Die Fäden des Schicksals
gründlicher Sie vorbereitet sind und je besser Ihr soziales Netz funktioniert, desto leichter wird es für Sie. Wenn Gott Ihnen drei hilfreiche Engel zur Seite gestellt hat, dann wehren Sie sich nicht dagegen. Gerade jetzt können Sie jede Hilfe gebrauchen, denn es wird nicht leicht werden.«
Einen Monat später fühlte ich mich wieder einigermaßen als Herrin meines Geschicks und wartete ungeduldig darauf, dass die zwei Wochen bis zur geplanten OP vergingen. Dann hätte ich es endlich hinter mir und könnte mein normales Leben wieder aufnehmen.
In den Wochen, seit ich Margot, Liza und Abigail kennengelernt hatte, hatten sich die Bäume bunt gefärbt und schließlich ihr Laub verloren. In New Bern war der Strom der Touristen zu einem Rinnsal geworden, das schließlich, als es draußen kälter wurde, gänzlich versiegte.
Ich aß, schlief, machte meine Besorgungen, putzte das Haus, bezahlte die Rechnungen, ging zur Arbeit und gab Kurse – ebenso wie zuvor. Ob mit oder ohne Krebs, das Leben geht weiter. Ein paarmal vergaß ich für einige Minuten oder gar eine ganze Stunde vollkommen, dass ich Krebs hatte. Doch dann machte jemand eine Bemerkung oder verkniff sie sich, oder im täglichen Getriebe wurde es für einen Augenblick ganz still, und dann fiel mir wieder ein, dass mein Körper mich verraten hatte. Irgendwo in meinen Brüsten, die ich als Mädchen mit so viel Ungeduld und Stolz hatte wachsen sehen, die später mein Mann mit Blicken und Händen liebkost hatte und die meinen kleinen Sohn genährt hatten, wuchs langsam und im Geheimen etwas heran, das mich umbringen würde, wenn man nichts dagegen unternahm.
Zuweilen war mir dieser Gedanke fast unerträglich, und wenn es Margot, Liza und Abigail nicht gegeben hätte, wäre ich wirklich nicht damit fertig geworden. Vielleicht war es tatsächlich so, wie Dr. Finney gesagt hatte, und Gott hatte mir drei Engel gesandt. Ich wusste es zwar nicht mit Bestimmtheit, hielt es aber durchaus für möglich. Was hätte ich ohne die drei bloß anfangen sollen? Das wollte ich mir lieber gar nicht ausmalen.
Das soll nicht heißen, dass alles in bester Ordnung gewesen wäre, seit die drei Engel in mein Leben getreten waren. So war es keineswegs, doch ohne sie hätte ich vermutlich nicht nur mein Geschäft, sondern auch den Verstand verloren.
Was Margot betraf, so konnte man sie wirklich nur als Engel bezeichnen. Sie war so lieb, unendlich optimistisch und hilfsbereit. Und obendrein erwies sie sich als Marketing-Genie. So hatte sie nicht nur meine Bücher auf Vordermann gebracht und die Inventur erledigt, auch ihre Idee, den Artikel in weiteren Zeitungen zu veröffentlichen und eine Website zu erstellen, hatten zu einer Belebung des Geschäfts geführt. Sie trug ihre Religiosität nicht offen zur Schau, doch ich wusste, dass der Glaube ein fester Bestandteil ihres Lebens war und dass sie für mich betete, was ich sehr tröstlich fand. Ja, Margot hatte wirklich etwas Engelhaftes.
Abigail dagegen hätte es sich entschieden verbeten, als Engel bezeichnet zu werden. Harfespielen und Engelsflügelchen waren nicht ihr Ding. Und doch war auch sie in meinen Augen ein Engel, ebenso wie Liza. Sie mochten es ja ausgezeichnet verbergen, doch der Effekt war der gleiche. Sie waren da, wann immer ich mich verzweifelt nach einem Funken Hoffnung sehnte, und halfen mir, jede mit ihren ganz besonderen Fähigkeiten.
Liza war schweigsam und sprach anfangs kaum mit mir. Ich war erstaunt, als ich feststellte, dass sie trotz ihres schrägen Gruftie-Outfits in Wahrheit schüchtern war und wenig Selbstvertrauen hatte. Doch in anderer Hinsicht hatte ich mich nicht in ihr getäuscht: Sie besaß einen ausgeprägten Sinn für die Macht der Farben und eine feinsinnige künstlerische Ader. Mit unfehlbarem Instinkt konnte sie Farben und Stoffe so zusammenstellen, dass sie die bestmögliche Wirkung erzielten. Als sie an jenem Montag kam, um mir bei der Inventur zu helfen, fragte sie mich zaghaft, ob sie einige meiner Auslagen neu arrangieren dürfte. Nachdem ich zugestimmt hatte, rückte sie zunächst meine Kollektion von Batikstoffen in den vorderen Bereich des Ladens und ordnete sie vor dem Hintergrund einiger Seegrasmatten und großer Plastikgläser an, in die sie Rollen bunter Batikstoffe zusammen mit leuchtend blauen Strohhalmen und Papier-schirmen stellte. Das Ganze erinnerte mich an ein Picknick auf einem tropischen Eiland. Es war einfach entzückend! Zu allem Überfluss verriet mir das neue
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