Die Fährte
über die Türschwelle und sah sich missbilligend im Wohnzimmer um.
»Gemütlich, nicht wahr?«, sagte Weber.
»Ein alter Bekannter, höre ich?«
»Alf Gunnerud. Auf ihn ist die Wohnung jedenfalls gemeldet. Wir haben eine Masse Fingerabdrücke und werden bald wissen, ob er das ist. Glas.« Er zeigte auf einen jungen Mann, der mit einem Pinsel die Scheibe bearbeitete. »Die besten Abdrücke gibt es immer auf Glas.«
»Wenn ihr schon anfangt, Fingerabdrücke zu sammeln, habt ihr vermutlich auch noch etwas anderes gefunden?«
Weber deutete auf eine Plastiktüte, die gemeinsam mit anderen Gegenständen auf dem Wollteppich am Boden lagen. Møller hockte sich hin und schob einen Finger in den Riss in der Tüte. »Hm, schmeckt nach Heroin. Das scheint ja bald ein halbes Kilo zu sein. Und was ist das hier?«
»Ein Bild von zwei Kindern, deren Identität wir noch nicht kennen. Und ein Trioving-Schlüssel, der sicher nicht für diese Wohnung ist.«
»Wenn es ein Systemschlüssel ist, kann Trioving herausfinden, wer der Besitzer ist. Der Junge auf dem Bild kommt mir irgendwie bekannt vor.«
»Das finde ich auch.«
»Gyrus fusiforme«, sagte eine Frauenstimme hinter ihnen.
»Fräulein Lønn«, sagte Møller überrascht. »Was macht das Raubdezernat hier?«
»Ich habe den Tipp bekommen, dass hier Heroin zu finden ist. Und habe euch um Verstärkung gebeten.«
»Ihr habt eure Spitzel also auch im Drogenmilieu?«
»Räuber und Drogensüchtige sind eine große, glückliche Familie, wissen Sie?«
»Welcher Spitzel?«
»Ich hab keine Ahnung. Er hat mich zu Hause angerufen, als ich schon im Bett war. Wollte weder sagen, wie er heißt, noch woher er wusste, dass ich bei der Polizei bin. Aber der Tipp war dermaßen konkret und detailliert, dass ich die Sache ernst genommen und einen der Staatsanwälte geweckt habe.«
»Hm«, sagte Møller. »Drogen. Vorstrafen. Vertuschungsgefahr. Sie haben vermutlich sofort grünes Licht bekommen, oder?«
»Ja.«
»Ich sehe keine Leiche, warum also habt ihr mich gerufen?«
»Weil mir der Spitzel noch einen Tipp gegeben hat.«
»Ach ja?«
»Alf Gunnerud soll Anna Bethsen sehr gut gekannt haben, intim. Als Liebhaber und Dealer. Bis sie ihn plötzlich fallen ließ, als sie einen anderen traf, während Gunnerud im Knast war. Was halten Sie davon, Møller?«
Møller sah sie an. »Ich bin froh«, sagte er, ohne eine Miene zu verziehen. »Froher, als Sie sich vorstellen können.«
Er sah ihr weiter in die Augen, bis sie schließlich ihren Blick senken musste.
»Weber«, sagte er. »Verriegle die Wohnung hier und ruf all deine Leute zusammen. Wir haben einen Job zu erledigen.«
Kapitel 39 – Glock
Stein Thommessen hatte zwei Jahre als Polizeimeister auf der Kriminalwache gearbeitet. Sein Wunsch war es, einmal als Kommissar zu ermitteln, und er träumte davon, Ermittler zu werden. Feste Arbeitszeiten zu haben, ein eigenes Büro und einen besseren Lohn als sogar ein Hauptkommissar. Zu Trine nach Hause zu kommen und ihr von dem interessanten, fachlichen Problem berichten zu können, das er im Dezernat mit dem Pathologen diskutiert hatte und das sie unglaublich kompliziert und tief gehend finden würde. Doch bis dahin hielt er für einen Hungerlohn Wache und wachte todmüde auf, obgleich er zehn Stunden geschlafen hatte. Und wenn Trine sagte, sie könne sich nicht vorstellen, so den Rest ihres Lebens zu verbringen, versuchte er ihr zu erklären, wie es einem ergeht, wenn man tagein, tagaus Jugendliche mit einer Überdosis in die Ambulanz fährt, Kindern erklären muss, dass sie sich von ihrem Vater verabschieden müssen, weil der ihre Mutter verprügelt, und zudem von allen nur Scheiße zu hören kriegt, weil sie die Uniform hassen, die du trägst. Und Trine verdrehte die Augen, das alles war wie eine Platte mit einem Sprung.
Als Hauptkommissar Tom Waaler vom Dezernat für Gewaltverbrechen in die Wache trat und Stein Thommessen fragte, ob er ihn begleiten könne, um einen Gesuchten zu verhaften, dachte Thommessen zuerst, dass ihm Waaler vielleicht ein paar Tipps geben konnte, wie er es schaffen könnte, Ermittler zu werden.
Als er das im Auto auf der Nylandsgate in Richtung Verteilerkreisel erwähnte, lächelte Waaler und bat ihn, ein paar Sätze zu Papier zu bringen, mehr nicht. Vielleicht könne er – Waaler – dann ein gutes Wort für ihn einlegen.
»Das wäre wirklich … sehr, sehr nett.« Thommessen fragte sich, ob er sich bedanken sollte oder ob er sich
Weitere Kostenlose Bücher