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Die Falken Gottes

Die Falken Gottes

Titel: Die Falken Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. Es fiel ihm schwer, mit der Trauer um Svante umzugehen. Er verachtete sie für das, was sie getan hatte. Svante hatte Ebba getötet, und sie war dafür verantwortlich, daß Königin Christina fast in seinem Haus ermordet worden wäre. Dennoch fühlte auch er sich schuldig. Fünf Jahre lang hatte er mit Svante Seite an Seite gelebt, und auch wenn ihr Umgang seit geraumer Zeit nicht mehr dem Verhältnis von Eheleuten entsprochen hatte, quälte ihn die Frage, ob er nach dem Tod ihrer Kinder einen unverzeihlichen Fehler begangen hatte. Er hatte es zugelassen, daß Svante sich mehr und mehr in ihre eigene Welt zurückzog, und nicht bemerkt, wie sehr sie ihn für diese Ignoranz verachtet hatte.
    Magnus erreichte die Lohstraße, trat auf die Tenne seines Hauses und zog den durchnäßten Mantel aus. Vor sich sah er einige dunkle Flecken auf dem Lehmboden – Svantes Blut, das inzwischen getrocknet war.
    Er schaute hinauf zur Dachkammer, wo sich Ove Dahlgrens Leiche befand. Magnus hatte die Tür abgeschlossen. An die zwei Stunden hatte Dahlgren noch stöhnend mit gespaltenem Schädel vor der Eichentruhe gekauert und immer wieder unverständliche Wortfetzen hervorgebracht. Eine Zeitlang hatte Magnus sich zu ihm gehockt, das klägliche |306| Ende des Mannes verfolgt und sich immer wieder gefragt, welche Verbindung zwischen Dahlgren und Svante bestanden haben mochte. Erst kurz bevor Magnus mit Christina das Haus verlassen hatte, um Salvius aufzusuchen, war Dahlgren endlich gestorben. In einer der folgenden Nächte würden sie seine Leiche unauffällig fortschaffen und verscharren lassen. Niemand mußte davon erfahren, was an diesem Tag hier geschehen war.
    Magnus begab sich in den ersten Stock und suchte nach Anneke. Er fand sie in der Kammer, wo sie Svante auf einem Bett niedergelegt hatten. Anneke hatte der Toten das Blut aus dem Gesicht gewaschen, ihr Haar gekämmt und die Hände auf dem Bauch gefaltet.
    Als er eintrat, legte Anneke eine Decke zusammen und breitete sie über Svantes Beine aus. Sie hatte ihn noch nicht bemerkt, und darum räusperte er sich und sagte: »Ich danke dir noch einmal für deine Hilfe, Anneke.«
    Sie nickte und lächelte verhalten. Magnus hockte sich an das Kopfende des Bettes und fragte nach dem Zustand von Malin Sörenstam, die von dem Arzt einer ähnlichen Prozedur wie die Königin unterzogen worden war.
    »Sie schläft«, sagte Anneke. »Der Arzt hat sie noch einmal erbrechen lassen und ihr einen übelriechenden Sud eingeflößt. Wahrscheinlich hatte sie mehr von diesen betäubenden Kräutern geschluckt als die Königin.«
    Magnus betrachtete seine tote Frau. Anneke hatte Svante die Augen geschlossen. Wie sie da lag, wirkte ihre Miene wie erlöst, so als habe ihr der Tod Zufriedenheit gegeben.
    »Ich verstehe es immer noch nicht.« Anneke zupfte die Rüschen an Svantes Hemdkragen zurecht. »Warum hat mich Jasper Sörenstam zu Euch geschickt?«
    »Wahrscheinlich hat Kjell Ekholm ihn vor seinem Tod verhöhnt.« Magnus hatte lange über die Vorfälle nachgedacht, und diese Erklärung ergab für ihn den meisten Sinn. |307| »Malin und Jasper Sörenstam haben angenommen, ich würde mit den ›Falken Gottes‹ im Bunde stehen. Ekholm muß den sterbenden Sörenstam damit verspottet haben, daß er einem fatalen Irrtum aufgesessen war. Da Ekholm glaubte, daß Sörenstam so gut wie tot war, wird er ihm gesagt haben, daß nicht ich, sondern Svante die ›Falken‹ unterstützt hat.«
    »So könnte es gewesen sein«, meinte Anneke. »Darum trug er mir auf, zu Euch zu gehen. Leider starb er, bevor er mir den Grund dafür verraten konnte. Uns allen wäre viel Ungemach erspart geblieben, wenn er nur wenige Momente länger gelebt hätte.«
    »Die Königin ist außer Gefahr. Das ist alles, was zählt.«
    »Was geschieht nun mit Christina?« wollte Anneke wissen.
    »Sie bleibt vorerst im Haus des Salvius. Niemand wird von ihrem Aufenthalt in Osnabrück erfahren. Salvius bereitet ihre Heimfahrt vor. In einigen Tagen wird sie zur Küste aufbrechen, wo eine Karavelle vor Anker liegt, die sie nach Schweden bringen soll.« Das alles klang so logisch und simpel, und doch hatte es einer zähen Überzeugungsarbeit bedurft, die Königin von dem Vorhaben abzubringen, nach Münster zurückzukehren, um noch einmal mit dem Nuntius des Papstes zusammenzutreffen. Salvius hatte vehement auf Christina eingeredet und versucht ihr klarzumachen, wie immens die Position Schwedens bei der

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