Die Fahrt Zu Den Sternen
Nachforschungen für eine ihm aufgebürdete Schularbeit, redete sich Markel als Rechtfertigung ein.
Und der Computerlehrer der
Haven
schien ihm
beizupflichten, oder aber Illart hatte einfach nicht daran gedacht, Markel den Zugang zu anderen Dingen zu sperren als nur zu Spielen, denn der Computer gestattete ihm ohne Schwierigkeiten, eine Verbindung zum galaktischen Datennetz herzustellen. Markel mußte daher erst wirklich zu arbeiten anfangen, als er auf die erste Sicherungsebene des palomellanischen Datenschutzes stieß. Als Illart schließlich schlechtgelaunt von einer zwei Schichten langen Ratsversammlung zurückkam, war Markels Stimmung gedämpft genug, um sich mit der seines Vaters messen zu können.
»Wie ist es gelaufen?« fragte Markel von der Schlafröhre aus, in der er gefaulenzt und sich alte Musikvids angesehen hatte. »Du hast unsere Messezeit verpaßt. Soll ich in die Kombüse gehen und dir eine Schale Eintopf besorgen?«
»Nein, danke«, lehnte Illart ab. »Sie haben uns bei Schichtwechsel extra Essen reingeschickt, damit wir nicht unterbrechen mußten, um zur Messe zu gehen.«
»Wie kommt das?« Markel glaubte die Antwort zu kennen, aber er wollte die Befriedigung, sie von seinem Vater zu hören.
»Du hast doch sonst immer gesagt, daß es eine gute Idee wäre, bei langen Versammlungen Pausen einzulegen, um dadurch allen Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich wieder abzuregen.«
Illart rieb sich mit einer Hand den Nacken. Diese Geste verriet Markel, daß sein Vater wieder einmal an einer dieser quälenden Spannungskopfschmerz-Attacken litt, die ihn seit jener Zeit heimsuchten, als er Andrezhuria als Erster Sprecher abgelöst hatte. Vielleicht war es an der Zeit, daß er das Amt an Gerezan übergab. Markel schlüpfte aus seiner Röhre und trat hinter Illart, um die verspannten Muskelstränge in dessen Nacken zu massieren.
Illart seufzte vor Erleichterung auf. »So ist es besser. Du hast die Hände deiner Mutter. Wenn ich verschwitzt und schmerzgeplagt von den Feldern nach Hause zurückkam, hat Aiora mir immer den Schmerz aus den Muskeln geknetet, so sanft wie der Flügelschlag eines Schmetterlings.«
Markel konnte sich beinahe an diese Szene erinnern – oder lag das nur daran, daß Illart so oft in dieser Erinnerung geschwelgt hatte? Das einzige von ihrem Leben auf Esperantza, woran sich Markel wirklich erinnern konnte, war der Gemeinde-Kinderhort, in dem Illart ihn während der langen Stunden des Tageslichts abgeladen hatte, nachdem seine Mutter gestorben war. Ansonsten konnte er sich noch nicht einmal daran erinnern, wie sein Vater in jenen Tagen gewesen war; für gewöhnlich hatte er nämlich schon längst geschlafen, wenn Illart von den Feldern zurückkam, um ihn wieder abzuholen. Er hatte dem Tag entgegengefiebert, an dem er fünf werden würde, wenn er alt genug wäre, um Illart auf die Felder zu begleiten und Steine aufzusammeln oder ihm bei irgendeiner anderen Farmarbeit zu helfen, statt mit den Babys im Hort bleiben zu müssen. Verglichen damit war das Leben auf der Haven ein fröhliches Abenteuer der Freiheit und Erkundungen gewesen, ein unerwartetes Geschenk des Himmels…
Markel wandte seine Gedanken abrupt wieder der Gegenwart zu, wie er es immer tat, wenn sein Schwelgen in Erinnerungen diesen Punkt erreichte. Es schien Illart und den anderen gegenüber illoyal zu sein, die mehr als zehn Jahre ihres Lebens dafür geopfert hatten, für Gerechtigkeit zu kämpfen, wenn er sich eingestand, daß zumindest er nicht wirklich zu einem Leben auf Esperantza oder irgendeinem anderen Dreckball zurückkehren wollte. So übervölkert und heruntergekommen die Haven auch sein mochte, war sie für Markel doch weitaus mehr Heimat als irgendwelche undeutlichen Erinnerungen an ein planetares Leben.
Aber das durfte er Illart niemals auch nur ahnen lassen. Es würde ihm zu weh tun.
»Also, erzähl mir von der Versammlung«, forderte er ihn statt dessen auf. »Wie kommt es, daß ihr keine Pause für einen Gang zur Messe gemacht habt und nichts von der Diskussion übertragen habt?« Für gewöhnlich, wenn auch nicht immer, wurden die Ratsversammlungen bordweit auf einem eigenen Kanal öffentlich gemacht, so daß jeder interessierte Bürger sie auf seiner Datenkonsole mitverfolgen konnte.
»Wir haben… vertrauliche Angelegenheiten besprochen«, erklärte Illart.
»Warum sollten die Verhandlungen mit Rushima denn geheim bleiben?« fragte Markel in seinem unschuldigsten Tonfall. »Schließlich weiß
Weitere Kostenlose Bücher