Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Bostwick
Vom Netzwerk:
beschäftigt, dass ich gar nicht … Das war ein Fehler von mir. Na gut, es ist niemals zu spät. Von jetzt an sind die Lagebesprechungen passé!«
    Liza blickte mich ein wenig verdutzt an. Ganz unbeabsichtigt hatte sie mich auf eine Idee gebracht, wie ich mir meinen größten Wunsch erfüllen konnte – nämlich mich bei meinen drei Engeln zu revanchieren. »Was meinen Sie damit?«, fragte Liza.
    »Wir gründen eine Quiltrunde, das meine ich damit! Nur Sie, Margot, Abigail und ich. Nächsten Freitagabend werden nicht Sie drei mir helfen, sondern ich werde stattdessen etwas für Sie tun – ich werde Ihnen dabei helfen, sich einen eigenen Quilt zu nähen! Aber verraten Sie den anderen nichts. Es soll eine Überraschung sein.«

15
    Abigail Burgess Wynne
    Bist du immer noch nicht fertig?« Ich fuhr zusammen, als plötzlich Lizas mürrisches Gesicht in meinem Ankleidespiegel auftauchte.
    »Das siehst du doch.«
    Ich hielt meine aufgeknöpfte Seidenbluse über der Brust zusammen. Auf dem Toilettentisch lagen drei Oberteile, zwischen denen ich mich nicht entscheiden konnte. »Hast du nicht gelernt anzuklopfen?«
    Sie ignorierte meine Frage. »Evelyn hat gesagt, wir sollen pünktlich sein. Heute Abend haben wir viel zu tun.«
    »Ach ja? Hat sie das gesagt?«, knurrte ich. »Siehst du, das hat man davon, wenn man Fremden hilft. Man tut ihnen ein-, zweimal einen Gefallen, und schon denken sie, sie hätten ein Anrecht darauf. Mich hat keiner gefragt, ob ich Lust habe, jeden geschlagenen Freitag in Evelyn Dixons Wohnung herumzusitzen und darüber zu debattieren, wie viel sie für Nähgarn verlangen sollte. Ich weiß etwas Besseres mit meiner Zeit anzufangen.«
    »Zum Beispiel?« Mit finsterem Blick wartete Liza auf eine Antwort, doch dazu ließ ich mich nicht herab.
    Schließlich sagte sie seufzend: »Jetzt beeil dich, ja? Für eine Bluse ist es sowieso zu kalt. Warum nimmst du nicht den türkisfarbenen Pullover, den du letzte Woche anhattest? Der stand dir wirklich gut.«
    War das etwa ein Kompliment? Von Liza? Ich war überrascht, und – ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen – sie auch.
    »Mach jetzt«, sagte sie in ihrem üblichen ungeduldigen Ton. »Wir sehen uns dann dort.«
    Als sie fort war, wandte ich mich wieder der ungelösten Kleiderfrage zu und beschloss schließlich, Lizas Rat zu befolgen. Der Pullover war wirklich hübsch und bequem obendrein. Eine angenehme Abwechslung nach einem ganzen Tag in Kostüm und hohen Schuhen, den ich auf einer Vorstandssitzung des Frauenhauses verbracht hatte, um Ted Carneys endlosem Geschwafel darüber zu lauschen, wie unerlässlich strengere Aufnahmekriterien seien.
    Liza war immer so wertend, dachte ich, als ich aus meinen Pumps stieg und sie mit den Automokassins aus weichem Leder vertauschte. »Zum Beispiel?«, hatte sie sich spöttisch danach erkundigt, wie ich meine Zeit verbringe. Was wusste sie denn schon.
    Das Frauenhaus war ein wichtiger Zufluchtsort bei allen Arten von Familienkrisen. Es musste sich schließlich jemand darum kümmern, dass die Gelder weiter flossen, und in den blöden Vorstandssitzungen herumhocken. Manchmal fragte ich mich allerdings, ob der Vorstand nicht alles unnötig kompliziert machte. Nein, das stimmte nicht ganz. Ich fragte es mich nicht, ich wusste es. Der heutige Tag war ein ausgezeichnetes Beispiel dafür gewesen.
    Ted Carney war so ein aufgeblasener Angeber. Während der gesamten Sitzung trommelte ich mit meinem Stift auf dem Tisch herum und wünschte, jemand würde endlich den Mund aufmachen und Ted sagen, wie lächerlich er war. Wir brauchten keine strengeren Aufnahmebedingungen. Wenn überhaupt, sollten wir den Zugang erleichtern. Außerdem mussten wir mehr Geld auftreiben, um mehr Menschen helfen zu können.
    Gerade vor einer Woche hatte ich das Frauenhaus besichtigt, das ich zuvor nur einmal während der Bauphase gesehen hatte. Mittlerweile war es bis auf den letzten Platz belegt, und der Direktor teilte mir mit, dass die Wartezeit mehrere Monate betrug. Und es gab dort so viele Kinder! Selbstverständlich kannte ich die Zahlen und Fakten darüber, welche Leute dort Schutz suchten. Doch es ist eine Sache, in einem Bericht zu lesen, dass soundsoviel Prozent der Bewohner unter achtzehn sind, und eine ganz andere, ein sechsjähriges Mädchen namens Bethany kennenzulernen, dessen Zöpfe jeweils mit einem grünen und einem blauen Band zusammengebunden waren und das bis zu seiner Ankunft im Frauenhaus in einem Auto gewohnt hatte. Das

Weitere Kostenlose Bücher