Die Fahrt nach Feuerland
Freundliche Spanier winkten ihnen zu und zogen ihnen zu Ehren sogar die deutsche Fahne hoch. Ein eleganter Offizier, in weißer Uniform und weißer Mütze, stand auf der Brücke und grüßte sie so militärisch stramm, als kämen sie von einem erfolgreichen Kommandounternehmen zurück.
»Da stimmt etwas nicht!« sagte Losskow ahnungsvoll zu Trosky. Sie standen beide am Ruder. Die Mädchen, in weißen Trainingsanzügen, saßen unter den Segeln und winkten den Spaniern zurück. Gegen den Himmel hob sich breit und mächtig, mit schneebedeckter Kuppe, der Teide ab, der höchste Berg Spaniens, der kurioserweise auf einer Insel lag. Die Form dieses erloschenen Vulkans war unverkennbar, und Trosky sagte es auch sofort:
»Das ist der größte Busen, den ich kenne! Haben wir genug Zeit? Es wäre mir ein Vergnügen, ihn zu besteigen.«
»Du wirst Zeit genug haben«, antwortete Losskow. »Du brauchst dich nicht zu drängeln. Ich frage mich nur, woher dieser freundliche Empfang kommt?! Die tun fast so, als hätten sie uns erwartet.«
»Ich ahne etwas!« sagte Trosky und spuckte über Bord. »Von wegen: Die einsamen Ozeanbezwinger! – Die haben uns knackfest unter Kontrolle!«
Die Ahnung trog nicht.
Am Pier, zu dem sie von dem Hafenmeistereiboot gelotst wurden, standen neben den Pollern nicht nur zwei Matrosen in weißer Uniform bereit, um die zugeworfenen Seile aufzufangen, sondern da stand auch eine Blaskapelle in kanarischer Tracht, Fernsehkameras richteten sich auf das kleine weiße Boot, und Reporter sprachen aufgeregt ins Mikrofon. Den Anzügen nach zu urteilen, waren sogar einige Stadträte erschienen, und hinter gespannten Seilen und Absperrgittern staute sich eine große Menschenmenge. Ein Spruchband flatterte im Wind. ›Ahoi auf Teneriffa!‹ stand darauf.
Als die Helu an die Mole glitt, begann die Kapelle zu spielen. Es war der ›Alte-Dessauer-Marsch‹.
»Das gibt's doch nicht!« sagte Losskow entgeistert. »Die müssen uns verwechseln!«
»Wir sind laufend überwacht worden.« Trosky grinste breit. »Erinnere dich an die Propellermaschinen, die uns südlich von Madeira und erst gestern wieder überflogen. Wir haben nicht darauf geachtet, aber das war das Auge, das uns nie verläßt! Als wir an Madeira vorbeizogen, war denen klar, daß nur die Kanaren fürs Wasserfassen in Frage kamen.«
»Wem war das klar?!«
Die Frage wurde schnell beantwortet. In der vorderen Reihe, noch vor den Offiziellen von Santa Cruz, stand ein Mann und schwenkte seine Arme wie Windmühlenflügel.
Dieter Randler.
»Das darf doch nicht wahr sein!« sagte Losskow erschüttert. »Das ist ja wie im Märchen vom Hasen und dem Igel: Ich bin schon da!« Er sah Trosky forschend an: »Hast du das gewußt?«
»Keine Ahnung! Aber als ich von weitem den Aufmarsch sah, hab' ich mir was zusammengereimt. Gehen wir an Land wie Columbus! Der war übrigens auch hier. Drüben, auf der Nebeninsel La Gomera. Wollte auch Wasser aufnehmen und blieb zwei Jahre hängen in den Armen der schönen Beatrice, der ehemaligen, dorthin verbannten Favoritin des spanischen Königs! So einfach ist die Weltgeschichte. Amerika wäre schon zwei Jahre eher entdeckt worden, wenn Columbus sich im Bett dieser heißblütigen Frau nicht so wohl gefühlt hätte!« Er lachte sein dröhnendes Lachen. »Du kannst ihm nicht entfliehen, mein Lieber! Überall ist es dasselbe! Ich bin gespannt, wo wir einmal auf diese angenehme Weise hängenbleiben.«
Den Plan, Jan Trosky auf Teneriffa zurückzulassen, mußte Losskow aufgeben. Es war unmöglich, vor aller Öffentlichkeit die Querelen an Bord auszubreiten und dann sagen zu müssen: Das große Unternehmen scheiterte an Problemen unter der Gürtellinie. Es wäre eine jämmerliche Kapitulation gewesen.
Randler war stolz auf seine Überraschung und erklärte sie später, als man das Festbankett in einem der Luxushotels Teneriffas hinter sich hatte. Reden waren gehalten worden, Hände wurden geschüttelt, Fotos geblitzt, und hübsche Mädchen in Landestracht überreichten Blumensträuße. Endlich saß man in der Bar in einer Ecke, befreit vom offiziellen Programm.
»Ich könnte dich umbringen!« sagte Losskow zu Randler. »So ein Theater!«
»Diese Investition mußte sein! Deine Reise muß uns dreißig- bis vierzigtausend Leser mehr bringen!«
»Nach Teneriffa zu segeln ist keine Kunst!«
»Es kommt darauf an, was wir daraus machen! Immerhin konnten wir ja schon einiges berichten! Sturmböen von 160 km in der Biskaya! Kampf ums
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