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Die Fährte

Die Fährte

Titel: Die Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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siebzig Kilo«, flüsterte er ihm zu. »Keine Sache.«
    »Na dann bitte. Ich habe bei den Hundeführern einmal einen Rottweiler angreifen sehen.«
    »Hm.«
    »Die haben da im Training die Kontrolle über das Vieh verloren. Dem Beamten, der den Banditen mimte, mussten sie hinterher im Reichshospital wieder die Hand annähen.«
    »Ich dachte, die seien gut gepolstert.«
    »Das sind sie auch.«
    Sie blieben sitzen und lauschten dem Bellen vor dem Fenster. Die Schritte im Wohnzimmer waren verstummt.
    »Sollen wir hineingehen und ihn begrüßen?«, flüsterte Halvorsen. »Es ist nur eine Frage der Zeit, bis …«
    »Psst!«
    Erneut hörten sie die Schritte. Sie näherten sich der Schlafzimmertür. »Gregor, komm! Wir müssen nach Hause!«
    Der Hund bellte noch ein paar Mal, ehe es plötzlich still wurde. Das Einzige, was Harry hörte, war ein pfeifender, hektischer Atem, doch er wusste nicht, ob der von Halvorsen oder von ihm selbst kam.
    »Verdammt gehorsam, diese Rottweiler«, flüsterte Halvorsen.
    Sie warteten, bis sie den Wagen unten auf dem Weg starten hörten. Dann stürzten sie ins Wohnzimmer und Harry sah durch das Fenster gerade noch das Heck eines marineblauen Jeep Cherokee über den Weg verschwinden. Halvorsen ließ sich aufs Sofa fallen und legte den Kopf in den Nacken.
    »Mein Gott«, stöhnte er. »Einen Moment lang habe ich schon meinen unehrenhaften Rückzug nach Steinkjer vor mir gesehen. Was, zum Teufel, wollte der hier? Der war doch höchstens zwei Minuten hier.« Dann sprang er wieder von dem Sofa auf. »Glaubst du, er kommt zurück? Vielleicht wollen sie nur in den Laden?«
    Harry schüttelte den Kopf. »Die wollten nach Hause. Solche Menschen lügen ihre Hunde nicht an.«
    »Bist du sicher?«
    »Ja klar. Eines Tages wird er rufen: ›Komm her, Gregor, wir müssen zum Doktor, dich einschläfern.‹« Harry sah sich im Zimmer um. Dann ging er zum Wandregal und fuhr mit dem Finger über die Buchrücken vor sich, vom obersten bis zum untersten Regalbrett.
    Halvorsen nickte düster und starrte vor sich hin: »Und Gregor kommt angelaufen. Hunde sind schon komische Viecher.«
    Harry blieb grinsend stehen. »Bereust du's, Halvorsen?«
    »Tja. Nicht mehr als gewisse andere Sachen auch.«
    »Du hörst dich schon an wie ich.«
    »Das warst du wortwörtlich. Du hast das gesagt, als wir die Espressomaschine gekauft haben. Nach was suchst du?«
    »Keine Ahnung«, sagte Harry und zog ein dickes, großes Buch heraus, das er aufschlug. »Sieh an, ein Fotoalbum, interessant.«
    »Ja und? Jetzt bist du mir schon wieder einen Schritt voraus?«
    Harry deutete hinter sich und blätterte weiter. Halvorsen stand auf und sah sich um. Und verstand. Nasse Fußspuren führten von der Türschwelle durch den Flur bis zum Regal, an dem Harry stand.
    Harry stellte das Album zurück, zog ein anderes heraus und begann zu blättern.
    »Exakt«, sagte er nach einer Weile. Er presste das Album gegen sein Gesicht. »Genau.«
    »Was denn?«
    Harry legte das Album vor Halvorsen auf den Tisch und deutete auf eine der sechs Fotografien auf der schwarzen Seite. Eine Frau und drei Kinder lächelten sie von einem Badestrand aus an.
    »Das ist das gleiche Bild, das ich in Annas Schuh gefunden habe«, sagte Harry. »Riech mal dran.«
    »Brauch ich nicht, das riecht bis hierhin nach Kleber.«
    »Richtig. Er hat das Bild gerade erst eingeklebt. Wenn du es berührst, spürst du, dass der Kleber noch feucht ist. Aber riech mal an der Fotografie.«
    »O.K.« Halvorsen drückte die Nase auf das Lächeln. »Es riecht nach … Chemikalien.«
    »Was für Chemikalien?«
    »So riechen Bilder, die gerade erst entwickelt worden sind.«
    »Wieder richtig. Und was schließen wir daraus?«
    »Dass er … gerne Bilder einklebt?«
    Harry sah auf die Uhr. Wenn Albu direkt nach Hause fuhr, war er in einer Stunde dort.
    »Das erkläre ich dir im Auto«, sagte er. »Wir haben den Beweis, den wir brauchen.«
     
    Es begann zu regnen, als sie auf die E6 kamen. Die Lichter der entgegenkommenden Autos spiegelten sich auf dem nassen Asphalt.
    »Jetzt wissen wir, woher das Bild stammte, das Anna im Schuh hatte«, sagte Harry. »Ich nehme an, dass Anna die Gelegenheit nutzte und es aus dem Album riss, als sie in der Hütte waren.«
    »Aber was wollte sie mit dem Bild?«
    »Das wissen die Götter. Vielleicht damit sie sehen konnte, was zwischen ihr und Arne Albu stand. Um es besser zu verstehen. Oder um etwas zu haben, durch das sie Nadeln stechen konnte.«
    »Und als du ihm

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