Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Bostwick
Vom Netzwerk:
auf dem vereisten Pflaster aus und fiel hin. Jedes Mal rappelte ich mich wieder auf und setzte die Suche fort, doch es war vergeblich. Sie war verschwunden.
    Mühsam kämpfte ich mich durch die Schneewehen nach Hause und stieg schließlich mit heftig pochendem Herzen die Treppe zur Hintertür hinauf, nur um festzustellen, dass ich die Tür weit offen gelassen hatte. Dann stand ich vor Anstrengung keuchend im Flur und presste die Hand auf mein wild hämmerndes Herz. Wohin konnte sie nur gegangen sein?
    Eine innere Stimme riet mir, mich nicht aufzuregen. Liza wollte mir einfach eine Szene machen, die Situation ausnutzen und mich wieder einmal emotional unter Druck setzen. Aber ich wusste, dass es nicht so war. Diesmal nicht. Ich machte mir Sorgen darüber, was sie in ihrem Zustand anstellen mochte. Was sollte ich nur tun?
    Nachdem ich notdürftig den Schnee von meinen Stiefeln geklopft hatte, ging ich in die Küche und hinterließ dabei nasse, schmutzige Trittspuren auf Hildas blankem Fußboden. Ich nahm das Telefon und wählte eine Nummer.
    »Margot? Hier ist Abigail. Nein, wir kommen nicht. Könntest du stattdessen herkommen? Jetzt gleich? Bitte, es geht um Liza. Ich brauche deine Hilfe.«

25
    Evelyn Dixon
    Margots gelber VW, den sie auf Abigails Einfahrt abgestellt hatte, nahm sich armselig und unpassend aus neben diesem gewaltigen dreistöckigen Herrenhaus aus der Kolonialzeit, mit seiner Verkleidung aus weißen Holzschindeln, den vier Kaminen und den ebenmäßigen Reihen von Fenstern, die wie Augen in der Wintersonne blitzten. Irgendjemand hatte mir erzählt, dass Abigails Haus früher einmal ein Pensionat für höhere Töchter gewesen war. Groß genug war es dafür. Man konnte sich kaum vorstellen, dass Abigail und Liza dort ganz allein lebten.
    Ich parkte den Wagen hinter dem von Margot und ging zur Eingangstür. Margot machte mir auf.
    »Hallo«, sagte sie und umarmte mich zur Begrüßung. »Danke, dass du gekommen bist. Abigail ist in der Küche. Ich habe ihr eine Tasse Tee gemacht. Sie ist völlig außer sich.«
    Ich folgte Margot durch eine Reihe geräumiger Zimmer voller teurer Antiquitäten, Teppiche und Gemälde. Doch Margots Worte hatten mich so überrascht, dass ich kaum auf die elegante Umgebung achtete.
    Abigail war außer sich? Das konnte ich mir nur schwer vorstellen. Sie war doch stets Herrin der Lage. Noch nie zuvor hatte ich sie aufgeregt, geschweige denn außer sich gesehen. Doch Margot hatte recht. Die Frau, die dort mit rot geränderten Augen, strubbeligem Haar und ungeschminktem Gesicht am Tisch saß und an ihrer Teetasse nippte, war tatsächlich Abigail. Und sie war nicht nur außer sich, sondern völlig verzweifelt.
    »Margot?«, rief sie jetzt. »War das Liza? Ist sie wieder da?« Sie blickte uns mit hoffnungsvollem Blick entgegen, doch als sie bemerkte, dass ich hinter Margot in die Küche trat, verzog sich ihr Gesicht vor Enttäuschung. »Ach, du bist es, Evelyn. Was machst du hier?«
    »Ich habe sie angerufen«, sagte Margot.
    Abigail schüttelte den Kopf. »Du hättest Evelyn nicht damit belästigen dürfen. Sie hat schon genug mit sich selbst zu tun, da kann sie sich nicht auch noch um meine Probleme kümmern.«
    Ich setzte mich auf einen Stuhl. »Sei doch nicht albern. Ich bin froh, dass Margot mich angerufen hat. Was ist denn nun los? Ist Liza weg?«
    Abigail tupfte sich die Augen mit einem feuchten Papiertaschentuch. »Wir hatten einen entsetzlichen Streit. Ich wusste ja, dass sie sich über etwas aufgeregt hat, aber ich habe nicht weiter darauf geachtet. Die Sache nagte schon seit Jahren an ihr – lange bevor sie zu mir kam.«
    Abigails Züge verzerrten sich, und sie begann leise zu weinen. Ich war erstaunt. Seit ich sie kannte, hatte sie sich nie eine Gefühlsäußerung erlaubt, die über eine sorgsam beherrschte Missbilligung hinausging. Und jetzt saß sie hier und ließ ihren Tränen freien Lauf. Was auch immer zwischen Liza und Abigail vorgefallen war, es musste etwas Schlimmes gewesen sein. Anderenfalls hätte Abigail sich niemals so verwundbar gezeigt.
    Die sonst so tatkräftige Margot stand am Tisch und wirkte genauso ratlos wie ich. Als ich sie fragend anblickte, zuckte sie nur mit den Schultern.
    »Abigail«, sagte ich, »du weißt doch, wie gefühlsbetont Liza ist. Was auch immer zwischen euch vorgefallen sein mag, es ist sicher nur eine vorübergehende Missstimmung. Wenn ihr Zorn verraucht ist, kommt sie bestimmt zurück. Mach dir keine Sorgen.«
    »Nein«,

Weitere Kostenlose Bücher