Die Fährte des Nostradamus
erkannte jedoch im selben Augenblick, das die Ursache für die unerwartete Helligkeit die Bewegungsmelder waren, die an der Vorderfront der Abbaye befestigt waren. Steve war ebenso erschrocken, beruhigte sich aber schnell wieder, als Sheldon auf die Melder zeigte. Sie hatten kaum den Eingang erreicht, als sich die Tür von innen öffnete, und ihnen ein feierlich dreinblickender Pater Hanson Einlass gewährte.
Kirsten schaute den Pater auffordernd an, worauf der Geistliche sich eilig verbeugte und zur Seite trat.
Kirsten war im Moment nicht sie selbst und fühlte sich wie eine Fremde in ihrem eigenen Körper. Instinktiv wusste sie, dass sie nichts zu befürchten hatte und dieser Zustand immer nur dann einträte, wenn es die Situation verlangte.
Sie betrat die Abbaye und wartete dort auf Gabriele, die ihr weiter den Weg zum Altar weisen sollte. Mit einem kurzen Kopfnicken schritt diese an Kirsten vorbei und ging zielstrebig durch den Mittelgang in den hinteren Teil des winzigen Kirchenschiffes. Dort blieb sie an jener Stelle stehen, an der nach Beendigung der Arbeiten der Altar wieder seinen Platz einnehmen würde. Die Männer folgten den Frauen mit wachsendem Interesse. Hinter sich hörten sie, wie die Tür wieder ins Schloss fiel und abgeschlossen wurde. Sheldon sah sich kurz um und stellte verwundert fest, dass die alte Dame ihnen nicht in die Abbaye gefolgt war.
Pater Hanson kam eiligen Schrittes zu ihnen, und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Dann nickte er Gabriele zu, worauf sie sich dem Taufbecken zuwandte das seitlich vor der Wand angebracht war. Es war von einer Plane abgedeckt, damit es während der Arbeiten nicht verschmutzte.
„Das schwingende Meer“, sprach Hanson voller Bewunderung. „Der Meister nannte es so. Gabriele, würdest Du…?
Die beiden jüngeren Frauen nahmen etwas Abstand, als Gabriele behutsam die staubige Plane entfernte, und die Sicht auf das funkelnde, leere Becken frei gab.
Kirsten war sprachlos angesichts des wunderschönen Meisterstücks, das auch in seinen Ausmaßen beeindruckte, und mit seiner Form an einen riesigen Weinpokal erinnerte.
Der Korpus des Beckens war aus Bronze gefertigt und reichlich verziert. Pferde, Engel… sicher eine christliche Szenerie dachte Kirsten, und strich behutsam über die fein eingearbeiteten Konturen.
„Das ist eine wunderschöne Arbeit, Pater“, sagte Kirsten, ohne den Blick vom Becken abwenden zu können. „Aber was machen wir hier? Sie laden uns doch sicher nicht um diese Uhrzeit in Ihre Abbaye ein, um uns ein Taufbecken zu zeigen.“ Kirsten war wieder sie selbst. Sie spürte, das Elaine wieder in den Hintergrund getreten war.
Hanson begann verlegen seine Hände zu kneten und suchte nach den richtigen Worten. Vieles hing von dem ab, was die heutige Begegnung mit den Fremden mit sich bringen würde.
Mit seiner ruhigen, dunklen Stimme begann er zu reden, und augenblicklich entstand eine feierliche Atmosphäre, die durch den Widerhall der Abbaye unterstrichen wurde.
„Dort, wo jetzt die Abbaye steht, befand sich alten Schriften nach ein kleiner Tempel, die Capelle Elain. Ein Bauwerk, dessen Existenz erstmalig im Jahre 365 vor Christus erwähnt wurde. Das tatsächliche Alter muss viel weiter früher gesucht werden, da in Chroniken unterschiedlicher, sehr alter Kulturen, der Name dieses Ortes immer wieder erwähnt wird. Meinen eigenen Forschungen nach ist eine Datierung um etwa 7800 vor Christus durchaus möglich.“
Sheldon hob skeptisch die Augenbrauen. 7800 vor Christus. Gab es da überhaupt schon zivilisierte Menschen in Europa?
„Aber Sie wissen ja wie das mit alten Bauwerken ist“, fuhr Hanson fort. „Sie geraten in Vergessenheit und irgendwann sind sie nicht mehr da. Versteckt unter dem Staub der Geschichte, konserviert von meterdickem Erdreich schlummern sie vor sich hin und warten darauf, eines Tagen vielleicht wieder entdeckt zu werden. So war es auch im Fall er Capelle Elaine. 1536, beim Bau dieser Landstraße wurden Arbeiter fündig, und legten Reste der Ruine frei. Viel mehr als die Grundmauern waren nicht übrig geblieben, und so nahm man von diesem Ort wenig Notiz. Eines Tages kam Michel Notre Damme, begleitet von einer Gefolgschaft fremdländisch aussehender Männer hierher und zeigte großes Interesse für die Ruine.
Er war es, der mit, für damalige Verhältnisse sehr viel Geld, diese Abbaye direkt auf die Grundmauern der Capelle bauen ließ, und ihren Erhalt bis über seinen Tod hinaus finanziell
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