Die Fahrt der Slanderscree
notwendigen Vorbereitungen durch. »Alle, die nicht direkt zur Segelbesatzung gehören, gehen von Bord, überqueren den Ozean zu Fuß und warten auf uns. So sind nicht alle gefährdet, falls es zur Katastrophe kommen sollte.«
»Dann hast du dich also entschlossen«, murmelte Hunnar.
»Kühnheit ist nicht meine Sache. Ich spiele nur mit den Würfeln, die ich bekommen habe. Hier müssen wir sie so gut werfen, wie wir können und hoffen, daß die Zwölf von selbst fällt. Wenn ich nicht einmal mehr meinem Schiff und meinen Leuten vertrauen kann, was bleibt mir dann noch?«
»Also werden wir es versuchen.« Hunnar konnte sich nicht dazu durchringen, falsche Zuversicht zu zeigen. »Ich wünschte, es gäbe einen anderen Weg. Dann müßten wir nicht mit diesem Wahnsinn fortfahren.« Er drehte sich zu Hwang um. »Meine Soldaten werden Seite an Seite mit euch arbeiten, um das Eis zu formen. Ihr werdet den Winkel der Rampe bestimmen und uns entsprechend einweisen.« Er stand auf. »Jetzt, da wir unser weiteres Vorgehen festgelegt haben, wollen wir rasch handeln. Je früher wir beginnen, desto früher sind wir fertig.«
»Und je schwerer wir arbeiten«, fügte Elfa hinzu, »desto weniger Zeit haben wir, darüber nachzudenken, was wir da eigentlich versuchen.«
Als sie die Rampe fertiggestellt hatten, war im Osten blauer Himmel wogender Schwärze gewichen. Wie Spähtrupps stießen die ersten Böen der herannahenden Sturmfront in den stetigen Westwind und ließen die Luft in alle Richtungen davonwirbeln. Eisteufel, Miniaturwirbelwinde, tanzten mit ihren Eispartikeln wie verrückt über die Ebene des gefrorenen Ozeans. Gelegentlich traf einer auf die Arbeitenden und zwang sie, ihr Werkzeug fallenzulassen und sich auf den Boden zu ducken. Einer erwischte Ethan bei geöffnetem Visier, daß ihm die Tränen in die Augen schossen. Es war, als würde man von kaltem Sand bombardiert.
Jacalan und Blanchard stellten die beiden überbeanspruchten Bohrer ab und schlossen sich den anderen Flüchtlingen dabei an, die Südflanke des Eiswalls hinunterzugleiten und zu schlittern. Ethan und September blieben zurück und suchten Schutz unter einem mächtigen aufragenden Eisblock. Irgend jemand mußte zusehen, rechtfertigte Ethan sich.
Aus dem Nordhang der Druckverwerfung war, dem Aufgang zur Burg eines Riesen gleich, eine lange, relativ glatte Rampe gehackt und geschmolzen worden. Die Wissenschaftler und Hunnars Leute hatten ihre Arbeit gut gemacht. Wie gut, das ließ sich erst sagen, wenn der Eisklipper es tatsächlich versuchte.
Alle wußten, daß die Slanderscree auf dem Eiswall festsitzen würde, falls die Rampe zusammenbrach, während das große Schiff versuchte, sie zu erklimmen. Dann würden sie wahrlich und wahrhaftig in dieser isolierten Gegend gefangen sein, fern von jeder Menschen- oder Tran-Zivilisation. Angesichts dessen, was an Zeit und Mitteln zur Verfügung stand, hatten sie so stabil wie möglich gebaut. Semkin hatte die Arbeit mit den Bohrern beaufsichtigt und dafür gesorgt, daß die Lücken zwischen den massiven Eisblöcken gefüllt und abgedichtet wurden.
Schließlich blieb nichts mehr zu tun.
Ein Blick nach rechts zeigte Ethan Gestalten, die wartend auf dem Eis standen: die Krieger des Schiffs und die Mitglieder des Forschungsteams. Nur Hunnar und Elfa hatten sich ihm und September auf dem Eiswall angeschlossen. Hunnar stand mit windzerzaustem Fell aufrecht da, wie eine der sie umgebenden Eisspitzen, und schirmte die Augen mit seiner Rechten ab.
»Ich kann das Schiff kaum sehen.« Ethan kniff die Augen zusammen und blickte nach Norden, sah aber kein Zeichen der Slanderscree. Das würde sich bald ändern, wußte er. »Sie setzen die Segel. Ta-hoding läßt die Spieren in den Wind drehen. Ah, jetzt sind sie ausgerichtet. Die Segel füllen sich. Sie kommt!«
Sie warteten. Einige Minuten später konnten die beiden Menschen die schlanke, schnittige Gestalt des Eisklippers ausmachen, der mit hoher Geschwindigkeit auf die Barriere zuschoß. Ethan wurde verblüfft bewußt, daß er das Schiff zum ersten Mal unter vollen Segeln aus der Entfernung sah. Für einen, aus dem Gedächtnis eines Lehrers zusammengeschusterten Zwitter war es wirklich schön. Da war nichts von der Plumpheit, die man vielleicht erwarten mochte, obwohl das Fehlen eines geschwungenen Rumpfes störend wirkte. Die Unterseite des Eisklippers war völlig flach – es gab kein Wasser, durch das er schneiden mußte.
»Ich wünschte, Ta-hoding hätte eine
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