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Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Bostwick
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jenem Abend ihre Aufgaben zugewiesen bekam, schien sie mir nicht gerade begeistert darüber, dass sie jetzt zu Margots Truppe gehörte. Ich fragte mich sogar flüchtig, ob ich sie jemals wiedersehen würde. Doch auf ihr Wort konnte man sich verlassen, und dass sie in New Bern über beträchtlichen Einfluss verfügte, stand ganz außer Frage.
    Als Abigail Burgess Wynne am folgenden Tag in der öffentlichen Bibliothek auftauchte, um nach Informationen über Brustkrebs zu suchen, schlugen die Angestellten vermutlich die Hacken zusammen und salutierten. Am Nachmittag kam sie in den Laden und brachte stapelweise Informationsmaterial mit, alles sorgfältig geordnet und an den wichtigen Stellen mit gelbem Marker gekennzeichnet. Ich las alles durch. Dadurch änderte sich nichts an meiner Situation, denn ein Wundermittel gegen Krebs hatten auch diese Artikel nicht zu bieten. Trotzdem fühlte ich mich danach ein bisschen weniger hilflos. Das Gelesene diente mir als Grundlage für eine Liste mit Fragen, die ich den Krebsspezialisten stellen wollte, bei denen ich – wiederum dank Abigails Einfluss – durchweg innerhalb der folgenden zwei Wochen einen Termin bekommen hatte. Das war umso bemerkenswerter, als der Chirurg, an den mich Dr. Thayer überwiesen hatte, frühestens in sechs Wochen Zeit für mich hatte.
    Zehn Tage später saß ich im Wartezimmer von Dr. Deanna Finney, die als Dritte und Letzte auf Margots Ärzteliste stand. Liza kümmerte sich um den Laden, und Margot hatte mich chauffiert. Ich hatte ihr gesagt, dass es nicht nötig sei, doch sie hatte darauf bestanden. Angeblich wollte sie zu einem Antiquitätengeschäft, das gleich um die Ecke der Praxis lag.
    Nach meinen Gesprächen mit den beiden anderen Chirurgen, überaus fähigen und empfehlenswerten Fachärzten, war mir die Prozedur bereits vertraut – Minuten voller Nervosität, in denen ich vorgab, eine Zeitschrift zu lesen, bis die Helferin mich in ein kaltes, weißes, chromblitzendes Untersuchungszimmer führte. Dann weiteres nervenzermürbendes Warten in völliger Stille, bis der hervorragende, wenn auch gestresste Chirurg erschien. Ich stellte ihm die Fragen auf meiner Liste und bemühte mich, aus den Antworten des Arztes schlau zu werden. Schließlich ein kurzer Handschlag, und der Doktor war auf dem Weg zum nächsten Patienten.
    Umso überraschter war ich, als jetzt die Tür zum Wartezimmer aufging und eine zierliche Frau mit kurzen, stacheligen Haaren und einem warmherzigen Lächeln durch den Raum auf mich zukam. »Evelyn? Ich bin Dr. Finney«, sagte sie, schüttelte Margot und mir die Hand und fügte hinzu: »Freut mich, Sie beide kennenzulernen. Sollen wir uns in meinem Büro unterhalten? Möchten Sie, dass Margot mitkommt?«
    Margot, die spürte, dass ich unter vier Augen mit der Ärztin sprechen wollte, erklärte, sie wolle rasch zu dem Antiquitätengeschäft um die Ecke gehen.
    »Gut. Kommen Sie in ungefähr einer Dreiviertelstunde wieder. Bis dahin müssten wir eigentlich fertig sein; länger als eine Stunde werden wir auf keinen Fall brauchen. Dann kommt nämlich mein nächster Patient.«
    Wieder war ich erstaunt. »Sie nehmen sich eine ganze Stunde Zeit für mich?«
    Die Ärztin lächelte. »Beim ersten Gespräch gebe ich der Patientin gern viel Zeit. Sie haben bestimmt eine Menge Fragen.«
    Sie führte mich in einen Raum, der mehr an ein gemütliches Wohnzimmer als an ein Sprechzimmer erinnerte. Das einzige Büromöbelstück war ein Schreibtisch an der Wand, doch den meisten Platz beanspruchten vier mit salbeigrünem Chenille bezogene Sessel, die um einen antiken Couchtisch aus Eiche gruppiert waren. Unter dem Fenster befand sich ein Eichensideboard, auf dem ein fast erblühter Weihnachtskaktus und ein weißes Keramik-Teeservice standen. Nachdem sie mich gebeten hatte, es mir bequem zu machen, ging die Ärztin zum Sideboard und kochte Tee. »Ich habe nur Kamille. Hoffentlich mögen Sie das. Ich versuche, meinen Kaffeekonsum einzuschränken.«
    »Ja gern, vielen Dank.« Als ich mich auf einem Sessel niederließ, bemerkte ich, dass zwei Wände mit SchwarzWeiß-Fotos von Frauen bedeckt waren. Einige der Frauen lächelten, andere blickten ernst, doch alle waren sie schön. »Wer ist das da auf den Bildern, Ihre Patientinnen?«
    »Ja«, antwortete sie und stellte zwei Tassen Tee auf den Tisch. »Das sind meine Patientinnen. Natürlich nicht alle. Nur diejenigen, die bereit waren, sich fotografieren zu lassen.«
    Ohne nachzudenken, platzte ich

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