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Die Fahrt des Leviathan

Die Fahrt des Leviathan

Titel: Die Fahrt des Leviathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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mit Wasser löschen, breitet sich rasend schnell aus und sorgt für unsagbare Hitze. Der Teufel selbst hat nichts Besseres.«
    »Hört sich gut an«, meinte Brian Flanery, ein Hüne, nach dessen Vergangenheit niemand zu fragen wagte. »Aber da ist keine Zündschnur. Wie zünden wir die Dinger?«
    »Überhaupt nicht, einfach werfen. Wenn die Flasche zerschellt, entflammt das Zeug ganz von selbst, und zwar richtig. Eine kleine Spielerei mit weißem Phosphor und Sodium. Also gebt acht, dass euch keines der guten Stücke zerbricht«, warnte Kelly mit sichtlichem Stolz auf seine tödliche Schöpfung.
    »Heilige Brigid von Kildare! Ian, du bist einmalig!«, rief Craig Mac Cana aus. Der ehemalige Seemann mit dem Bulldoggengesicht schlug sich freudestrahlend auf die Schenkel. »Die Scheißrebellen werden gar nicht wissen, wie ihnen geschieht, und umherrennen wie aufgescheuchte Hühner, wenn’s plötzlich überall lodert!«
    »Kann uns nur recht sein«, meinte O’Higgins. »Je mehr Durcheinander, desto besser. Die
Great Eastern
soll in drei Tagen mit Vorräten beladen werden. Da mischen wir uns unter die Lieferanten. Die Brandsätze und die Bombe tarnen wir als Proviant. Niemand wird Verdacht schöpfen, wenn wir das Zeug an Bord bringen. Ist das Boot bereit, Craig?«
    »Hab’s draußen am Anleger festgemacht«, bestätigte Mac Cana.
    »Gut, und sorge dafür, dass der Dampfkessel rechtzeitig in Ordnung kommt. Ian, sind die Brandsätze schon vorbereitet?«
    Kelly schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Nur eine Apotheke konnte mir die richtigen Chemikalien besorgen, und dann dauerte es auch noch einen Tag länger, weil der Chef nicht da war. Dadurch bin ich in Verzug geraten, aber bis Sonnabend schaffe ich’s.«
    Damit gab O’Higgins sich zufrieden. Er ging noch einmal die Aufgaben jedes Einzelnen durch, und nachdem er sich vergewissert hatte, dass alle wussten, was sie zu tun hatten, wandte er sich an seine gesamte Truppe und machte ihnen eindringlich klar, dass ihnen kein Spaziergang bevorstand.
    »Männer, das ist kein gewöhnlicher Auftrag. Diesmal jagen wir nicht einfach ein Rebellendepot in die Luft oder setzen eine Plantage in Brand. Nichts darf schiefgehen. Rauf aufs Schiff, Bombe legen, Feuer legen, in der ausbrechenden Panik schnell abhauen. Jeder so wie abgesprochen. Baut keine Scheiße, sonst kann nicht mal der heilige Patrick euren Arsch retten!«
     
    Doktor Täubrich ließ den Deckel der Taschenuhr zuschnappen und steckte sie zurück in seine Westentasche. Wollte er pünktlich sein, musste er nun aufbrechen. Der Weg zur Töchterschule war nicht kurz und er hatte nicht die Absicht, zu spät zur Weihnachtsfeier zu erscheinen. Mit Patienten rechnete er so spät am Nachmittag ohnehin nicht mehr, es sprach mithin nichts dagegen, die Praxis ein wenig früher zu schließen.
    Schon wollte er sich vom Schreibtisch erheben, als es an der Tür klopfte. Wenig angetan von der Aussicht, sich nun doch noch mit einem Schnupfen oder einer Magenverstimmung herumplagen zu müssen, bat er dennoch höflich einzutreten, nahm sich aber vor, den Fall nach Möglichkeit rasch abzuhandeln.
    Zu seiner Überraschung war es kein beliebiger Patient, der in das Sprechzimmer kam, sondern Jeremiah Weaver. Das schien Täubrich ausgesprochen ungewöhnlich. Weaver bemühte sich sonst nie in eigener Person in die Praxis, sondern ließ sich ausschließlich in Hausbesuchen behandeln. Noch seltsamer jedoch war die ausgesuchte Freundlichkeit, mit der er lächelnd den Zylinder lüftete, einen guten Abend wünschte und sich nach dem Befinden des Arztes erkundigte.
    Täubrich, von Weaver sonst nur missgelaunte Rüpeleien gewohnt, wappnete sich instinktiv mit Vorsicht.
    Etwas stimmte nicht. Doch er ließ seinen Argwohn nicht durchscheinen, sondern tauschte mit dem Verleger die üblichen verbindlichen Begrüßungsfloskeln aus und bat seinen Besucher, sich zu setzen. Nachdem Weaver sich auf einem unter der geballten Last bedenklich ächzenden Stuhl niedergelassen hatte, schickte der Arzt sich routiniert an, ihn nach seinen Beschwerden zu befragen. Doch Weaver unterbrach ihn gleich nach den ersten Worten.
    »Oh, mir geht es bestens, Doktor. Ich kam nicht, weil ich krank wäre, sondern um Ihnen einen Vorschlag zu unterbreiten.«
    »Einen Vorschlag?« Täubrichs Argwohn meldete sich wieder.
    »Einen höchst lukrativen Vorschlag«, präzisierte Weaver. »Gestatten Sie mir, zur Erklärung ein wenig auszuholen. Ich habe als Anteilseigner eine große Summe Geldes in

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