Die Fahrt Zu Den Sternen
– neigte ihr langes, wohlgeformtes Gesicht leicht schräg und sagte etwas wie: »Lllrivhanyithalli?«
»Ganz meinerseits«, erwiderte Karina. Warum hatte nie jemand erwähnt, daß Acorna kein Basic Interlingua sprach? Na ja, auch gut, sie konnten sich ja auf einer psychischen Ebene verständigen. Sie strahlte übers ganze Gesicht und sandte ihrem Gegenüber, so stark sie nur konnte, ein Gedankenbild von sich selbst und Acorna zu, wie sie zusammenstanden und vom rosigen Licht vollkommener Liebe und Eintracht umgeben waren. Als Acorna immer noch verwirrt dreinblickte, legte sie eine Hand auf ihren Mondsteinanhänger und bat ihn, ihr für ihre Projektion seine Kraft zu leihen.
Acorna wandte sich von ihr ab!
(Siehst du, Neeva? Dieses Barbarenwesen hier möchte mit uns mitkommen! Kannst du es nicht spüren?) (Mir kommt es ziemlich verwirrt vor. Falls es überhaupt gedankensprechen kann, dann tut es das jedenfalls nur sehr schwach. Bist du dir ganz sicher, was es will?) (Thariinye, ich weiß auch nicht so recht), warf Melireenya ein. (Deinen Gedankenbildern zufolge scheint es die Zähne zu fletschen. Ist das bei Fleischfressern nicht für gewöhnlich eine Drohung?)
(Nicht bei diesen Fleischfressern.) Thariinye hatte sich eine Auswahl von Vids angesehen, die sie aus zufälligen Mitschnitten von Satellitenübertragungen erstellt hatten, während sie dem anderen Schiff quer durch den Weltraum bis zu jener Mondbasis gefolgt waren, wo es gelandet war. (Bei ihnen ist das Zähnefletschen ein Zeichen für Umgänglichkeit und eine Geste der Begrüßung.)
(Na schön, wenn du das sagst. Sei’s drum, ich schätze, daß wir es auch später noch beschwichtigen können.) Karina stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als Acorna diese großen, goldenen Augen wieder auf sie richtete und ihr eine… Hand?… entgegenstreckte. Was auch immer – die Finger waren dick und unbeholfen, verglichen mit menschlichen Fingern, aber weich wie eine Hand. Karina ergriff die angebotene Hand und verspürte einen plötzlichen Anflug von Unbehagen. Fing sie irgendwelche Sorgen auf, die Acorna durch den Kopf gingen? Oder war es die Tatsache, daß Acornas Augen golden waren, nicht silbern, wie es in den Erzählungen über sie geheißen hatte? Oder war es die Tatsache, daß sie größer und muskulöser war, als Karina sie sich vorgestellt hatte? Beinahe maskulin von ihrer Ausstrahlung her. Vielleicht lag es an der weiten, marineblauen Tunika, die sie trug; das Gewand machte einen richtiggehend strengen Eindruck, entsprach ganz und gar nicht der Kleidung, die man bei einem jungen, unschuldigen Mädchen erwartet hätte – ob nun Einhorn oder nicht. Nun, womöglich war Karina ja dazu ausersehen, Acorna darin zu unterweisen, wie man sich richtig kleidete… unter anderem.
»Einen Moment noch«, erwiderte sie, als Acorna sie mit Gesten aufforderte, zu der offenen Tür zu gehen. »Ich muß meine Tasche holen.«
Das hatte ein weiteres Zwischenspiel mit Protestlauten und Entschuldigungen zur Folge, als Karina sich erneut keuchend an den anderen Passagieren vorbeizwängte, um unter deren Füßen ihre Reisetasche herauszufischen. Mit hochrotem Kopf tauchte sie wieder aus dem Gewühl auf, voller Angst, daß Acorna ungeduldig geworden sein könnte. Daher zögerte sie nicht länger, als Acorna ihr neuerlich bedeutete, ihr den Gang hinauf und durch die Tür voranzugehen. Das goldene Leuchten draußen blendete sie und ließ sie ehrfürchtig an Höhere Mächte denken, aber sie trat trotzdem mit vollkommener – na ja, fast vollkommener – Liebe und Zuversicht hindurch.
Erst als in dem leuchtenden Licht das andere Schiff auftauchte, als sie sah, daß dort weitere Einhornwesen waren, die ihr Erscheinen aufgeregt erwarteten, wurde Karina bewußt, daß sie genauso schlimm dran war wie alle anderen Passagiere auf der Raumfähre.
Sie hatte nicht die geringste Ahnung, was wirklich vor sich ging.
Vier
Rushima, Föderationsdatum 334.05.17
Obwohl das Schiff der Sternenfahrer Rushima in einer Umlaufbahn umkreiste, befand es sich, als die Acadecki eintraf, gerade hinter dem Planeten und bemerkte die Ankunft des Neuankömmlings nicht. Calum seinerseits kam gar nicht erst auf den Gedanken, nach irgendwelchen Raumfahrzeugen in der Nähe Ausschau zu halten. Der Eintrag über Rushima in der Galaktipädie besagte, daß der abgelegene Planet sich in den frühen Stadien seiner landwirtschaftlichen Entwicklung befand und als einzige interstellare Einrichtung eine
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