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Die Fährte

Die Fährte

Titel: Die Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Harry. Für einen Außenstehenden musste es aussehen, als wenn sie alte Freunde wären, dabei hatten sie sich nur sechs Wochen irgendwann einmal in der Vergangenheit gekannt, und er wusste nicht einmal, dass sie seine E-Mail-Adresse hatte.
    Als er einschlief, träumte er wieder davon, mit einem Gewehr in der Bank zu stehen. Die Menschen um ihn herum waren aus Marmor.
     

 
     
     

    Kapitel 15 – Gadzo
     
    »Heute ist aber tolles Wetter«, sagte Bjarne Møller, als er am nächsten Morgen in Harrys und Halvorsens Büro gerauscht kam.
    »Du musst das ja wissen, du hast ja ein Fenster«, erwiderte Harry, ohne von seiner Kaffeetasse aufzuschauen. »Und neue Büromöbel«, fügte er hinzu, als Møller sich auf Halvorsens kaputten Stuhl fallen ließ, der einen Schmerzensschrei von sich gab.
    »Aber hallo«, sagte Møller. »Schlechte Laune heute?«
    Harry zuckte mit den Schultern. »Ich werde bald vierzig und beginne es langsam zu schätzen, ein wenig griesgrämig zu sein. Ist daran etwas auszusetzen?«
    »Aber nein, übrigens, schick, dich in einem Anzug zu sehen.«
    Harry zupfte verwundert an seinem Kragen herum, als hätte er erst jetzt den dunklen Anzug bemerkt.
    »Gestern war Abteilungsleitersitzung«, sagte Møller. »Willst du die Kurz- oder die Langversion?«
    Harry rührte mit einem Bleistift in seiner Tasse herum. »Wir dürfen uns ab sofort nicht mehr mit dem Ellen-Fall beschäftigen, ist es das?«
    »Der Fall ist längst aufgeklärt, Harry. Und der Chef der Kriminaltechnik hat sich beschwert, dass du sie mit Fragen zu allen möglichen alten Indizien quälst.«
    »Gestern ist ein neuer Zeuge aufgetaucht, der …«
    »Es gibt immer neue Zeugen, Harry. Sie wollen ganz einfach nichts mehr davon wissen.«
    »Aber …«
    »Schluss, Harry. Tut mir Leid.«
    Møller drehte sich in der Tür um: »Geh ein bisschen in die Sonne. Es ist vielleicht der letzte warme Tag für eine ganze Weile.«
     
    »Es gibt Gerüchte, die Sonne würde scheinen«, sagte Harry zu Beate, als er ins House of Pain kam. »Nur damit du es weißt.«
    »Mach das Licht aus«, sagte sie. »Ich muss dir was zeigen.«
    Sie hatte am Telefon ganz aufgeregt geklungen, aber nicht gesagt, worum es ging. Sie hob die Fernbedienung hoch: »Auf dem Band von dem Tag, an dem der Container bestellt wurde, habe ich nichts gefunden, aber sieh dir dies hier vom Tag des Überfalls an.«
    Auf der Leinwand sah Harry ein Übersichtsbild vom 7-Eleven. Er sah den grünen Container vor dem Fenster, die Vanilleteilchen davor und den Hinterkopf und die Kimme des Jungen, mit dem er tags zuvor gesprochen hatte. Er bediente ein Mädchen, das Milch, eine Frauenzeitschrift und Kondome kaufte.
    »Die Aufnahme ist von 15.05 Uhr, also fünfzehn Minuten vor dem Überfall. Jetzt pass auf.«
    Das Mädchen nahm seine Sachen und ging, die Schlange rückte vor, und ein Mann mit schwarzem Overall und einer tief in die Stirn gezogenen Schirmmütze mit Ohrenklappen deutete auf etwas auf dem Tresen. Er hielt seinen Kopf gesenkt, so dass sie sein Gesicht nicht erkennen konnten. Unter dem Arm trug er eine schwarze, zusammengefaltete Tasche.
    »Verflucht noch mal«, zischte Harry.
    »Das ist der Exekutor«, sagte Beate.
    »Sicher? Es gibt viele mit schwarzen Overalls und der Täter trug keine Schirmmütze.«
    »Wenn er einen Schritt vom Tresen zurücktritt, wirst du erkennen, dass er die gleichen Schuhe trägt wie auf dem Video vom Überfall. Und achte mal drauf, die linke Seite des Overalls beult sich irgendwie aus. Das ist die AG3.«
    »Er hat sie an den Körper getapet. Aber was zum Teufel macht er denn im 7-Eleven?«
    »Er wartet auf den Geldtransporter und braucht einen Aussichtspunkt, an dem er nicht bemerkt wird. Er war vorher schon mal da und weiß, dass der Transporter irgendwann zwischen 15.15 und 15.20 Uhr kommt. In der Zwischenzeit kann er ja nicht mit Sturmhaube herumrennen und allen zu erkennen geben, dass er die Bank ausrauben will. Deshalb braucht er eine Mütze, die möglichst viel von seinem Gesicht verdeckt. Als er an die Kasse kommt, kann man, wenn man genau darauf achtet, ein helles Viereck sehen, das über den Tresen huscht. Das ist die Reflexion von Glas. Du trägst eine Sonnenbrille, du Exekutorarsch.« Sie sprach leise, aber schnell und mit einer Erregung, die Harry bisher noch nie bei ihr gehört hatte. »Er ist sich ganz offensichtlich auch über die Kamera im 7-Eleven bewusst und zeigt uns nichts von seinem Gesicht. Achte mal darauf, wie gut er die verschiedenen

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