Die Fährte
Gemütlichkeit hinter diesen Fenstern. Norweger mochten das Licht. Und sie hatten Strom. Erst wenn sie nach Süden reisten und für vierzehn Tage verschwanden, machten sie die Lichter aus. Sein Blick huschte von Haus zu Haus.
Tom Waaler sah zu den Villen empor, die die Landschaft wie Weihnachtskerzen dekorierten. Große, schwarze Gärten. Wiesen mit Apfelbäumen. Er hatte die Füße auf das Armaturenbrett von Victors speziell umgebautem Lieferwagen gelegt. In diesem Wagen hatten sie die beste Kommunikationstechnik, so dass er den Einsatz von hier aus steuern konnte. Er hatte Funkverbindung zu allen Einheiten, die das Gelände jetzt umstellt hatten. Er sah auf die Uhr. Die Hunde waren auf der Spur, vor etwa zehn Minuten waren sie mit ihren Führern im Dunkel der Gärten verschwunden.
Es knackte im Funkgerät: »Stasjonsvei an Victor Null-Eins. Wir haben hier ein Auto mit einem Stig Antonsen, der in den Revehivei 17 will. Er sagt, er komme von der Arbeit. Sollen wir …«
»Überprüft Adresse und Identität und lasst ihn fahren«, sagte Waaler. »Das Gleiche gilt für alle anderen dort draußen, O.K.? Benützt euren Kopf.«
Waaler fischte eine CD aus seiner Brusttasche und schob sie in den Spieler. Mehrstimmiger Falsettgesang. Thunder all through the night, and a promise to see Jesus in the morning light . Der Mann auf dem Beifahrersitz zog die Augenbrauen hoch, doch Waaler tat so, als bemerke er es nicht, und drehte die Musik lauter. Strophe. Strophe. Refrain. Strophe. Refrain. Nächstes Lied. Pop Daddy, Pop Daddy. Oh sock it to me. You're the best . Waaler blickte auf die Uhr. Verflucht, wie lange die Hunde brauchten! Er schlug mit der Hand auf das Armaturenbrett und erhielt erneut einen Blick vom Beifahrersitz.
»Die haben doch eine frische Blutspur, der sie folgen können«, sagte Waaler. »Das kann doch nicht so schwer sein.«
»Das sind Hunde, keine Roboter«, sagte der Mann. »Beruhigen Sie sich, die haben ihn bald.«
Der Künstler, der für alle Ewigkeit den Namen Prince behalten wird, war mitten in Diamonds and Pearls, als die Meldung kam: »Victor Null-Drei an Victor Null-Eins. Ich glaube, wir haben ihn. Wir stehen vor einer weißen Villa in … äh, Erik versucht gerade, die Adresse herauszufinden, aber am Haus steht jedenfalls die Nummer 16.«
Waaler stellte die Musik leiser. »O.K., findet es heraus und wartet, bis wir kommen. Was ist das für ein Pfeifen im Hintergrund?«
»Das kommt aus dem Haus.«
Es knackte im Radio: »Stasjonsvei an Victor Null-Eins. Tut mir Leid, dass ich mich wieder melden muss, aber wir haben hier ein Auto vom Sicherheitsdienst ›Falken‹. Sie sagen, sie müssten in den Harelabben 16. Bei der Zentrale ist von dort ein Alarm eingegangen. Soll ich …«
»Victor Null-Eins an alle Einheiten!«, rief Waaler. »Los! Harelabben 16!«
Bjarne Møller war übelster Laune. Mitten in seiner Lieblingssendung! Er fand die weiße Villa mit der Nummer 16, parkte auf der Straße davor und ging durch den Eingang auf die offene Tür zu, in der ein Polizist mit einem Schäferhund stand.
»Ist Waaler hier?«, fragte der Dezernatsleiter und der Polizist nickte in Richtung Tür. Møller bemerkte, dass das Glas der Eingangstür eingeschlagen worden war. Waaler stand hinter der Tür auf dem Flur und diskutierte wütend mit einem anderen Polizisten.
»Was zum Teufel geht hier vor?«, fragte Møller ohne Einleitung.
Waaler drehte sich um. »Na, so was. Was führt Sie hierher, Møller?«
»Ein Anruf von Beate Lønn. Wer hat diesen Schwachsinn hier genehmigt?«
»Unser Staatsanwalt.«
»Ich rede nicht von dem Haftbefehl. Ich frage danach, wer das Okay dafür gegeben hat, dass ihr hier den Dritten Weltkrieg veranstaltet, bloß weil einer unserer eigenen Kollegen eventuell – eventuell! – etwas zu erklären hat.«
Waaler wippte mit den Füßen, während er Møller in die Augen sah. »Dezernatsleiter Ivarsson. Wir haben in Harrys Wohnung ein paar Dinge gefunden, die uns glauben lassen, dass er uns nicht bloß etwas zu erklären hat. Er steht unter Mordverdacht. Sonst noch etwas, Møller?«
Møller zog überrascht die Augenbrauen hoch. Waaler musste wirklich angespannt sein, denn zum ersten Mal hatte er erlebt, dass er sich einem Vorgesetzten gegenüber so aggressiv äußerte. »Ja. Wo ist Harry?«
Waaler deutete auf die roten Fußabdrücke auf dem Parkett. »Er war hier. Einbruch, wie Sie sehen. Langsam hat er ganz schön viel zu erklären, nicht wahr?«
»Ich habe gefragt, wo
Weitere Kostenlose Bücher