuchs und ich älter wurde.« Sie zuckte die Achseln. »Na ja, aber so ist es schließlich vielen Leuten ergangen. Manche sind ganz glücklich damit, andere nicht. Ich habe mich oft darüber gewundert, doch dann habe ich es aufgegeben. Auf manche Fragen gibt es eben keine Antwort.«
    Sie ging zur Tür und nahm den weißen Frotteebademantel vom Haken.
    »Wenn es nach uns beiden ginge, würden wir es so einrichten, dass es ein Leben auf Garantie gibt. Aber es geht nun einmal nicht nach uns, und das ist wahrscheinlich auch besser so. Mein Leben ist vielleicht nicht so verlaufen, wie ich es geplant hatte, aber ich kann dir ehrlich sagen, wenn ich mein Leben gegen dasjenige eintauschen könnte, das ich mir einmal erträumt habe, dann würde ich es nicht tun. Doch das hätte ich nie erkannt, wenn ich damals mit dem Hintern auf diesem Schaukelstuhl sitzen geblieben wäre.«
    Sie trat hinter mich und hielt den Bademantel so, dass ich mit den Armen hineinschlüpfen konnte, dann ging sie um mich herum und band mir den Gürtel um die Taille. Als sie fertig war, strahlte sie mich mit ihrem breiten Mary-Dell-Lächeln an: große weiße Zähne, umrahmt von knallrotem Lippenstift. »Wie meine alte Oma immer zu sagen pflegte: ›Wenn deine Träume zu Staub zerfallen, ist es vielleicht Zeit zum Staubsaugen‹.«
    Lachend und weinend zugleich legte ich meiner Freundin den Arm um die Taille, und gemeinsam verließen wir das Schlafzimmer.

32
    Abigail Burgess Wynne
    Ich stand in meinem Ankleidezimmer und überlegte, worin ich seriöser wirkte – in der Kamelhaarjacke oder dem Blazer mit dem Hahnentrittmuster. Plötzlich hielt ich inne und dachte daran, wie viel in einem Jahr geschehen kann.
    Dreizehn Monate waren vergangen, seit Richter Gulden mir meinen unerwünschten und unfreiwilligen Gast aufgehalst hatte. Wie viel hatte sich seither für mich und Liza verändert. Wir waren beide nicht mehr dieselben Menschen. Als wollte sie meine Gedanken bestätigen, trat Liza ein, bekleidet mit einem marineblauen Wickelkleid. Dazu trug sie eine klobige Halskette aus kobaltblauen und silbernen Perlen, hochhackige Schuhe mit schmalen Knöchelriemchen, die zu einer Schleife gebunden waren, und – Wunder über Wunder! – Nylonstrümpfe.
    »Wie sehe ich aus?«, fragte sie und wirbelte im Kreis herum, dass ihr Rock nur so flog. »Bekehrt? Resozialisiert? Bereit, wieder in die Gesellschaft eingegliedert zu werden?«
    Einen Augenblick lang stand ich angesichts dieser Wandlung sprachlos da. Dabei kam mir ein längst vergangener Tag in den Sinn, als ein Paar Absätze die Treppe hinunterklapperten und Susan sich atemlos vor Aufregung und mit leuchtenden Augen im Kreis drehte, um ihr neues Partykleid vorzuführen und zu fragen, wie sie darin aussähe. Lizas Gesicht und ihre Stimme erinnerten mich sehr an sie.
    »Du bist wunderschön«, sagte ich. Und das stimmte auch.
    Liza lächelte. »Ich habe es in der neuen Boutique entdeckt, die um die Ecke vom Grill aufgemacht hat. Ich dachte, ich sollte mich für Richter Gulden ein bisschen aufbrezeln.«
    »Gute Idee.«
    »Das ist der letzte Schrei«, erklärte Liza und strich mit den Händen ihren Jerseyrock über den Hüften glatt. »Schlicht, bequem und modern.«
    »Wundervoll«, murmelte ich und entschied, ihr nicht zu verraten, dass Diane von Fürstenberg praktisch die gleichen Worte gebraucht hatte, als sie im Jahre 1973 der Modewelt ihr Wickelkleid

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