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Die Fahrt nach Feuerland

Die Fahrt nach Feuerland

Titel: Die Fahrt nach Feuerland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Polizei war daran zu erkennen, daß vor der Tür eine Landesfahne schlaff an einem weißgestrichenen Mast hing. Im Inneren, in einem großen Büro, in dem zwei Ventilatoren die heiße Luft auseinanderwirbelten, saß ein schmales Männchen hinter einem viel zu breiten Schreibtisch und blickte den Eintretenden mit einem herrischen Blick entgegen. Der Polizist salutierte an der Tür und stand stramm.
    »Fehlanzeige!« sagte Losskow fröhlich. »Kein Dicker mit Nickelbrille.«
    »Dafür ein gallenkranker Napoleon. Viel schlimmer!«
    Der Polizist ratterte seine Meldung herunter. Wieder einmal verstand Losskow nur das Wort ›Alemanha‹. Das Männchen blickte Trosky und Losskow interessiert an, zeigte auf zwei Stühle vor dem Schreibtisch und wartete, bis sie saßen. Der Polizist blieb an der Tür stehen, gewissermaßen als Bewachung des einzigen Ausgangs.
    »Alemanha!« sagte der Polizeichef und lächelte. »Särr schönn! Nationalhymne: Heut blau un morrgen blau … Särr schönn!«
    »O Gott!« Losskow faltete die Hände im Schoß. Er schwitzte plötzlich besonders stark. »Wer ihm das nur beigebracht hat! Wenn der Kleine eines Tages entdeckt, wie man ihn verschaukelt hat, haben Deutsche hier nichts mehr zu lachen!«
    Es wurde eine mühsame, aber fruchtbare Unterhaltung. Sie dauerte drei Stunden. Der Polizist servierte Ananassaft mit einem starken, weißen Schnaps gemischt, den man aus Zuckerrohr brannte. Man redete mit Händen und Füßen, füllte natürlich auch den Fragebogen aus, der zum Glück zweisprachig – portugiesisch/englisch – war, er bekam zwei Stempel, eine schwungvolle Unterschrift und wanderte in einen Karton zu anderen Schriftstücken.
    »Alemanha schönn«, sagte der Polizeichef stolz. »Drecknest!« Er sah Losskow beifallheischend an. Man mußte ihm gesagt haben, dieses Wort drücke höchste Anerkennung aus.
    »Bravo!« rief Losskow. Er stieß den Kleinen an; zeigte dann nach draußen, formte mit den Händen ein Schiff und machte ein Segel nach. »Wir müssen wieder zu unserem Boot. Weitersegeln. Fort! Grande mare!«
    Der Kleine verstand. Er sprang auf, kam um den gewaltigen Tisch herum, umarmte Losskow und Trosky und schnauzte dann den Polizisten an. Der riß die Tür auf und stand stramm.
    »Wir sollten jetzt erst mal die Mädchen suchen!« sagte Trosky. »Die können doch nicht alles schleppen, was sie eingekauft haben!«
    Sie traten auf den Hafenkai und blickten hinüber zu dem alten Steg. Trosky stieß einen dumpfen Laut aus und riß sich das Hemd vor der Brust auf. Losskow blieb so abrupt stehen, als habe man ihn mit der Faust zurückgestoßen.
    Der Steg war leer. Die Helu war weg. Nichts deutete auch nur im geringsten an, daß dort jemals ein weißes Segelboot geankert hatte.
    »Die Helden der Weltumseglung lassen sich ihr Schiff klauen!« sagte Trosky bitter. »Ein Glück nur, daß wir die Mädchen noch haben!«
    Es war ein kurzes Glück. Nach einer halben Stunde wußte man, daß Helena und Lucrezia, schwer mit Tüten beladen, an Bord gegangen waren. Dann waren plötzlich die Segel gesetzt worden, und das Schiff war aus dem Hafen geglitten.
    Die beiden Kaufleute, die mit Karren voll Konserven, Wein, Bier und zwei Säcken mit Mehl und Reis zum Hafen gekommen waren, hatten umgedreht, als sie das Boot wegfahren sahen. Sie hatten wüste Flüche ausgestoßen, obwohl die Ware bezahlt worden war.
    Einer von ihnen sprach ein miserables Englisch, aber es reichte, um sich verständlich zu machen.
    »Sie hatten es verdammt eilig!« sagte er. »Sie setzten volle Segel!«
    »Die zwei muß doch wohl ein tollwütiger Hund gebissen haben! Mr. Plump vermutlich, ich habe es kommen sehen!« sagte Trosky wütend. »Hast du eine Erklärung dafür, Peer?«
    »Mit dem Schiff ist irgend etwas geschehen!«
    »Natürlich. Es ist weg!«
    »Helena und Luzi sind nicht allein gefahren.«
    »Dann war ein Klabautermann an Bord!«
    »So ähnlich! Unser Boot ist gekapert worden! Jetzt hast du deine Abwechslung! Seeräuberei!«
    »Am hellichten Tag? Im Hafen?«
    Die Polizei von Tarrafal gab Großalarm nach Praia. Zwei Motorboote liefen zur Suche aus. Ein Hubschrauber wurde nach Tarrafal beordert.
    »Wir werden sie finden!« ließ der kleine Polizeichef übersetzen. »Aber das kann etwas dauern. Die Felsenküste ist voller Buchten und großer Höhlen! Vulkangestein. Da kann man sich hervorragend verstecken. Wir müssen Meter um Meter absuchen. Aber wir finden sie, Señores … Nur Geduld! So ein Schiff kann nicht

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